Zu viele Ausflügler: Wie man Wanderer umlenken will
Müllberge, Trampelpfade in einst unberührter Natur, zugeparkte Wiesen und Siedlungen. Während der Lockdowns in den vergangenen zweieinhalb Jahren entdeckten die Menschen den Reiz der Ausflüge für sich, suchten Erholung in der Lobau oder dem Wienerwald. Die Massen, die dabei ins Grüne strömten, zeigten jedoch ungeschönt die negativen Seiten der Naherholung.
Viele Gebiete seien an die Grenzen ihrer sozialen und ökologischen Tragfähigkeit gekommen, erklärt Arne Arnberger vom Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung der BOKU Wien. Der Forscher untersucht derzeit im Auftrag des für die Gestaltung von gemeinsamen Erholungsgebieten zuständigen Vereins Niederösterreich-Wien die Naherholungsgebiete in und um die Stadt, damit künftig Besucherströme besser gesteuert werden können. Ziel ist eine Naherholungsstrategie, um nachhaltige Schäden an der Natur zu verhindern.
„Die Frage ist, wo gibt es Gebiete, die noch Kapazitäten haben und welche haben ihre Aufnahmegrenzen erreicht“, erklärt Arnberger. Erste Ergebnisse zeigen, dass neben den meisten Ausflugsgebieten in Wien auch der östliche Rand des Wienerwalds und die Thermenlinie zu den „Hot Spots“ gehören. Im Nationalpark Donau Auen wiederum sind Sandstrände an der Donau längst keine Geheimtipps mehr. Weiter entfernte Gebiete wie das Leithagebirge oder der Naturpark „Die Wüste“ in Mannersdorf sind hingegen noch nicht völlig ausgelastet.
Unwissenheit
„Das Bewusstsein ist noch nicht da, dass Naherholung Spuren hinterlassen kann“, meint Arnberger. Vielfach ist es einfach Unwissenheit der Besucher, die zu Problemen führt. „Es gab Bauern, die sich beschwert haben, dass Besucher ein Picknick auf der Wiese gemacht haben, zwei Tage, bevor sie gemäht werden sollte“, erzählt Andreas Weiß, Direktor des Biosphärenparks Wienerwald. Bleibe der Müll zurück, gerate er ins Futter der Tiere. Durch Wanderer abseits der Wege und in der Wiese parkende Autos kann zudem Naturraum zerstört werden.
Aktuelle Zahlen, wie viele Menschen sich tatsächlich in der Natur bewegen, gibt es kaum. Ältere Daten weisen etwa für den Wienerwald alleine bereits 1,2 Millionen Besucher pro Jahr aus.
Bei der Stadt Wien hat man daher bereits am Beginn der Pandemie genauer auf den Zustand und die Nutzer der Naherholungsgebiete geschaut. So wurden neue Stadtwanderwege angelegt, Bewusstseinskampagnen gestartet und aktiv Gebiete beworben, die nicht so frequentiert waren, wie etwa der Laaer Wald im 10. Bezirk. Zudem werden laufend weitere Gebiete geschaffen. Etwa im 22. Bezirk mit dem Norbert-Scheed-Wald oder der Neuen Lobau. Auch in Unterlaa wurde ein fünf Hektar großes Erholungsgebiet angelegt.
Zuletzt zeigte sich, dass die Ausflügler länger in der Natur verweilen: Statt wie früher 60 bis 90 Minuten sind es 120. Die Auswertung von Handydaten im Auftrag der MA 49, dem Wiener Forstamt, ergab zudem, dass jede Altersgruppe ihre Lieblingsdestinationen hat. So erholen sich die 20 bis 35-Jährigen am Wienerberg, während die 40 bis 50-Jährigen den Lainzer Tiergarten und die 55 bis 65-Jährigen die Lobau besuchen.
Eine weitere Studie der MA 22, Wiener Umweltschutzabteilung, erhebt zudem gerade, wie viele Menschen die Gebiete im Westen und Nord-Osten Wiens sowie die Lobau und den Bisamberg besuchen.
Gastro-Angebote
Die Erkenntnisse aus Wien fließen nun auch in die Erhebung von Forscher Arnberger ein. Auch in NÖ gibt es bereits Maßnahmen, die sich zur Besucherlenkung bewährt haben. Dazu gehört etwa die Einführung von kostenpflichtigen Parkplätzen oder Kurzparkzonen, wie in Laxenburg. In den Wäldern könnten weniger stark frequentierte Wanderrouten besser beschildert und beliebte Wege nicht mehr markiert werden. Etwas, das im Naturpark Föhrenberge überlegt wird.
Auch Bewusstseinsbildung gehört dazu. So informieren im Biosphärenpark regelmäßig Mitarbeiter Ausflügler und Biker über das richtige Verhalten im Wald. „Es gibt auch Ansätze, auf Online-Plattformen Naturschutzgebiete stärker auszuweisen“, so Biospärenpark-Chef Weiß.
Um Ausflüglern neue Regionen schmackhaft zu machen, ist laut Experten der Ausbau der Öffis, aber auch die Schaffung von gastronomischen Angeboten sinnvoll. „Der typische österreichische Naherholungsausflug endet im Gasthaus“, sagt Forscher Arnberger. Auch Förderprogramme für schwach besuchte Regionen sind denkbar.
Kommentare