Hunde abgeholt: "Elmo" wurde "scharf" zum Schutzhund abgerichtet

Kerzen auf einer Straße
Tiere wurden den Züchterinnen abgenommen. Laut der Tierschutzorganisation Pfotenhilfe wurde der American Stafford "Elmo" scharf abgerichtet.

Erste Konsequenzen nach dem tödlichen Angriff des American Staffordshire Terriers "Elmo" auf eine Joggerin (60) in Oberösterreich. Am Dienstagabend wurden die vier Hunde der beiden Züchterinnen auf deren eigenen Wunsch abgeholt und an einen unbekannten Ort gebracht, vermutlich nach Wien. 

Die Behörden wollten keine genauen Angaben zum Aufenthaltsort der Tiere machen. Die Abnahme der Hunde soll aber auf eigenen Wunsch der Halterinnen erfolgt sein, hieß es von der Bezirkshauptmannschaft.

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Am Gemeindeamt zeigte man sich laut APA erleichtert, dass nun die gesamte Zucht auf dem Anwesen (vorerst) aufgegeben wurde. Dies sei ein wichtiger Beitrag, um den Nachbarn das Gefühl der Sicherheit vermitteln zu können. Dies gelte auch für des Kleinkind, das bei dem Paar lebe.

Arbeitsgruppe des Landes tagt

Der für Tierschutz zuständige Landesrat Michael Lindner (SPÖ) hat mitgeteilt, dass am Donnerstag erstmals die von ihm einberufene Arbeitsgruppe zur Evaluierung des oö. Hundehaltegesetzes tagt. Schon vor dem Treffen betonte er, externe Expertenmeinungen einzuholen, "damit es zu keinen Schnellschüssen kommt".

Ihm gehe es um die "fachliche Einschätzung" zu möglichen Verschärfungen beim Thema Leinen- und Beißkorbpflicht im öffentlichen Raum sowie die Ausweitung der Ausbildungserfordernisse vor Anschaffung eines Hundes.

Derzeit müssen alle künftigen Hundebesitzer in Oberösterreich einen sechsstündigen Sachkunde-Kurs absolvieren. Weiters gelte es zu prüfen, ob und wie eine Ausweitung von Regelungen "nach Kriterien wie beispielsweise der Beißkraft, Körpergewicht oder Körpergröße umsetzbar sind", umriss Lindner den Fragenkatalog für die Arbeitsgruppe.

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Ob die 37-jährige Züchterin, die bei dem Versuch, das Tier von der 60-Jährigen wegzuzerren, selbst verletzt und ins Linzer Uniklinikum eingeliefert wurde, inzwischen zum Vorfall befragt werden konnte, wusste die Pressestelle der Polizei Mittwochvormittag nicht.

Weiter offene Fragen zum Tathergang

Noch sind Fragen zum genauen Tathergang offen, die Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen die Besitzerin sind noch am Laufen. Der American Staffordshire - in manchen Bundesländern als Listenhund mit speziellen Haltevorschriften geführt - dürfte angeleint gewesen sein, trug jedoch keinen Maulkorb, was in Oberösterreich auch keine Pflicht ist.

In der Zwischenzeit wurden weitere Details zum Hund und den Halterinnen bekannt. Laut der Tierschutzorganisation "Pfotenhilfe" wurde das Tier als Schutzhund abgerichtet - und war dementsprechend scharf. Das beweisen Screenshots, die von der mittlerweile gelöschten Facebook-Seite "Of Hopeful Soul" gemacht wurden.

verschiedene Screenshots von "Elmo", der eine Joggerin tötete

"Elmo" wurde zum Schutzhund abgerichtet.

Pfotenhilfe-Chefin Johanna Stadler sieht die Schuld beim Menschen: "Jegliche Rassediskussionen erübrigen sich spätestens dadurch, waren aber auch davor immer schon überflüssig, weil es eben keine aggressiven Rassen gibt. Und daher verwenden wir auch die Bezeichnung Kampfhunderassen nicht", sagt Stadler. "Wenn es um Tiere geht, ist nach wie vor immer und ausschließlich der Mensch das Problem. Insbesondere dann, wenn er unschuldige Tiere zu lebenden Waffen macht."

Sie fordert Tierschutzminister Johannes Rauch auf, noch diesen Herbst ein längst überfälliges Verbot für Schutzhundeausbildung zu verhängen: "Zum Schutz von Tier und Mensch."

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Der KURIER hat bei Sascha Steiner, Hundeexperte von Dogprofi, nachgefragt. "Generell ist es so, dass diese Schutzhundeausbildung eigentlich dazu dient, Hunde sehr gut auszubilden. Das ist allerdings eine sehr sensible Ausbildung, die nur dann erfolgreich ist, wenn sie sehr professionell abläuft. Wenn diese Ausbildung inkonsequent absolviert wird, ist sie problematisch", sagt der Experte.

Die Schutzhundeausbildung hält er aber nicht für den ursächlichen Auslöser der Beißattacke: Diese sei eher auf das Beutefangverhalten des Tieres zurückzuführen, das bei Hunden immer vorhanden sei. Überraschend für ihn sei, dass auch die Halterin attackiert und schwer verletzt wurde.

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Auch die gewaltfreie Hundetrainerin und gerichtlich beeidete Sachverständige Ursula Aigner äußerte sich zum Thema: "Hunden beizubringen, Menschen zu beißen, sollte für Private endlich verboten werden. Die Verwechslungsgefahr ist zu groß: im Training soll er auf gewisse Bewegungen zubeißen, im Alltag nicht. Hunde sind Familienmitglieder und dürfen nicht als Statussymbol oder gar Waffe missbraucht werden."

Zadic verweist auf Rauch

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) verwies am Rande eines Pressegesprächs am Mittwoch in Wien darauf, dass das Sozialministerium bereits 2018 nach einem tödlichen Hundebiss in Wien versucht hatte, eine österreichweit einheitliche Regelung zu finden. Das sei nicht gelungen. Für Tierschutz ist Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch zuständig. "Es wäre schon notwendig, dass es eine einheitliche Regelung gibt", sagte Zadic.

Laut Pfotenhilfe brauche es eine Änderung des bundesweiten Tierschutzgesetzes für das Verbot von Schutzhundeausbildung. Im Wiener Tierhaltegesetz existiert so ein Verbot bereits seit 2014 und müsste einfach nur bundesweit im Tierschutzgesetz verankert werden:

  • "Schutzhundeausbildung § 8a. Die Ausbildung von Hunden zu Schutzzwecken (Schutzhundeausbildung) sowie sonstige vergleichbare Ausbildungen von Hunden, die ein gegen den Menschen gerichtetes Angriffsverhalten beinhalten, sind verboten. Dieses Verbot gilt nicht für die Ausbildung von Diensthunden des Bundes."

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Zudem fordert die Pfotenhilfe den Bürgermeister von Naarn auf, insbesondere angesichts dieser Tatsachen alle Möglichkeiten des oberösterreichischen Hundehaltegesetzes auszuschöpfen, bis hin zur Untersagung der Hundehaltung durch die Züchterinnen Kerstin und Martina N. mit ihrer Zuchtstätte "Of Hopeful Soul" in Naarn.

"Das Oö. Hundehaltegesetz braucht auch nicht evaluiert oder schon wieder verschärft werden, denn es bietet schon jetzt sehr viele Möglichkeiten - mehr als das Tierschutzgesetz", so Stadler weiter.

In § 9 heißt es etwa zur Untersagung der Hundehaltung auszugsweise:

  • (1) Die Gemeinde hat dem Hundehalter oder der Hundehalterin das Halten eines Hundes mit Bescheid zu untersagen, wenn
  • 6.der Halter oder die Halterin nicht in der Lage ist, einen Hund so zu halten, dass Gefährdungen oder unzumutbare Belästigungen von Menschen und Tieren abgewendet werden.

In der aktuellen Aussendung der Pfotenhilfe bricht Chefin Stadler aber eine Lanze für die sogenannten "Kampfhund": "Egal welche Rasse, ein Hund wird so, wie er aufwächst. Meine Tochter Aurelia hat sich vor einigen Jahren noch als Volksschulkind eines abgegebenen American Staffordshire-Rottweiler-Mischlingswelpen angenommen und ihn liebevoll aufgezogen. Die beiden sind seither unzertrennlich und ich traue mich ohne mit der Wimper zu zucken zu behaupten, dass Louis niemals dazu fähig wäre, einen Menschen zu verletzen - im Gegenteil begegnet er jedem Besucher unseres Tierschutzhofs so voller Liebe, dass man sich kaum wehren kann."

Vereinheitlichung für Ministerium "wünschenswert"

Das Ministerium von Rauch informierte, dass der Schutz von Menschen vor Gefahren, die sich aus der Tierhaltung ergeben, grundsätzlich in den Sicherheitsgesetzen der Länder geregelt sei. Die Frage der sicheren Verwahrung von Hunden sei somit Thema von sicherheitspolizeilichen Bestimmungen.

Eine Vereinheitlichung wäre "durchaus wünschenswert", da es auch eine Erleichterung für die Tierhalter bedeuten würde, hieß es weiter. Aber, so hieß es auch aus dem Ministeriumsbüro, entsprechende Versuche nach besagtem Vorfall 2018 über eine 15a-Vereinbarung einer einheitlichen Regelung zu erzielen, seinen "am Widerstand einzelner Bundesländer" gescheitert. Nach dem jüngsten tödlichen Angriff prüft man aber mögliche Maßnahmen, "etwa die Ausweitung von Sachkundenachweisen, um derartige Vorfälle zukünftig vermeiden zu können".

Nicht zielführend erscheint dem Ministerium das Modell der Listenhundegesetzgebung zu sein, "da die rassespezifische Gefährlichkeit von Hunden weder wissenschaftlich erwiesen noch durch zuverlässige Beißstatistiken belegt wird". Die Listen seien "zu einem guten Teil beliebig" und ihre Effektivität erscheine fraglich, weil es keine Hinweise gebe, wonach sich in Bundesländern - weder in deutschen noch in österreichischen - mit Listenhundegesetzgebung signifikant weniger Vorfälle ereignen als in jenen ohne Rasselisten.

Die ÖVP Oberösterreich spricht hingegen sehr wohl von "Kampfhunden". Klubobmann Christian Dörfel hält es für "dringend notwendig", die Regeln für den Umgang mit sogenannten Kampfhunden zu überdenken und die erforderlichen Änderungen schnellstmöglich vorzunehmen. Dazu zählt neben Beißkorbpflicht auch "die Verschärfung der Strafen für fahrlässige Kampfhundebesitzer". Einen entsprechenden Antrag der ÖVP kündigte er für den Landtag am Donnerstag an.

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