Känguru-Suche: "Paul" bleibt auf Tauchstation

Das fünfjährige Beuteltier ließ sich nicht blicken.
Erster Versuch, entlaufenes Beuteltier im Mühlviertel einzufangen, scheiterte. Auch Wolf "Fritzi" weiter flüchtig.

Ein Wiener, der bei 35 Grad im Schatten ein Känguru sieht – ohne Beweisfoto hätte Urlauber Martin Helmstedt wohl kein Einheimischer geglaubt. "Da hätten wir gesagt, der hat ein bissl zu viel Sonne erwischt", scherzt Siegfried Nagl aus St. Oswald bei Haslach im Oberen Mühlviertel. "Aber das Känguru dürfte wirklich da sein. Meine Nachbarin hat es am Montagabend ja auch gesehen." (Mehr dazu in "No Kangaroos in Austria? Känguru im Mühlviertel gesichtet")

Frau Anna, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, nickt. "Es ist direkt vor mir über die Straße gehüpft und ins Maisfeld hinein. In dem Moment fragt man sich schon, ob man noch ganz richtig ist."

Känguru-Suche: "Paul" bleibt auf Tauchstation
Suche nach Känguru Paul in St. Oswald bei Haslach, Mühlviertel OÖ Bild zeigt: Mutter Doris und Tochter Lisa Schuh aus Bayern
Doris und Lisa Schuh(Bild)sind angespannt, als sie am Dienstagabend beim ehemaligen Zollhaus von St. Oswald, direkt an der Grenze zu Tschechien, eintreffen. Hier wurde Paul zuletzt gesehen. Paul, das Känguru, das am 23. April bei einem Gewitter aus seinem Gehege im niederbayerischen Breitenberg – etwa 30 Kilometer Luftlinie entfernt – ausgebüxt war und bis zum Freitag der Vorwoche als verschollen galt. "Ich habe ihn schon aufgegeben", sagt Lisa Schuh. "Doch dann haben wir das Foto gesehen und gewusst: Das ist unser Paul."

Wer in St. Oswald auf Känguru-Pirsch geht, sucht die berühmte Nadel im Heuhaufen: Maisfelder, Wiesen, Wald und wieder Maisfelder soweit das Auge reicht. Paul könnte sich hier überall verstecken. "Er schläft tagsüber und kommt erst am Abend zum Fressen aus seinem Versteck", weiß Doris Schuh. Ihre Tochter ist schon ein paar Hundert Meter weiter vorne, geht am Rand eines Maisfelds auf die Knie, schaut durch das Pflanzen-Spalier und ruft mit fast klagender Stimme: "Paul, Paul."

Nichts. Dann zuckt Doris Schuh auf einmal zusammen. Ein grau-braunes Etwas kreuzt den Weg neben dem Wald. "Ist er das?" Es ist nur ein Hase, ein Känguru würde auffälliger hüpfen.

Indizien

Lisa hat inzwischen etwas Verdächtiges entdeckt. Auf der Wiese vor einem Maisfeld liegt eine Tierlosung, die noch recht frisch ist. "Das dürfte von Paul sein", vermutet die 15-Jährige. Und daneben: Pfotenabdrücke. Die hinteren zwei tiefer, die vorderen kaum zu sehen.

Känguru-Suche: "Paul" bleibt auf Tauchstation
Suche nach Känguru Paul in St. Oswald bei Haslach, Mühlviertel OÖ
Eineinhalb Stunden später senkt sich langsam die Sonne, ein kühlender Wind kommt auf. Paul hat sich noch immer nicht blicken lassen. Mutter und Tochter Schuh fahren ein paar Hundert Meter weiter Richtung Schwarzenbergischer Schwemmkanal. Dort, wo Martin Helmstedt beinahe über das Känguru gestolpert wäre.

Ehe Doris Schuh ihr Auto am Straßenrand abstellt, kommt sie mit ein paar Spaziergängern ins Gespräch. "Das Känguru haben wir auch nicht gesehen", sagt ein älterer Herr. Er leiht Frau Schuh sein Fernglas.

Mit dem Feldstecher tut man sich in der einsetzenden Dämmerung deutlich leichter. Eine schwarz-weiße Katze ist auf Mäusejagd, dann taucht ein hellbrauner Fleck aus einem Maisfeld auf. Wieder nicht Paul, sondern ein Rehbock.

Dann wird es dunkel. Mutter und Tochter Schuh brechen die Känguru-Pirsch ab. Aber sie kommen wieder. Paul kann sich ja nicht ewig versteckt halten.

Bereits seit zwei Wochen wird der im steirischen Mautern entwischte Grauwolf Fritzi gejagt – vorerst noch mit Lebendfallen und einem Narkosegewehr. Wolfsexperte Georg Rauer glaubt allerdings, dass das Tier aufgrund seiner Unerfahrenheit in freier Wildbahn gefährlich werden könnte.

"Probleme sind vorprogrammiert. Fritzi ist in freier Wildbahn hilflos", sagt Rauer. Nachdem der Wolf im Gehege des Wildparks Mautern Menschen gewohnt war, würde er sich auch jetzt in St. Margarethen bei Knittelfeld stets in deren Nähe aufhalten. Rauer: "Da ist es nicht auszuschließen, dass es zu kritischen Situationen kommt. Irgendwann wird Fritzi gestresst sein und könnte zur Gefahr für Menschen werden. Dann wird man kein Narkosegewehr, sondern ein echtes einsetzen müssen." Nach 42 Tagen in freier Wildbahn würde der Grauwolf übrigens auch laut Gesetz als Wildtier gelten und der Tierpark als Eigentümer wäre für ihn nicht mehr verantwortlich.

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