Urfahr-Markt: Zuckerwatte, Riesenrad und ein Stück Kindheit

Riesenrad Urfahr
Auch wenn die Kulinarik jetzt mehr kostet als damals, ein Besuch beim "Urfix" versetzt einen 20 Jahre in der Zeit zurück. Eine Reportage

Von Anna Kindlmann

Die Füße baumeln in der Luft, im Bauch vermengt sich eine  Mischung aus Adrenalin, Himbeerkracherl und Bratenfett. In der Ferne zischen der Pöstlingberg, die Linzer Industrie und die Donau an einem vorbei - aber nur ganz kurz - bevor es dann auch schon wieder 80 Meter in die Tiefe geht. Nach dem Ausstieg aus dem Karussell findet man sich auf dem 55.000 Quadratmeter großem Gelände des Urfahranermarktes wieder. 

Dort ist von den zwei Pandemiejahren, in denen der Jahrmarkt aussetzen musste, heute nichts mehr zu spüren. An einem Feiertag wie dem 1. Mai schwappen die Menschenmengen in Wellen durch den Eingang des Jahrmarkts hinein. Immer wieder hört man Autodrom-Autos aneinander krachen und sogleich Kindern in schallendes Gelächter ausbrechen. Bei den Gewinnständen versucht jemand, das ganz große Kuscheltier zu ergattern. 

In 80 Metern Höhe um die Welt 

"Wir sind natürlich wegen diesem hohen Turm da"- sagen zwei Pensionisten und zeigen gleichzeitig auf das Karussell, das in diesem Moment wieder nach oben fährt. Das ist der sogenannte Jules Verne Tower - eine neue Attraktion in diesem Jahr – die auf den ersten Blick Angst macht, in Wahrheit aber für Familien gedacht ist. Der Aufzug zieht die Fahrgäste mit einer Geschwindigkeit von bis zu zwei Metern pro Sekunde an die Spitze des Turms. 

Urfahr-Markt: Zuckerwatte, Riesenrad und ein Stück Kindheit

Dort thront auf dem Turm eine Architektur, die aussieht wie ein Heißluftballon – eine Hommage an die Geschichte „In 80 Tagen um die Welt“ von Jules Verne – hier allerdings in Mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h fliegen die Fahrgäste um den Turm herum. Alternativ gibt’s ja immer noch das gute alte Riesenrad, das nur 38 Meter hoch ist. „Aber eigentlich sind wir ja auch wegen der Grillhendl da“, sagen die Pensionisten und gehen weiter nach hinten, zu den Essenständen.

Der Jules Verne Tower, die neue Attraktion

Der Jules Verne Tower, die neue Attraktion

"Schatzis" Süßwarenstand

"Schatzis" Süßwarenstand

"Dreamland" Schausteller

"Dreamland" Schausteller

Diverse Achterbahnen

Diverse Achterbahnen

Klassisches Karussell

Klassisches Karussell

Lebkuchenherzen mit Schriftzug

Lebkuchenherzen mit Schriftzug

Menschenmenge am Markt

JE später die Stunde, desto mehr Besucher

Zuckerwatte – Süßes für Sonnentage

Die Auswahl ist riesig: von den insgesamt 150 Verkaufs- und Essenstände gibt’s immer noch alles, was die Jahrmarkt-Gelüste wecken könnte, von Bratwürsteln mit Sauerkraut, Langos und Kartoffeln in allen Ausrichtungen, Ringkrapfen bis zur Zuckerwatte, hier in blau oder in rosarot.  

„Heute ist das Wetter schön, also kaufen die Besucher viel Zuckerwatte ein, weil beim Regen schmilzt sie ja“ – sagt ein Verkäufer der Schaustellerfamilie Schlader, die auch Fahrgeschäfte und Schießbuden betreibt – und das seit fünf Jahrzehnten.

Seither verkauft auch die Familie Schatzer - ihr Geschäft liebevoll zu "Schatzis" umbenannt - Süßes und vor allem Schaumrollen, die hier jährlich Stammkunden anlocken. Wie viele täglich verkauft werden, ist im ersten Moment schwer zu sagen aber "es fühlt sich an wie Tausende", sagt Lukas Schatzer, ein Junior des Familienbetriebes, der seit 1907 besteht.

Kritik an hohen Preisen

Über diese Jahre ist einiges mit dem Jahrmarktfest in Urfahr geschehen. Gegründet hat es noch der Kaiser, erlebt hat der Markt wirtschaftliche Auf-und Abgänge und schwere Krisen wie den zweiten Weltkrieg. Nach der Pandemie hat die extreme Teuerung auch die Gastronomie des Marktes gezeichnet. Im letzten Jahr gab es schon Kritik an den hohen Preise bei den Grillhendln – 17,20 mit Beilage – und mittlerweile fast 7 Euro für ein Krügerl. Diese Kritik ist auch heuer zu hören. 

Eine junge Familie schlendert dem Zuckerwattenverkauf entgegen, und kauft ein rosafarbenes Exemplar. Die kindlichen Finger zupfen an der klebrigen Watte. "Das gehört für uns zwei Mal im Jahr einfach dazu", erzählt die Mutter. Dass hier im Frühjahr das Zelt immer die FPÖ-Wählerschaft einlädt, ist für die Familie - die Eltern waren selbst schon als Kinder da - nicht der Grund, herzukommen. "Es geht eigentlich um das Jahrmarkt Gefühl, das ist ein Stück Kindheit für uns", betont sie.

Kuscheltier und anderes Glücksspiel

Wer jedenfalls sein Geld in Form von Plüsch und Kunstfell zurückgewinnen möchte, der muss nur ein paar Schritte weiter gehen. Beim Schausteller Bernd Zartl bekommen Besucherinnen gegen Bargeld per Zufall ein Los zugeteilt, das eine Jahreszeit abbildet.

 Haben sie schließlich alle vier, können sie ein Plüschtier aus der zweiten Reihe aussuchen. Eine "Rosenkarte" gibt es auch, die wird schließlich für die ganz großen Teddybären gebraucht, vom Dach des Standes herabbaumeln. Strahlende Kinderaugen bleiben im Vorbeigehen an ihnen hängen. Ein mittelalterlicher Mann, der schon am Anfang des Tages sein Glück versucht hat, schultert nach langer Zeit vergebenen Bemühens dann doch noch zufrieden sein überdimensioniertes "Hello Kitty"-Kuscheltier, das größer ist als er selbst. 

Polizeieinsatz wegen Spielzeugpistole

Ganz herkömmliche Schießstände gibt es nach wie vor – aber der Umgang mit Spielwaffen kann auch missverstanden werden. In einer Schwerpunktaktion gegen die Jugendkriminalität am Urfahranermarkt führte die Polizei vergangene Woche ein klärendes Gespräch mit einem Jugendlichen, weil er mit einer vermeintlichen Schusswaffe hantierte, die sich dann als Spielzeug entpuppte. Die häufigsten Anzeigen wurden gegen Suchtmittelbesitz ausgestellt, wie in einer Aussendung der Polizei bestätigt wird. 

Ein Motto gibt’s immer

Was erwartet die Besucherinnen und Besucher dieses Jahr also noch? Jeder Tag besitzt ein anderes "Motto" - nach dem Senioren- und Familientag, ist am Freitag das Feuerwerk um 21.30 Uhr das Highlight. Am Samstag gestaltet der OÖ Landesfeuerwehrverband das Programm, und den Abschluss bildet schließlich der Tag der Blasmusik am Sonntag. 

Je später der Nachmittag, desto drückender ist die Luft am Gelände. Die Grilldämpfe, schweißgebadete Menschen und die süßen Düfte vermischen sich zu dem typischen Jahrmarkts-Geruch. Bei allen Veränderungen, die der Markt in seinen 200 Jahren gespürt hat, bleibt er immer noch eine Konstante für Jung und Alt - und für alle Generationen eine Möglichkeit, ein bisschen "in die Vergangenheit zu reisen."

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