Blackout: Fatale Folgen einer simplen Störung
Unser Alltagsleben ist störungsanfällig. Das zeigte sich zuletzt am Montag, als von einer Sekunde auf die andere die Notrufnummern von Polizei, Rettung und Feuerwehr nicht mehr erreichbar waren. Schuld daran dürfte ein Hardware-Fehler bei „A1 Telekom Austria“ gewesen sein. Man hätte das betroffene Steuerungselement zwar rasch ausgetauscht, dennoch dauerte es von 9 bis 13 Uhr, bis alle Notrufe wieder lückenlos durchkamen.
Kritisiert wurde von den Einsatzkräften sowie von der Stadt Wien, dass sie von A1 zu spät informiert worden seien. Man wollte keine Panik verbreiten, konterte der Netzbetreiber. Dennoch sah sich der Konzern veranlasst, einen Runden Tisch mit den Blaulichtorganisationen abzuhalten. Man wolle den Ausfall „intensiv nachbesprechen“ und über die zukünftige Kommunikation sprechen.
Wie viele Notrufe ins Leere gingen, konnten Feuerwehr, Rettung und Polizei am Dienstag nicht einschätzen. Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, geht davon aus, dass dramatische Situationen entstanden sind, weil jemand einen Notruf absetzen wollte, aber niemanden erreichte. Er könne nicht ausschließen, dass solche Fälle bekannt werden.
Welche Folgen einzelne technische Gebrechen wie jenes am Montag haben können, zeigte sich mehrmals in den vergangenen Monaten. Wenige Stunden nach der Telekom-Störung sorgte ein beschädigtes Kabel für einen stundenlangen Stromausfall in 3.000 Haushalten im Bezirk Mödling.
New York ohne Strom
Besonders schlimm traf es im Juli die USA: Ein Trafobrand in New York City kappte für mehrere Stunden die Stromversorgung für 70.000 Bewohner. Solche technischen Lappalien können schnell eine Kettenreaktion auslösen, da dann Strom aus anderen Kanälen in die betroffenen Gebiete geleitet werden muss. Kommt in dieser Zeit ein weiteres technisches Gebrechen hinzu, kann das einen Flächenbrand auslösen und ganze Nationen vom Netz nehmen.
Besonders dramatisch ist, dass die Bevölkerung von einer Sekunde auf die andere nicht weiß, was los ist – Panik verbreitet sich.
Kommunikation
Sollte es zu einem landesweiten Stromausfall kommen, würden in den Städten nach wenigen Minuten keine Telefongespräche mehr möglich sein. Das Internet würde ausfallen. Nach einer Stunde wäre dies im ganzen Land der Fall, schildert Blackout-Experte des Vereins „Cyber Security Austria“, Herbert Saurugg.
Problematisch sei auch, dass es nach einem längeren Stromausfall Tage dauern würde, bis die Systeme wieder hochgefahren sind. Dazu kommt der Faktor Mensch: „Wenn wir seit Tagen nicht kommuniziert haben, wollen wir Freunde und Verwandte erreichen, das überlastet die Netze“, sagt Saurugg.
TIPP: Besorgen Sie sich ein Radio mit Batterien. So können Sie wichtige Informationen von Behörden erhalten und können passiv an der Kommunikation teilhaben.
Transport
Bei einem flächendeckenden Blackout würde auch das Ampelsystem ausfallen. Dementsprechend wäre mit Verkehrschaos zu rechnen – zumindest so lange die Autos noch fahren. Denn Tankstellen sind in Österreich in der Regel nicht mit Notstromaggregaten ausgestattet. Für Blaulichtdienste sind allerdings Brennstoffmengen vorrätig.
Seitens der OMV heißt es, dass die Raffinerie Schwechat unabhängig vom öffentlichen Stromnetz ist. Der Betrieb von Notstromaggregaten bliebe so erhalten.
Auch im Öffi-Verkehr käme es zu massiven Einschränkungen. Für U-Bahnen und Straßenbahnen wäre der Fahrstrom weg. Die U-Bahn-Garnituren könnten aber zumindest in die nächste Station rollen. Busse könnten für eine gewisse Zeit den Notbetrieb aufrechterhalten. Ähnlich wäre es bei den ÖBB, wo man versuchen würde, so viele Züge wie möglich in die nächsten Bahnhöfe zu bringen.
Wasser
Wasser wird mit elektrisch betriebenen Pumpen in die Haushalte geleitet und zuvor in Anlagen von Keimen gereinigt. Der Druck auf den Leitungen hält nur für kurze Zeit, weshalb die Versorgung bald zusammenbrechen würde. Hat man Zugriff auf Grundwasservorkommen, muss das Wasser immer abgekocht werden.
TIPP: Lagern Sie pro Erwachsenem immer zwei bis drei Liter Wasser im Haus. Haben Sie einen Grundwasserbrunnen, installieren Sie eine Handpumpe.
Gesundheit
Bei kürzeren Stromausfällen können Krankenhäuser mit Notstrom betrieben werden. „Diese Szenarien üben wir regelmäßig“, betont ein Sprecher des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV). Wie lange der gewöhnliche Betrieb aufrecht gehalten werden kann, könne man nicht genau sagen.
Die Kapazitäten würden sich an Einschätzungen orientieren, „innerhalb welcher Zeiträume üblicherweise Versorgungsausfälle wieder behoben werden können“, heißt es vom KAV. Es gibt gesetzlich geregelte Krisenmanagement-Prozesse, die vorschreiben, welche Bereiche eines Spitals am längsten betrieben werden müssen. Zudem könnte es zu Engpässen bei Medikamenten kommen.
Tipp: Haben Sie Medikamente und Verbandsmaterial lagernd. Frischen Sie Ihre Erste Hilfe-Kenntnisse auf.
Lebensmittel
Fällt der Strom aus, funktionieren auch Kühlschrank und Herd nicht mehr. Lebensmittel verderben schnell und die Anschaffung neuer ist nicht gesichert. Laut dem Sprecher von REWE, Paul Poettschacher, wird im Ernstfall ein Krisenstab einberufen, der mit Ministerien kommuniziert: „Unsere Lager und die IT sind teilweise mit Stromaggregaten ausgestattet, die Filialen jedoch nicht.
Ob und wann sie geschlossen werden, wird vom Krisenstab entschieden“, sagt Poettschacher. Die Kühlkette ist bei einem längeren Stromausfall nicht gewährleistet.
Sollten die Lebensmittel knapp werden, kann die Regierung entscheiden, wann Geschäfte geöffnet werden müssen. Diese würden dann von Militär oder Polizei bewacht werden, um Plünderungen und Hamsterkäufe zu verhindern.
TIPP: Lagern Sie Konserven und lang haltbare Lebensmittel wie Reis oder Nudeln. Wasser kann man im Notfall an einer Feuerstelle zum Kochen bringen.
Unternehmen würden durch einen Blackout große Einbußen verzeichnen müssen – schon regionale Stromausfälle wirken sich negativ aus.
77 Prozent der Firmen waren schon einmal von einem Stromausfall betroffen. Für den Ernstfall vorgesorgt hat nur ein Drittel. Insgesamt verbringt jeder Österreicher pro Jahr unfreiwillig 27,32 Minuten ohne Strom.
1,2 Milliarden Euro groß wäre der wirtschaftliche Schaden, wenn landesweit der Strom für 24 Stunden ausfallen würde.
Die Bundeshauptstadt wäre überproportional betroffen: Schon nach einer Stunde Stromausfall wäre ein Schaden von 20 Millionen Euro zu beklagen. Nach und nach kämen Betriebe zum Erliegen.
Banken
Um Einkaufen zu können, ist Bargeld notwendig, denn Bankgeschäfte sind ab dem Zeitpunkt des Stromausfalls nicht mehr beziehungsweise schwer möglich. Sollte der Stromausfall mehrere Tage dauern, kann der Einsatzstab entscheiden, dass Geldinstitute kleinere Geldbeträge – sofern vorhanden – ausbezahlen müssen.
TIPP: Achten Sie darauf, immer einen Bargeldbetrag zu Hause zu haben, der für einen Wocheneinkauf des Notwendigsten reichen würde.
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