Inseratenaffäre: Justizministerium bestätigt Kronzeugenstatus für Beinschab

++ THEMENBILD ++ WIRTSCHAFTS- UND KORRUPTIONSSTAATSANWALTSCHAFT (WKSTA)
Die Meinungsforscherin könnte somit straffrei bleiben. Für die Beschuldigten im Umfeld der Inseratenaffäre sind das keine guten Nachrichten.

Der nächste Knalleffekt in der ÖVP-Inseratenkorruption: Laut Berichten von Die Presse und Standard soll Meinungsforscherin Sabine Beinschab nun von der Justiz Kronzeugenstatus bekommen haben. 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sei von der Verfolgung Beinschabs vorläufig zurückgetreten, heißt es in den Berichten. Das heißt: Beinschab könnte aufgrund ihres Kronzeugen-Status straffrei aus der ÖVP-Inseratenaffäre gehen. 

Die beschuldigte Meinungsforscherin hatte im März über ihre Anwältin den Antrag auf den Status einer Kronzeugin gestellt. Die Beschuldigte habe "ihr Wissen über neue Tatsachen und Beweismittel" offenbart, welches geeignet sei, zur Aufklärung beizutragen, heißt es in dem Antrag, der dem KURIER vorliegt.

Keine Einwände des Weisungsrats

Die WKStA hat einen entsprechenden Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt, die ebenfalls der Ansicht war, dass Beinschab den Kronzeugenstatus bekommen soll. 

Am Mittwoch bestätigt das Justizministerium auf KURIER-Anfrage, dass "das übereinstimmende Vorhaben von WKStA und Oberstaatsanwaltschaft, dem Antrag Folge zu leisten, genehmigt wurde". Der Weisungsrat, der die Justizministerin bei solchen Vorhaben berät, habe keine Einwände gehabt, sagt ein Sprecher. 

Bei der WKStA, die in der Causa ermittelt, gibt es auf KURIER-Anfrage aus Rücksicht auf das Verfahren und die Persönlichkeitsrechte Beinschabs dazu keine Auskunft. 

Der Fakten-Komplex "Inserate" sei von der Kronzeugen-Regelung noch ausgenommen, zitierte der Standard aus dem Schreiben der WKStA an Beinschabs Anwältin Katrin Ehrbar-Blecha, die für die APA telefonisch nicht erreichbar war. Diesbezüglich seien noch Prüfungen im Gange. Sollten sich in diesem Verfahrensstrang keine neuen Verdachtsmomente gegen Beinschab ergeben, könnte diese auf ein Diversionsangebot hoffen.

Reumütiges Geständnis

Das Neue daran, sollte Beinschab den Status tatsächlich erhalten haben: Normalerweise wird der Kronzeugenstatus nur jenen gegeben, die von sich aus, ohne vorherige Zwangsmaßnahmen der Justiz (wie U-Haft oder Hausdurchsuchung), bei Straftaten geständig sind. Bei Beinschab gab es diese Zwangsmaßnahmen aber. 

Was vorliegt, ist das für den Kronzeugenstatus erforderliche "reumütige Geständnis": Beinschab habe "eine deutliche innere Abkehr von ihren Taten" gezeigt. Auch dass Beinschab freiwillig an die Staatsanwaltschaft herangetreten sei, wird angeführt.

Und: Beinschab dürfte er WKStA neue Informationen zur Verfügung gestellt haben. Wie die WKStA in ihrem Antrag festhält, habe sie der Behörde Unterlagen übergeben, die die Ermittler bei Hausdurchsuchungen nicht gefunden hatten.

Neue Unterlagen

Daraus soll laut Standard hervorgehen, dass das Finanzministerium auch zwischen September 2018 und Dezember 2020 Studien beauftragt und bezahlt habe, die "zum Nutzen von Kurz und der ÖVP" gewesen seien. Konkret gehe es um zehn Studien, angefangen vom Thema "Digitalsteuer" über "Bewertung des Wirtshauspakets" bis hin zu anderen Corona-Hilfspaketen.

Darüber hinaus habe Beinschab "detailliert die konkreten Abläufe sowie die Verrechnung im Zusammenhang mit den Studien" offengelegt sowie "wie und in wessen Auftrag die Studienergebnisse zur Veröffentlichung manipuliert wurden" - dabei ging es wie berichtet vorrangig um Österreich und andere Medien der Fellner-Gruppe, für die Beinschab tätig war.

Sie behauptete auch, Ex-Ministerin und Meinungsforscherin Sophie Karmasin habe - entgegen derer Darstellung - ihre Tätigkeit als Markt- und Meinungsforscherin bis Dezember 2021 fortgesetzt. Außerdem habe Karmasin sie zur Löschung von Daten "ermahnt" und um Hilfestellung gebeten, weil sie nicht wusste, wie man die automatische Löschung von Nachrichten beim Messenger-Dienst "Signal" aktiviert.

Die Verdachtslage

Die WKStA verdächtigt Karmasin, mit der Beinschab eine Geschäftsbeziehung hatte, "Urheberin und maßgebliche Ideengeberin" eines PR-Tools gewesen zu sein, von dem der damalige Außenminister und spätere Bundeskanzler Sebastian Kurz und die ÖVP mittels vom Steuerzahler finanzierten Umfragen profitiert haben sollen.

Karmasin stellt das in Abrede und behauptet, sie habe "an keinem gemeinsamen 'Tatplan' mitgewirkt, sei zu keinem solchen - von wem auch immer - überredet worden und habe lediglich den Kontakt zwischen dem späteren ÖBAG-Chef und damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, und der Meinungsforscherin Beinschab vermittelt.

Für Karmasin und Beinschab gilt - eben so wie für Kurz und die weiteren Verdächtigen in der ÖVP-Affäre, darunter mehrere langjährige Kurz-Vertraute, Schmid und die Medienmacher Helmuth und Wolfgang Fellner - die Unschuldsvermutung.

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