Causa Ischgl: Tiroler Behörden sollen Ministeriums-Erlass missachtet haben

Neue Vorwürfe in der Causa Ischgl
Erlass vom 29. Februar soll in Ischgl nicht eingehalten worden sein. Land dementiert und sieht Verzerrung der Tatsachen.

In der Causa Ischgl wartet das profil mit neuen Vorwürfen gegen die Tiroler Behörden auf: Das Land bzw. die zuständige Bezirkshauptmannschaft Landeck sollen einen Erlass des Gesundheitsministeriums von Ende Februar missachtet haben, wonach alle engen Kontaktpersonen von Corona-Infizierten per Bescheid für 14 Tage in Heimquarantäne zu schicken waren. Das Land wies jede Missachtung von sich.

Heimquarantäne

Die Heimquarantäne wäre laut dem Erlass unabhängig davon fällig gewesen, ob die betreffenden Personen Symptome zeigen oder nicht. Dies hätte somit alle engen Kontaktpersonen jener 14 Isländer betroffen, die nach ihrer Rückkehr aus Tirol positiv auf das Coronavirus getestet worden waren und über die die Tiroler Behörden am 5. März informiert wurden. Eben diese Unter-Quarantäne-Stellung sei aber nicht geschehen, so das profil am Samstag in seiner Online-Ausgabe.

In Ischgl könnte eine Art lokaler Herdenimmunität entstanden sein

90 in Ischgl urlaubende Isländer seien untersucht worden

Der Erlass sei am 29. Februar vom Gesundheitsministerium direkt an die Büros der Landeshauptleute verschickt worden. Betreff: „Behördliche Vorgangsweise bei Kontaktpersonen“. Wer in einem geschlossenen Raum näher als zwei Meter mit einem Corona-Infizierten zusammenkam, mit ihm ein Gespräch führte, ihm die Hand schüttelte oder ihn küsste, habe dem Erlass gemäß schon damals als „Kontaktperson mit hohem Infektionsrisiko“ gegolten. Bei zeitgleichen Corona-Fällen im Salzburger Pongau und im Kärntner Bad Kleinkirchheim sei der Erlass sehr viel ernster genommen worden.

Verzerrte Darstellung?

Das Land Tirol hat nach dem Bericht erneut bekräftigt, den am 29. Februar erhaltenen Erlass des Gesundheitsministeriums stets eingehalten zu haben. Der Umgang mit Kontaktpersonen habe zudem zum Zeitpunkt der Erhebungen in Ischgl nicht mehr gegolten, da der Erlass ergänzt wurde. Zudem warf das Land dem Nachrichtenmagazin das Publizieren von verzerrten Darstellungen vor.

Bei Bekanntwerden der Namen der Hotels am 5. März seien die isländischen Gäste bereits seit mindestens vier Tagen abgereist gewesen. „Eine Befragung (der damals noch nicht einmal namentlich bekannten Isländer) und ein damit verbundenes Contact-Tracing zur Erhebung der Kontaktpersonen war daher nicht möglich“, so das Land und unterstrich erneut, dass das Ergebnis der einen getesteten Hotel-Mitarbeiterin negativ ausgefallen sei und es bei anderen keine Hinweise auf eine Erkrankung gab.

Erst Tage später sei Tirol informiert worden, dass die Isländer nach ihrer Rückkehr positiv getestet wurden. Allen Hinweisen aus Island sei nachgegangen - und schließlich der Gesundheitszustand von über 90 in Ischgl urlaubenden Isländern von Mitte Februar bis Anfang März überprüft worden.

Causa Ischgl: Tiroler Behörden sollen Ministeriums-Erlass missachtet haben

Die Opposition sieht Aufklärungsbedarf bei Landeshauptmann Günther Platter

Kritik 

Indes nahmen am Samstag die Oppositionsparteien NEOS und Liste Fritz den profil-Bericht zum Anlass, scharfe Kritik an den politisch Verantwortlichen in Tirol zu üben. Die NEOS sahen sich in ihren „Vermutungen bestätigt“. „Der viel gelobte 'Tiroler Weg' ist gescheitert und steht für Vertuschung“, sagte Landessprecher Dominik Oberhofer in einer Aussendung. Klare Vorgaben aus Wien seien „einfach ignoriert“ worden. Die Liste Fritz ortete „dringenden Aufklärungsbedarf“ bei Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). 

In Tirol wird sich ab übernächster Woche auch eine Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes (OGH), Ronald Rohrer, mit dem Behördenvorgehen in Sachen Ischgl beschäftigen. Zudem steht noch eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft aus, ob ein Ermittlungsverfahren gegen Platter und andere eingeleitet wird - nach Einbringung einer Sachverhaltsdarstellung durch den Verbraucherschutzverein (VSV).

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