Kronzeugenstatus für Beinschab: "Wäre nicht im Einklang mit dem Gesetz"

Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA)
Unter Experten sorgt der Kronzeugenstatus für die Meinungsforscherin in der ÖVP-Inseratenaffäre für gemischte Reaktionen.

Knapp zwei Tage lang war sie im Herbst wegen Verdunkelungsgefahr in Haft, nun ist Meinungsforscherin Sabine Beinschab in der ÖVP-Inseratenaffäre von der Beschuldigten zur Kronzeugin aufgestiegen. In den sieben Vernehmungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) packte Beinschab aus. Die WKStA stellte keinen Antrag auf Untersuchungshaft und tritt von Beinschabs Verfolgung "vorläufig" zurück.

Beinschab darf aufatmen – sie könnte als Kronzeugin mit einer Diversion aus der Affäre aussteigen. Für ihre Mitbeschuldigten, etwa für ihre frühere Geschäftspartnerin und Ex-ÖVP-Ministerin Sophie Karmasin, wurde die Luft zuletzt hingegen dünner.

Aber ist der Kronzeugenstatus für Beinschab überhaupt gerechtfertigt?

Ainedter: "Nicht Sinn der Übung"

Die Argumentation der WKStA: Beinschab zeigte bei den Vernehmungen Reue und lieferte nach ihrer Festnahme freiwillig Wissen, das weit über das hinausgeht, was man ihr ursprünglich vorwarf. Ursprünglich ging es um Umfragen von Beinschabs Meinungsforschungsinstitut, die zwischen 2016 und 2018 rund um den Wahlkampf von Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) manipuliert worden sein sollen. Die Kosten dafür sollen verschleiert worden sein, indem man sie bei Studien für das Finanzministerium draufgepackt hat. Beinschab lieferte in den Befragungen der WKStA zehn weitere verdächtige Studien.

Rechtsanwalt Manfred Ainedter, der in der Inseratenaffäre Gerald Fleischmann, Ex-Pressesprecher von Kurz, vertritt, meinte im Ö1-Morgenjournal: Nur weil Beinschab etwas ausgesagt habe, dass noch nicht bekannt war, sei ein Kronzeugenstatus "nach Sinn der Übung" nicht gerechtfertigt. Die WKStA habe Beinschab den Status angeboten, so etwas sei ihm noch nie untergekommen.

Robert Kert, Professor für Wirtschaftsstrafrecht an der WU Wien, meint gegenüber Ö1, dass die Voraussetzungen für den Kronzeugenstatus insgesamt vorliegen dürften: "Die Freiwilligkeit ist freilich durch die Festnahme eingeschränkt und das dürfte das Problem sein. Die WKStA sieht die Freiwilligkeit allerdings sehr stark bezogen auf die Aussage selbst." Die Argumentation der WKStA: Beinschab hätte ja auch weiterhin nichts sagen können.

"Nicht im Einklang mit dem Gesetz"

Das sei zwar ein "großzügiges Verständnis der Freiwilligkeit", doch wenn man es auf die Freiwilligkeit der Aussage beziehe, "kann man das schon so sehen, auch wenn die Haftsituation einen gewissen Druck begründet", sagt Kert. Beinschab dürfte viel mehr gesagt haben, als die WKStA vor den Vernehmungen zwischen Oktober und Februar gewusst habe.

Was sagt Kert zu dem Vorwurf, die WKStA habe Beinschab den Kronzeugenstatus angeboten? "Sollte das so gewesen sein, wäre es nicht im Einklang mit dem Gesetz. Das Gesetz sagt ausdrücklich, dass der potenzielle Kronzeuge freiwillig an die Staatsanwaltschaft oder Polizei herantreten muss", betont Kert. Damit solle vermieden werden, dass der Eindruck entstehe, dass es zu einem Deal zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Kronzeugen komme.

Ein Kronzeuge könnte der Staatsanwaltschaft im Verfahren jedenfalls mühsame Ermittlungen ersparen. "Allerdings glaub ich, muss die Staatsanwaltschaft trotz der Kronzeugin nach weiteren Beweisen suchen", so Kert. Dass Beinschab den Kronzeugenstatus bekommen habe, könnte schon dazu führen, dass sich künftig mehr Beschuldigte in Wirtschaftsstrafverfahren auspacken, meint Kert: "Das könnte schon zukunftsweisend sein in der Anwendung der Kronzeugenregelung."

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