Ein Computerabsturz, so würde man es digital nennen, zeichnete sich am Wochenende ab und ist Montagabend Abend schließlich eingetroffen.
Kurzfristig und zur Überraschung der Bewerberinnen und Bewerber hat das Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) in Linz die für Dienstag und Donnerstag geplanten Hearings für die Suche nach seinem Gründungspräsidenten abgesagt.
Grund dafür ist, dass der Rektor der Universität für Angewandte Kunst, Gerald Bast, sein Mandat im Gründungskonvent zurückgelegt hat.
Kritik an Verfahren
Dies begründete er gegenüber der APA mit zahlreichen befangenen Personen im Gremium sowie der in der Diskussion „zurückgebliebenen inhaltlichen Dimension“. Kritik kommt auch vom Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger, der gegen Widerstände aus der eigenen Partei für das "Stelzer-Kurz-Wahlkampfprojekt" eingetreten sei und nun einen Scherbenhaufen sieht.
Ursprünglich haben sich 15 Personen für die Stelle als Gründungspräsident beworben, darunter der scheidende Rektor der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz, Meinhard Lukas. Acht hätten sich den Hearings im neunköpfigen Gründungskonvent stellen sollen – dieser wählt den Gründungspräsidenten.
„Mindestens drei der neun Mitglieder sind oder waren befangen“, begründete Bast seinen Rückzug. So ist unter anderem der Vizerektor der JKU, Christopher Lindinger, Mitglied im Konvent und müsste etwa über Lukas mitentscheiden.
Bast bedauerte auch, dass man nie dazu gekommen sei, auch über Inhalte zu reden. „Wir haben nie über Studien oder die Ausrichtung gesprochen. Digitale Transformation ist mehr als mehr Studierende in MINT-Fächern.“
Er sei ursprünglich mit „großer Begeisterung“ in das Projekt gegangen, erklärte Bast, der nun aber überzeugt ist: „Ich glaube nicht, dass es so weitergehen kann.“
„Nicht eingebunden“
Das glaubt man im Bildungsministerium hingegen schon und verweist auf den Gründungskonvent. Ein Sprecher von Minister Martin Polaschek betonte: „Der unabhängige Konvent trifft alle Entscheidungen, wir sind nicht eingebunden.“ Das Ministerium werde die Nachnominierung durchführen, dann „spricht nichts dagegen, dass die Universität im Herbst in Betrieb geht“. Diese Nachnominierung ist bereits erfolgt, der Rektor der Montanuni Leoben, Wilfried Eichlseder, wird neues Mitglied im Gründungskonvent der TU Linz.
Daran glaubt auch Claudia von der Linden, Vizerektorin an der TU Graz und Vorsitzende des Gründungskonvents für die Digital-Uni in Linz: „Für uns ist es sehr wesentlich, ein sorgfältiges Bewerbungsverfahren für die Präsidentschaft abzuwickeln.“ Details zu Befangenheiten einzelner Mitglieder könne sie nicht nennen.
Zur zeitlichen Komponente hält sie fest, dass die Kandidaten für das Hearing erst seit der zweiten Jänner-Woche feststehen würden. Um den Anschein von Befangenheit zu vermeiden, habe man besonders strenge Kriterien definiert.
Ein Problem im zeitlichen Ablauf sieht von der Linden nicht: „Durch das Ausscheiden eines Mitglieds ist zwar eine Verschiebung der Hearings notwendig, die Ausschreibung der Position bleibt davon allerdings völlig unberührt.“ Nach der Nominierung eines neuen Mitglieds werden die Hearings durchgeführt: „Wir sind optimistisch, dass der Zeitplan halten wird.“
Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) will die Wogen glätten: „Bei einem Jahrhundertprojekt, wie der Neugründung einer einzigartigen Universität, wird es immer wieder Herausforderungen geben. Wichtig ist, dass jetzt alle offenen Fragen rasch geklärt werden, damit die Arbeit im Gründungskonvent weiter gehen kann.“
Stadt fordert Neustart
Der Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger sieht hingegen einen Scherbenhaufen und „fehlendes Krisenmanagement im Bildungsministerium“, einen Start im Herbst dieses hält er für nicht zielführend und völlig unrealistisch: „Mir blutet das Herz, ich war einer der wenigen aus der SPÖ, der diese Stelzer-Kurz-Wahlkampfidee unterstützt hat. Aber jetzt wurde ein miserabler Start hingelegt.“ Luger fordert deshalb: „Es braucht einen guten Start und nicht nur politische Ankündigungen.“
Guter Start ist wichtiger als ein früher
Der einzig offiziell bekannte Kandidat, JKU-Rektor Meinhard Lukas, will sich zu den aktuellen Entwicklungen nicht äußern.
Im KURIER hat er allerdings Anfang Jänner klargestellt, was er vom zeitlichen Druck hält: „Wichtiger als ein früher Start ist ein guter Start. Bestimmte Fehler, die in der Gründungsphase passieren, lassen sich nicht revidieren. Diese Erfahrung habe ich bei der Gründung der medizinischen Fakultät gemacht.“
ÖH: Start um zwei Jahre verschieben
„Von Anfang an war die Gründung des IDSA ein völlig intransparenter und undemokratischer Prozess. Wie sollen wir als gesetzliche Interessenvertretung der Studierenden unsere Aufgabe im extra dafür eingerichteten Beirat ausüben, wenn uns alle dafür notwendigen Informationen vorenthalten werden?“ zeigt Sara Velić vom ÖH Vorsitzteam das aus ihrer Sicht lange bestehende Problem der fehlenden Einbindung relevanter Stakeholder auf.
„Wir müssen endlich über Inhalte reden", pflichtet ihr Boryana Badinska, vom ÖH Vorsitzteam, bei: „Eine Universität ist eben kein politisches Wahlzuckerl, sondern eine Institution der Lehre und Forschung. Wenn wir in Zukunft Lehrende, Forschende und Studierende für das IDSA gewinnen wollen, ist es an der Zeit, gemeinsam innovative Forschungsfelder und ein attraktives Studienangebot zu erarbeiten.“
Die Schlussfolgerung des ÖH-Vorsitzteams: „Das BMBWF muss spätestens jetzt die Inbetriebnahme des IDSA um mindestens zwei Jahre verschieben! Momentan wird der Erfolg des größten Projekts im österreichischen Hochschulraum der letzten 20 Jahre aufgrund eines völlig unrealistischen Zeitplans und politischer Seilschaften aufs Spiel gesetzt.“
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