Im Caritas-Ausbildungszentrum in der Wiener Seegasse startet im Herbst darum ein Vorbereitungslehrgang für Sozialberufe, der sich dezidiert (aber nicht nur) an 16 bis 18-jährige Jugendliche aus der Ukraine richtet (siehe Infobox unten) – dieser öffne Türen für spätere Jobs in der Altenpflege oder Behindertenbetreuung, sagt Schuldirektor Andreas Walter. Als weiterer Anreiz werden auch schulgeldbefreite Plätze angeboten.
Zwei Vorteile
Damit würde man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, sagt Daniel Landau, von der Regierung bestellter Bildungskoordinator für ukrainische Kinder und Jugendliche: „Der Bedarf in der Pflege ist offenkundig und gleichzeitig bietet man den Jugendlichen eine Perspektive.“
Das sei auch insofern wichtig, da keiner wisse, wie lange die Geflüchteten in Österreich bleiben. Die Bereitschaft, hier längerfristig Fuß zu fassen, dürfte aber steigen. Zahlen aus Deutschland würden ergeben, dass nur noch zwei Drittel unbedingt in die Ukraine zurückwollen, so Landau. Viele Eltern würden wollen, dass ihre Kinder hier ihre Ausbildung fertigmachen, um sie nicht wieder zu entwurzeln.
Auch Betriebe wie Siemens, A1, die Wiener Stadtwerke oder die ÖBB haben das Potenzial bereits erkannt. Bei einer von der Bildungsdirektion organisierten Veranstaltung in Wien-Favoriten kamen Unternehmensvertreter vorbei, um ukrainische Jugendliche für eine Lehre zu gewinnen.
Beim Lokalaugenschein zeigten sich die Jugendlichen aber skeptisch. „Ich will lieber studieren“, war oft zu hören. „Das machen wir bei Siemens auch nach der Lehre möglich“, hieß es darauf.
Und nicht nur in Wien gibt es Bemühungen: In Oberösterreich wird ein „Standardprodukt“ des AMS, die Jobbörse, nun flächendeckend für Jobsuchende aus der Ukraine auf das ganze Bundesland ausgerollt. Die erste Veranstaltung in Linz für den Zentralraum war ein voller Erfolg. 327 aus der Ukraine Vertriebene trafen auf 15 Unternehmen aus den Bereichen Handel, Gewerbe, Industrie, Technik öffentlicher Dienst und Transport, darunter einige Leitbetriebe des Landes und die Stadt Linz.
Iris Schmidt, designierte AMS-Chefin von Oberösterreich, zeigt sich zufrieden: Es seien gute Kontakte zwischen den Personalabteilungen und den jobsuchenden Ukrainerinnen geknüpft worden: „Das geht bei diesem niederschwelligen Angebot besser als über formale Bewerbungen.“
Suche nach Ärztinnen
In einem Fall weiß Schmidt sogar, dass eine Person für eine hochqualifizierte Stelle gefunden worden sei, für die das Unternehmen gar nicht auf der Jobbörse gesucht habe: „Das hat sich bei den Gesprächen herauskristallisiert.“
Sehr positiv fällt auch die Reaktion der Stadt Linz aus, die als potenzieller Dienstgeber auf der Jobbörse war. Vizebürgermeisterin Tina Blöchl (SPÖ): „Wir haben mit Bewerbern konkret über offene Stellen gesprochen, einige sind jetzt in laufenden Auswahlprozessen.“
Aktuell ist die Stadt auch auf der Suche nach Ärztinnen für Schulen oder als Amtsärzte. Für die Ärzte unter den Vertriebenen „muss es rasch Lösungen zur Anerkennung der Ausbildung geben“, fordert Blöchl.
Barrieren
Hürden gibt es allerdings auch – etwa die Kinderbetreuung. Laut AMS Niederösterreich haben 79 Prozent der Ukrainerinnen, die dort gemeldet sind, Betreuungspflichten. Viele von ihnen kümmern sich nicht nur um die eigenen Kinder, sondern auch um jene von Verwandten, die ihren Nachwuchs aus Sicherheitsgründen nicht bei sich in der Ukraine behalten wollten.
Auch eine Barriere: die Sprache. Rund die Hälfte der gemeldeten Ukrainerinnen in Niederösterreich spricht kein Deutsch. Seit Februar 2022 hat das AMS darum 587 Frauen den Einstieg in einen Deutschkurs vermittelt.
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