Wie die Meinungsforscherin Beinschab der Polizei ins Netz ging

Jene Affäre, die zum Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler führte, ist um eine skurrile Wendung reicher.
Die Vorgeschichte der Affäre: Sabine Beinschab, frühere Mitarbeiterin von Ex-Ministerin Sophie Karmasin, steht im Verdacht, ÖVP-Parteiumfragen als "Studien" getarnt dem Finanzministerium verrechnet zu haben. Karmasin hat bei Erlösen Beinschabs aus öffentlichen Aufträgen 20 Prozent mitgeschnitten. Beinschab belastete Karmasin in ihren Aussagen vor der WKStA. Karmasin wurde in Untersuchungshaft genommen wegen weiterer Tatbegehungsgefahr. Der skurrile Vorfall, der im Folgenden geschildert wird, ereignete sich am Tag von Karmasins Entlassung aus der U-Haft.
Dem KURIER liegt das Polizeiprotokoll vor sowie der Schriftverkehr, der sich nach dem Vorfall zwischen Polizei, WKStA und Beinschabs Rechtsanwältin entspann.
Das Polizeiprotokoll
28. März gegen 17.25 Uhr auf der Südautobahn Richtung Graz, Höhe Vösendorf. Die Streife "Tribus 1", besetzt mit Bezirksinspektor L. und Revierinspektor E., überholt ein Fahrzeug, das auf dem dritten Fahrstreifen fährt. Was dann passierte, wird in dem Polizeibericht wie folgt geschildert: "Die Beamten bemerkten, dass die Fahrzeuglenkerin in ihrer linken Hand ein Mobiltelefon hielt und der Blick der Lenkerin überwiegend auf dessen Display gerichtet war. Außerdem betätigte sie mit dem Daumen der linken Hand den Touchscreen ihres Smartphones. Zuerst bemerkte die Fahrzeuglenkerin den nun auf gleicher Höhe fahrenden Streifenwagen nicht. Erst als Bezirksinspektor L. das Blaulicht einschaltete, richtete sich der Blick der Fahrzeuglenkerin in dessen Richtung. Bezirksinspektor L. gab ihr mittels Handzeichen zu verstehen, dass sie dem Streifenwagen folgen solle, was diese mittels Nickbewegung bestätigte."
Die Amtshandlung
Bei der folgenden Amtshandlung auf einer nahe gelegenen Tankstelle stellte sich heraus, dass es sich bei der Fahrzeuglenkerin um die aus den Medien bekannte Sabine Beinschab handelte. Sie erzählte den Inspektoren, sie habe das Handy benutzt, weil sie von Sophie Karmasin über deren Enthaftung benachrichtigt worden sei.
Tags darauf entnahmen die wachsamen Inspektoren Medienberichten, dass Karmasin unter der Auflage eines Kontaktverbots mit Beschuldigten und Zeugen, insbesondere mit Sabine Beinschab, enthaftet worden war. Die Polizei meldete den Vorfall pflichtgemäß der WKStA mit beiliegendem Protokoll des Vorfalls auf der A2.
Das Missverständnis
Beinschabs Anwältin versicherte auf Anfrage der WKStA, ihre Mandantin habe sich "missverständlich ausgedrückt". Beinschab habe nicht mit Karmasin gesprochen, sondern über deren Enthaftung am Handy gelesen. Außerdem musste sie eine Dokumentation von Beinschabs Anruflisten und Internetkommunikation bei der WKStA abliefern.
Das Hantieren mit dem Handy am Steuer kam Beinschab nicht sonderlich teuer: Sie erhielt 50 Euro Strafe.
Update: Die Namen der Beamten wurden nachträglich abgekürzt.
Kommentare