Ohne Proteste geht die neue Digitaluni IT:U offenbar gar nicht. Denn nach dem holprigen Start und der massiven Kritik am mittlerweile beschlossenen Gesetz steht auch der längst beschlossene Neubau massiv in der Kritik.
Bei der Präsentation der Uni waren es die Mitglieder der neuen Initiative "Grüngürtel retten", die gegen die Verbauung der grünen Lunge der Stadt mobil macht.
Aber dennoch ist fix: Die neue Uni wird gebaut, und zwar auf der grünen Wiese, direkt neben der JKU. Ein anderer Standort – etwa auf brachliegenden innerstädtischen Flächen wie die Post City beim Linzer Hauptbahnhof – wurde zu keiner Zeit ernsthaft geprüft.
Eine diesbezügliche Frage beantwortete die Gründungsrektorin Stefanie Lindstaedt bei der Pressekonferenz, die kurzerhand von der JKU noch ins Landhaus verlegt wurde, ausweichend. Denn sie soll bei einer Diskussionsveranstaltung über eben diese Post City diesen Standort bevorzugt haben. Die Standortwahl sei schon vor ihrer Kür festgestanden, so Lindstaedt.
Klimafittes Projekt
Das Siegerprojekt des Architektenwettbewerbs, das am Standort neben der Johannes-Kepler-Universität errichtet werden soll, hat die massive Kritik am Standort im Grünen, direkt an der Kaltluftschneise, die die heiße Stadt Linz mit kühlender, frischer Luft versorgt, antizipiert und versucht, dem Gegner eben diesen kalten Wind aus den Segeln zu nehmen, indem versichert wird, dass der Kaltluftstrom nicht versiegt.
Das hat die Wettbewerbsjury auch schriftlich festgehalten: „Die starke Geste liegt in der Verflechtung des Bauvolumens mit der Topografie und dem Naturraum. Die Baukörper überragen den Baumbestande nicht, dies führt nur zu einer geringen Beeinflussung des Kaltluftstroms. Die Öffnung zwischen den Baukörpern gegen die Hauptwindrichtung erlaubt eine gute Belüftung des gesamten Campus.“
Darüber hinaus wird das gesamte Bauwerk aus Holz errichtet, das innen wie außen zum dominierenden Element wird. Nur die Hälfte des Areals wird verbaut, maximal vier Geschoße, die sich an die Hanglage einfügen, dazu Dachterrassen und Grünflächen, die einen „identitätsstiftenden Standort“ erschaffen, den die junge Universität brauche, ist Hans-Peter Weiss, Chef der BIG (Bundesimmobiliengesellschaft), die den Bau errichtet, begeistert.
Biodiversität soll steigen
Er versicherte darüber hinaus, dass aufgrund der vielen Baumpflanzungen nach Abschluss des Bauprojektes eine größere Biodiversität auf dem Areal vorherrschen werde, als das jetzt bei der intensiven Landwirtschaft vorhanden sei.
Höchst zufrieden ist auch die Rektorin mit dem präsentierten Projekt, das in seiner Form dem interdisziplinären Lehransatz, den sie mit der neuen technischen Universität verfolgt, entspreche. Von der Jury wird das Projekt wegen seiner „ruhigen Eleganz“ gelobt, die „fließende Form und die Vernetzung der Baukörper referenziert auf Datenströme und damit auf die Forschung und Lehre der IT:U“. Moderne kleine Labs in Modulbauweise ermöglichen auch, dass die neue Uni auf sich ändernde Herausforderungen auch baulich rasch reagieren kann.
Die Kosten Rund 234 Millionen Euro koste der Neubau, der vom Bund und dem Land OÖ finanziert wird
Die Ausstellung Vom 21. bis 31. Mai sind die Preisträger des Architekturwettbewerbs im afo Linz zu sehen
Die Menschen 2036 sind rund 3.000 Studierende und Mitarbeiter an der IT:U
Der Campus soll ab 2025 errichtet und ein Jahr später bezogen werden. Derzeit ist die IT:U in Räumlichkeiten der JKU untergebracht, die ersten zehn Doktoranden sind bereits da, auf bis 30 soll die Zahl anwachsen. Und 2025 soll im Herbst der erste Masterstudiengang starten – mit 30 bis 60 Studierenden aus aller Welt.
Das Curriculum soll im Frühjahr kommenden Jahres stehen. Wo die Studierenden dann unterrichtet werden, ist aber noch nicht geklärt, räumte Lindstaedt bei der Pressekonferenz ein.
In der Frage der Digitaluni sind sich das schwarze Land und die rote Stadt einig: Ein Meilenstein für Linz, der schon jetzt über die Landesgrenzen hinaus wirke. Insgesamt entstehen 35.000 Quadratmeter Nettoraumfläche.
"Wir sind laut, weil ihr uns den Grünraum klaut"
Rund 50 Gegner der Verbauung des Grüngürtels im Linzer Nordosten sind am Donnerstag Vormittag ins Landhaus gekommen, um ihrem Ärger Luft zu machen. Alexander Jäger, FH-Professor im Ruhestand, engagiert sich als Sprecher der neuen Initiative „Grüngürtel retten“ nicht gegen die Digitaluni per se, sondern gegen den Standort auf der grünen Wiese.
Und gegen das, was folgt. Denn im Masterplan der Stadt Linz, mit dem ein örtliches Raumordnungskonzept erlassen werden soll, sind insgesamt zehn Hektar Grundflächen zur Umwidmung vorgesehen – wo etwa auch jene Fläche hineinfällt, die die Firma Fabasoft als Grünland gekauft hat. Sie will dort eine neue Firmenzentrale errichten.
Keine Genehmigung
Dieser Verkauf war von der Grundverkehrskommission untersagt worden – weil der Preis für Grünland überzogen hoch war und es sich nach Ansicht der Behörde um kein Bauentwicklungsland gehandelt hätte. Das Landesverwaltungsgericht hat diesen Bescheid mit Verweis auf die Errichtung der IT:U gehoben und an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen – weil jetzt davon ausgegangen werden könnte, dass es sich um ein Baulandentwicklungsgebiet handle.
Der Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger verteidigte bei der Präsentation des Siegerprojektes sowohl den Standort bei der JKU als auch die weitere Verbauung für Betriebe und Unternehmen, die in Sachen Technologie und Forschung an der IT:U andocken wollen: „Wir werden eine Infrastruktur brauchen, und die gibt es nicht nur virtuell.“
Mit der Firma Fabasoft habe es, so versicherte Luger, weder Gespräche noch Zusagen über eine mögliche Umwidmung gegeben.
Die Initiative selbst sammelt nun Unterschriften, um Stimmung gegen die bevorstehenden Beschlüsse zum örtlichen Entwicklungskonzept machen zu können. Neos, Linz plus, Freiheitliche und die Grünen haben sich für den Erhalt des Grünraums ausgesprochen.
Detail am Rande: Was bei der Projektpräsentation und am Modell gefehlt hat, waren Parkhaus oder Tiefgarage. Was es werden wird, sei noch offen. Jedenfalls räumte BIG-Chef Weiss schließlich ein, dass ein Parkhaus dort entstehen würde, wo am aktuellen Modell noch Bäume gepflanzt wurden.
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