Aufreger: Die erfundenen "Gebühren" der Fahrschulen
Die Fahrschule Sappl mit sechs Filialen in Westösterreich verspricht auf ihrer Homepage gleich im ersten Satz: "Kostentransparenz ist uns wichtig". Für die "Autovollausbildung", also den B-Führerschein, werden Kosten von 1829 Euro angegeben. Wer allerdings glaubt, dass damit der Führerschein finanziert ist, der wird sein blaues Wunder erleben.
Schaut man auf der Internetseite ganz nach unten und klickt dort auf einen Link, finden sich einige versteckte Zusatzkosten. 70 Euro sind noch für einen Erste-Hilfe-Kurs fällig, 35 Euro für einen Arztbesuch. Und dann sind noch diverse "Gebühren und Abgaben" von über 250 Euro aufgelistet, die allesamt in die Tasche der Fahrschule fließen und nicht an die Behörde, wie man vielleicht vermutet. Zu zahlen ist das meiste später per Erlagschein.
"Erfundene Gebühren" nennt dies ein Fahrschulbesitzer, den diese Methoden seiner Mitbewerber massiv ärgern.
"Angepasste Preisstruktur"
Hannes Sappl, Fachvorsitzender in der Wirtschaftskammer und Inhaber der besagten Fahrschulen, sieht sein Vorgehen hingegen gar nicht verwerflich: "Die vorliegende Modularität verbessert die Vergleichbarkeit und ermöglicht eine individuelle auf den jeweiligen Schüler angepasste Preisstruktur", meint er. Der Schüler profitiere sogar von der Gebühr.
Sappl betont, dass man Fahrschüler immer bei Kursbeginn darauf aufmerksam mache. Allerdings: "Selbstverständlich gibt es leider in unserer Branche auch schwarze Schafe, bei denen Kosten und Zusatzkosten weder online noch offline dargestellt oder aufgeschlüsselt werden."
Tatsächlich liegen dem KURIER Fotos einer niederösterreichischen Fahrschule vor, die ihre Preise in Höhe der Knöchel der Besucher montiert hat. Wer sie lesen möchte, muss zumindest in die Knie gehen. Das ist übrigens gesetzlich nicht verboten.
Auch sonst zeigen sich manche Ausbildungsstätten kreativ, wenn es um zusätzliche Einnahmen geht. Eine steirische Fahrschule sandte vergangenes Jahr beispielsweise an ihre Kunden: Erlagschein: Bitte zahle 21,10€ ein! Dieser Betrag setzt sich zusammen aus: „Covid-19 Prüfungsbeitrag Theorie“ 9,60€ + „Covid-19 Prüfungsbeitrag Praxis“ 9,60€ + „Covid-19 Beitrag“ 1,90€.
Nicht dabei vermerkt war natürlich, dass dies eine freiwillige Zahlung darstellt.
Eine "Verwaltungsabgabe" von knapp 90 Euro kassieren auch die Zebra-Fahrschulen des Salzburger Kammerfunktionärs Georg Lämmerhofer.
Er argumentiert dies mit "Mehraufwand" durch Verlagerung von Aufgaben der Behörden zu den Fahrschulen, an fünf von acht Standorten habe er deshalb mehr Personal einstellen müssen. In den Gesamtpreis würde dies nicht eingerechnet, da diese Abgabe nicht ausnahmslos jeder bezahlen müsse.
Auch hier natürlich zum Wohl des Kunden.
Die Wiener Fahrschule Rainer verlangt hingegen "ausbildungsunabhängige Fahrschulkosten" in Höhe von 365 Euro. Inhaber Christian Sigmund beruft sich auf das WIFI, wo Prüfungsgebühren auch extra verrechnet werden würden.
"Die Tatsache, dass Fahrschulen einen Verwaltungsaufwand verrechnen, ist dem Umstand geschuldet, dass die Behörde in den vergangenen Jahren zahlreiche administrative Tätigkeiten an die Fahrschulen ausgelagert hat." Sigmund bestreitet entschieden, dass es sich um versteckte Kosten handeln würde.
"Differenzierte Angebotslegung"
Denn auch die Fahrschule Rainer sieht sich als Opfer von unseriösen Praktiken der Konkurrenz. Warum dieser Verwaltungsaufwand nicht gleich in den Preis eingerechnet wird, erklärt Sigmund gegenüber dem KURIER so: "Wir haben genau dies jahrzehntelang getan, während zahlreiche Mitbewerber schon vor vielen Jahren zu einer differenzierteren Angebotslegung übergingen. Wir haben diesen Wettbewerbsnachteil jahrelang bewusst in Kauf genommen, sind jedoch mittlerweile überzeugt, dass es im Interesse der Kunden ist, vergleichbare Angebote in den verschiedenen Fahrschulen zu erhalten."
Pro Jahr werden jedenfalls mehr als 140.000 Führerscheine in Österreich ausgestellt. Bezahlt jeder hundert Euro versteckte Gebühren, verdienen die Fahrschulen 14 Millionen Euro zusätzlich.
Das Verkehrsministerium (heute Klimaschutzministerium) sieht so eine Vorgehensweise mit versteckten Gebühren nicht als korrekt an. In einem behördeninternen Schreiben an alle Landeshauptmänner, das dem KURIER vorliegt, heißt es: "Der Fahrschultarif ist (...) von außen lesbar neben oder in der Nähe der Eingangstür anzubringen, wobei in den Preis alle Zuschläge einzubeziehen sind."
Der dort veröffentlichte "Inklusivpreis" müsse laut Kraftfahrgesetz "der vollständige Preis sein, den ein Fahrschüler zu zahlen hat."Unter dem Betreff "Überwachung der Fahrschulen" werden die Fahrschulinspektoren aufgerufen, die Preisauszeichnung der Fahrschulen genau zu kontrollieren, immerhin wäre eine Zuwiderhandlung ein Gesetzesbruch.
Strafrechtlich relevant?
Das Schreiben stammt allerdings aus dem Jahr 1990 und dürfte in Vergessenheit geraten sein. Nichtsdestotrotz sind die entsprechenden Regelungen bis heute in Kraft. Theoretisch könnte ein bewusstes Täuschen der Fahrschüler auch strafrechtliche Folgen haben.
Das Argument, dass die Fahrschulen mehr Aufwand haben, ist umstritten. Jene, die keine Gebühren einheben, betonen, dass es keinen Mehraufwand in den vergangenen fünfzehn Jahren gegeben hat. Abgesehen davon ändert es nichts daran, dass dies entsprechend kundgetan werden muss.
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