Waldbrand im Rax-Gebiet: Brisanter Brief wegen Handydaten
Es war der größte Waldbrand der österreichischen Geschichte: Jenes Feuer in Hirschwang an der Rax (NÖ), das im Herbst des Vorjahres 13 Tage lang 9.000 Einsatzkräfte in Atem hielt. Klar ist: Der Schaden von 30 Millionen Euro hat keinen natürlichen Hintergrund.
Eine achtlos weggeworfene Zigarette oder ein illegales Lagerfeuer soll die Katastrophe ausgelöst haben. Rechtfertigt dieses verheerende Waldbrandinferno, dass die Handydaten aller möglichen Verursacher ausgewertet werden? Darüber ist ein heftiger Streit entbrannt.
Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vertritt eine klare juristische Meinung: Nein. Sie erntet dafür Unverständnis und Kritik – aus der Gesellschaft, von den Einsatzkräften und vonseiten des Bundeslandes Niederösterreich und der Stadt Wien als Grundeigentümer des abgebrannten Quellschutzwaldes in Hirschwang (Bezirk Neunkirchen).
Bei einem Fahrlässigkeitsdelikt wie einer weggeworfenen Zigarette fehle die rechtliche Grundlage für eine Funkzellenauswertung, so die Anklagebehörde. Damit gibt man sich allerdings nicht zufrieden. Im Gegenteil. Als verlängerter Arm der nö. Landesregierung hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen in der Causa einen Vorstoß gewagt.
Beschwerde
In einem zweiseitigen Schreiben an die leitende Staatsanwältin in Wiener Neustadt, Barbara Haider, hat die Neunkirchner Bezirkshauptfrau Alexandra Grabner-Fritz diese Woche ihrem Unbehagen über die fehlende Handyauswertung Luft gemacht. Eine Klärung des Infernos hätte vor allem generalpräventive Wirkung, um gegen solch ein achtloses Handeln vehement einzuschreiten, spricht Grabner-Fritz der Forstdirektion Wien und den politischen Vertretern aus der Seele.
Auch bei der Feuerwehr kann man nur schwer nachvollziehen, weshalb die Handydaten unangetastet bleiben sollen. Schließlich hätten die freiwilligen Helfer bei dem teils lebensgefährlichen Einsatz Kopf und Kragen riskiert. Es gab sogar 14 Verletzte.
„In dem Fall geht es nicht darum, einen Verursacher durch Schadenersatzforderungen finanziell zu ruinieren, sondern darum, ein Zeichen zu setzen, dass so ein unachtsames Handeln nicht ohne Konsequenzen bleibt“, erklärt Wiens Forstdirektor Andreas Januskovecz. Denselben Tenor hat auch das Schreiben der Bezirkshauptfrau.
Staatsanwältin Barbara Haider sieht den Brief nicht als Einflussnahme auf die unabhängige Justiz, sondern als Kritik: „Jeder kann sich über das Vorgehen der Justiz beschweren, das ist legitim.“ Sie werde deshalb ihrer Dienstaufsicht nachkommen und prüfen, ob es seitens der Behörde zu Ermittlungsfehlern gekommen ist. „Dem gehört nachgegangen. Das ist die Vorstufe zu einem Disziplinarverfahren“.
Rein rechtlich sei die Sache für die Staatsanwältin klar. Für eine Funkzellenauswertung benötige es ein Delikt mit einer Strafandrohung von mehr als einem Jahr, die fahrlässige Herbeiführung einer Feuersbrunst sei aber nur mit bis zu einem Jahr Haft bedroht.
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Die Kriminalpolizei, konkret das Landeskriminalamt Niederösterreich, hatte das ursprünglich anders gesehen und eine vorsätzliche Brandstiftung (Strafmaß bis zehn Jahre Haft) angezeigt. Die Grundlage dafür war, dass der eingesetzte Brandsachverständige eine „bedingte Vorsatztat“ nicht ausschließen konnte. Die Staatsanwaltschaft war anderer Meinung und führte die Ermittlungen nur wegen des Fahrlässigkeitsdeliktes.
Österreichs größter Waldbrand brach am 25. Oktober 2021 auf dem Mittagstein bei Hirschwang an der Rax in rund 1.000 Meter Seehöhe aus. Im Quellschutzgebiet der Stadt Wien wurde ein Waldstück so groß wie 160 Fußballfelder von den Flammen vernichtet.
13Tage lang kämpften 9.000 Einsatzkräfte gegen das Feuer. Im Zuge eines internationalen Hilfseinsatzes beteiligten sich auch Löschflugzeuge und Hubschrauber aus mehreren Ländern an der Brandbekämpfung. Der Ausbruch des Feuers wurde an einer Feuerstelle auf einem beliebten Aussichtsplatz lokalisiert. Es gibt Hinweise auf illegale Camper in diesem Bereich.
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