Die Polizei in Oberösterreich: Zwischen Aufklärung und Versagen
Andreas Pilsl ist Landespolizeidirektor in Oberösterreich, an der Kriminaldienstreform wirkte er federführend mit und saß bei der Präsentation vorigen Freitag mit Innenminister Gerhard Karner am Podium in Wien.
Daheim ging es zuletzt weniger ruhig zu. Drei große Themen haben dafür gesorgt, dass die Polizei Oberösterreich gerade in einem schlechten Licht erscheint – auch wenn die Statistik der Polizei in Oberösterreich sehr erfolgreiches Arbeiten bescheinigt hat.
So laufen im Fall des Escort-Mordes in Ternberg Ermittlungen gegen die Polizei wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Was ist also in den drei Fällen nicht ideal gelaufen, und wie ist aktuell der Stand der Ermittlungen?
Krawalle in Linz
Die Bilder gingen durch das Land – 129 Jugendliche, eingekesselt von der Polizei. „Verwaltungsrechtlich sind die Strafen erstattet“, sagt Pils. Dieser Einsatz sei auch vorbildlich abgelaufen, betont Pilsl. Und dass in der Nacht alle Identitäten festgestellt wurden, sei ein Vorteil gewesen. Für die Polizeiarbeit, aber auch in Sachen Prävention: „Es ist zu vielen Gesprächen mit Eltern gekommen, ich glaube, dass das bei einem großen Teil etwas bewirkt.“
Strafrechtliche Ermittlungen laufen noch. Illegale Böller, Flaschen oder Steine, die auf Polizisten geworfen werden, seien als schwere Körperverletzung zu werten: „Die Rädelsführer auszuforschen ist schwierig, weil es sich um Jugendlichen handelt, die besonderen Schutz genießen“, erklärt Pilsl. Die Community werde durchleuchtet, nach über 60 Einvernahmen habe sich ein Verdacht gegen rund zehn Personen herauskristallisiert.
Zusätzlich wurde eine Taskforce gegründet, um neue Möglichkeiten für die Polizeiarbeit in solchen Fällen zu definieren. Die Vorschläge werden demnächst dem Minister präsentiert.
Dabei gehe es um Datenaustausch, Anordnung von Gewaltschutztrainings oder um Anpassungen im Sicherheitspolizeigesetz, um gegen Jugendliche, die sich zum Krawallmachen verabreden, vorgehen zu können: „Man muss bei Leuten, die die Ordnung stören wollen und auf die staatlichen Organe losgehen, auch wenn man nur dabei ist, die Befähigung für vieles andere anzweifeln – etwa, ob derjenige verkehrstauglich ist.“ Konkret: So jemand solle keinen Führerschein erwerben dürfen.
Den Vorwurf des „Racial Profilings“ lässt er nicht gelten: „Die Bevölkerung erwartet, dass die Polizei etwas tut. Wenn die Polizei bei Kontrollen auf ausländische Jugendliche trifft, hat das damit zu tun, dass diese verstärkt unterwegs sind. Die werden nicht explizit gesucht, das ergibt sich. Eine Order dafür gibt es nicht.“
Escort-Mord in Ternberg
Diese Tat hat Österreich geschockt. Ein Mann hat eine Prostituierte brutal ermordet, die Polizei war in der Tatnacht vor Ort, hat weder Tatort noch Täter entdeckt.
Fehlt den Polizisten das kriminalistische Gespür? Pilsl: „Also zuerst ist einmal eine erwachsene Frau nicht nach Hause gekommen, die mit einem Bekannten mitgegangen sei, noch dazu mit einer falschen Adresse.“
Der Zuhälter sei vor Ort gewesen und habe sich der Polizei nicht zu erkennen gegeben: „Mitten in der Nacht haben die Kollegen nach dem Rechten geschaut. Nur war die Informationslage sehr dürftig.“ Dass es sich dabei um illegale Prostitution gehandelt habe, hätte die Lage erschwert.Nur ein Zufall hätte helfen können.
Der Akt ist beim Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) gelandet – im Interesse der Polizei, sagt Pilsl. Da sich die Staatsanwaltschaft Steyr für die Erhebungen zum Ablauf des Polizeieinsatzes für befangen erklärt hat, liegt der Akt bei der STA Wels.
„Die Untersuchung dieses Polizeieinsatzes wurde wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs von der STA Wels angeordnet“, bestätigt eine Sprecherin. Der Abschlussbericht liege noch nicht vor.
Der Fall Kellermayr
Die junge Ärztin Lisa-Maria Kellermayr aus Vöcklabruck in Oberösterreich, die nach massiven Drohungen Suizid verübt hat, beschäftigt weiterhin Polizei und Staatsanwaltschaften.
Die Polizei habe von Anfang an versucht, ihr die Angst zu nehmen, das sei nicht gelungen, sagt Pilsl. Mehr will er zum laufenden Fall nicht sagen. Zur Polizeiarbeit sagt er: „Ein Täter ist rasch gefunden worden. Und zwar von der Polizei.“
Die kritisierten Tweets verteidigt Pilsl: „Wir haben versucht, Dinge von beiden Seiten immer wieder richtigzustellen.“
In der Generalstaatsanwaltschaft München dauern die Ermittlungen gegen eine Person wegen „Bedrohung und Nachstellung“ wegen der Fülle der auszuwertenden Daten noch an, sagte Behördensprecher Klaus Ruhland.
Das Verfahren werde in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Wels geführt. Auch dort heißt es: Es sind noch viele Auswertungen durchzuführen.
Covid-Proteste und Klimakleber
Ordentlich gefordert war die Oberösterreichische Polizei in den vergangenen Jahren auch bei den Corona-Demonstrationen. 1.163 Demonstrationen hat es seit Ausbruch der Pandemie im Bundesland gegeben. Viele größer, mache kleiner. Laut Auskunft der Polizei wurden dabei 3.585 Anzeigen erstattet.
Und seit kurzem sind die Klimaproteste der Letzten Generation in die Bundesländer übersiedelt, auch nach Oberösterreich und Linz. Bei bislang vier Demonstrationen wurden zwölf Personen von der Polizei angezeigt.
Insgesamt beschäftigt die Polizei Oberösterreich 4.456 Personen, 4.063 davon in der Exekutive.
Der Frauenanteil liegt bei 22 Prozent
130 Polizistinnen und Polizisten sind außerhalb Oberösterreichs dienstzugeteilt
In Oberösterreich hat die Polizei 135 Dienststellen, 779 Fahrzeuge, 51 Motorräder, 7 Polizeiboote, 2.709 analoge und 2.752 digitale Funkgeräte
Im Jahr 2020 wurden 1.528 Festnahmen durchgeführt
Die Polizei hat in OÖ 251.830 Anonymverfügungen und 109.446 Strafverfügungen ausgestellt
298 Waffenverbote wurden ausgesprochen
Insgesamt wurden 59.832 Delikte angezeigt, das macht einen Anteil von 13,8 Prozent an der Gesamtkriminalität in Österreich aus
Die Aufklärungsquote ist in Oberösterreich auf 61,7 Prozent gestiegen - der bisher höchste Wert und der höchste Wert der großen Bundesländer Österreichs
Der Anteil ausländischer Verdächtiger ist im Jahr 2020 auf 33,7 Prozent gesunken, die meisten ausländischen Straftäter in Oberösterreich kommen aus Rumänien und Deutschland
830 Einbrüche in Wohnungen und Häuser wurden 2020 verzeichnet, 184 Autos wurden gestohlen
Signifikant gestiegen sind die Cybercrime-Fälle. 1.469 Fällen (2019: 764) stehen 395 Aufklärungen gegenüber (2019: 172)
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