Für Schmid, gegen den in mehreren Causen ermittelt wird, sei der Kronzeugenstatus aber „derzeit kein Thema“, sagt sein Anwalt Thomas Kralik zum KURIER. Auf die Frage, ob er sich zu einem früheren Zeitpunkt dafür interessiert oder die WKStA ihm gar ein Angebot gemacht habe, sagt Kralik: „Nein.“ Gerüchte, wonach sein Mandant mit der WKStA kooperiere und geheime Aussagen getätigt habe, seien „Unsinn“.
Auch Manfred Ainedter, dessen Kanzlei den früheren Kanzler-Sprecher Gerald Fleischmann vertritt, winkt ab: „Mein Mandat müsste lügen – es hätte nämlich gar nichts zum Gestehen.“
Ainedter ist zudem der Meinung, dass Beinschab der Status gar nicht zustehe – eine Voraussetzung dafür ist ja, dass ein Beschuldigter freiwillig zu den Behörden geht. „Wenn jemand nach einer Festnahme auspackt, ist das schlicht ein Geständnis, begründet aber noch lange keinen Kronzeugenstatus.“
Kralik, Schmids Anwalt, gönnt Beinschab den Status schon eher: „Die Geschichte wäre ohne ihr Geständnis gar nicht aufgedeckt worden. Ich sehe das völlig emotionslos.“ Wie sich das Geständnis auf seinen Mandanten auswirkt, „das werden wir sehen“.
Eines sei in der Debatte aber entscheidend, sagt er: die Unterscheidung zwischen dem, was die WKStA bereits gegen Beinschab in der Hand hatte und dem, was sie danach selbst abgeliefert hat. „Ich fände es nicht vernünftig, wenn jemand, der etwas Neues liefert, für das Alte nicht bestraft wird. Damit öffnet man Tür und Tor für falsche Anschuldigungen, nur, weil jemand selbst den Kopf aus der Schlinge ziehen will“, sagt der Anwalt.
Knackpunkt
Neues und Altes – das dürfte tatsächlich ein Knackpunkt werden, sagt Bettina Knötzl, Anwältin für Wirtschaftsstrafrecht und Präsidentin von Transparency International Österreich.
Die WKStA unterscheidet in ihrem Schriftsatz, der dem KURIER vorliegt, zwischen „Kronzeugentat“ und „Aufklärungstat“. Die Kronzeugentat ist jene, wegen der Beinschab anfangs selbst ins Visier der Justiz geriet. Ursprünglich ging es um frisierte Umfragen für die ÖVP zwischen 2016 und 2018, Scheinrechnungen und Inserate in Österreich (Stichwort: „Beinschab-Tool“).
Nach ihrer Festnahme im Oktober schilderte die Meinungsforscherin gegenüber der WKStA, dass die Geschäfte bis 2021 gegangen seien und lieferte Datenträger, die die Polizei bei der Razzia nicht gefunden hat. Das führte zu neuen Verdachtslagen in Richtung Geldwäsche und wettbewerbsbeschränkende Absprachen. Laut WKStA-Schriftsatz entspricht das der Aufklärungstat, für die Beinschab straffrei ausgehen könnte.
Ob auch bei der Kronzeugentat, also rund um die Inserate, von einer Verfolgung abgesehen wird, werde noch geprüft, schreibt die WKStA.
Knötzl ist da, ähnlich wie Kralik, skeptisch. Sie plädiert aber dafür, den Kronzeugenstatus generell großzügiger zu fassen: „Aus gesellschaftspolitischer Sicht wäre es wünschenswert, Täter, die selbst nur ein kleines Rädchen sind, dafür zu belohnen, wenn sie mithelfen, die großen Bosse zur Strecke zu bringen.“
Gerade, wenn es um kriminelle Vereinigungen geht – bei Korruption, Terrorismus – würde das die Strafverfolgung maßgeblich erleichtern. „Ein guter Kronzeuge kann Jahre an mühsamen Ermittlungen ersparen“, sagt Knötzl. Beinschab etwa hat der WKStA geholfen, eMails und Chats auf ihren Datenträgern zu strukturieren.
Unter Druck
Auf der anderen Seite stehen freilich die Beschuldigtenrechte: etwa das Recht, zu schweigen. Knötzl warnt, dass Denunziantentum geschürt werden könnte, oder dass Menschen, die in Wahrheit unschuldig sind, von der Justiz unter Druck gesetzt werden könnten, andere zu belasten. „Es ist eine Gratwanderung, aber diese Debatte müssen wir führen“, sagt Knötzl.
Apropos: Anwalt Ainedter äußerte im Ö1-Journal den Verdacht, dass Beinschab den Kronzeugenstatus von der WKStA angeboten bekommen hat. Das wäre verboten.
Beinschabs Anwältin Katrin Blecha-Ehrbar sagt auf KURIER-Anfrage: „Selbstverständlich stimmt das nicht.“
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