Waldbrand im Rax-Gebiet: Ministerium lässt nun doch Handydaten auswerten
Beinahe hat die Justiz die Frist verschlafen. Terminlich in allerletzter Sekunde spielt die Republik noch einen Ermittlungsjoker aus, um den größten Waldbrand der österreichischen Geschichte vielleicht doch noch zu einer Klärung zu führen. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien sowie das Justizministerium haben am Mittwoch, zwei Tage vor dem Ablauf der 6-monatigen Frist, doch noch eine Funkzellenanalyse der verwertbaren Handydaten vom Tatort in Hirschwang an der Rax (Bezirk Neunkirchen) angeordnet.
Die Brandermittler des nö. Landeskriminalamtes wollen mit den gespeicherten Daten der Handyanbieter heraus finden, wer sich zum Zeitpunkt des Brandausbruches zwischen dem 23. und 25. Oktober in dem entlegenen Waldgebiet aufgehalten hat. Wie berichtet, soll eine Zigarette oder ein illegales Lagerfeuer die Katastrophe ausgelöst haben.
30 Millionen Euro Schaden
Der volkswirtschaftliche Schaden nach dem Feuerinferno liegt bei mehr als 30 Millionen Euro. 13 Tage lang kämpften 9.000 Einsatzkräfte gegen den Brand. Im Zuge eines internationalen Hilfseinsatzes beteiligten sich Löschflugzeuge und Hubschrauber aus mehreren Staaten an der Brandbekämpfung im Katastrophengebiet. Brandermittler des nö. Landeskriminalamtes konnten zusammen mit Sachverständigen den Ausbruch der Flammen im Bereich einer illegalen Campingstelle auf einem beliebten Aussichtsfelsen am Mittagstein lokalisieren und am Tatort Spuren auswerten. Aus diesem Grund drängte die Kripo von Anfang an auf die Funkzellenauswertung. In dem entlegenen Tal könnte man damit den Kreis der Verdächtigen stark einschränken, heißt es von Seiten der Polizei.
Doch die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt sprach sich dagegen aus und erntete dafür Kritik – von den Einsatzkräften sowie von höchster offizieller Stelle aus NÖ und Wien. Die Bundeshauptstadt ist Grundeigentümer des abgebrannten Quellschutzwaldes. Bei einem Fahrlässigkeitsdelikt wie einer weggeworfenen Zigarette fehle die rechtliche Grundlage für eine Funkzellenauswertung, argumentierte die Anklagebehörde. Es benötige ein Delikt mit einem Strafausmaß von mehr als einem Jahr, was die fahrlässige Herbeiführung einer Feuersbrunst (§170 StGB) nicht ist.
Damit gab man sich allerdings nicht zufrieden. Als verlängerter Arm der nö. Landesregierung forderte die Bezirkshauptfrau von Neunkirchen, Alexandra Grabner-Fritz, die Justiz auf, alle Möglichkeiten in dem Fall auszuschöpfen. Derselben Meinung war auch die Forstdirektion Wien. Eine Klärung des Infernos hätte vor allem generalpräventive Wirkung, um gegen solch ein achtloses Handeln vehement einzuschreiten, so die Verantwortlichen. Der oder die Verursacher hatten sich gegen die geltende Waldbrandverordnung hinweg gesetzt.
Auf den letzten Drücker
Die Wünsche und Forderungen wurden – spät aber doch – von Justitia erhört. Auf Grund des öffentlichen Interesses und großen Drucks war die Angelegenheit von Wiener Neustadt an die Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA) übermittelt worden. Von dort erging bereits vor Wochen ein Vorhabensbericht an das Justizministerium.
Am Dienstag hieß es dazu noch auf Nachfrage des KURIER beim Ersten Oberstaatsanwalt, Michael Klackl, dass man noch immer auf eine Antwort aus dem Ministerium warte. Auf die Rufdaten könne nur 6 Monate zurück gegriffen werden und diese Frist ende bereits am Wochenende. „Wenn wir noch etwas machen wollen, wäre es allerhöchste Zeit“, so Klackl.
Am Mittwoch dann die Kehrtwende. Das Justizministerin von Alma Zadić ordnete Stunden nach der Anfrage die Funkzellenauswertung an, bestätigt Klackl. Über die OStA wurde die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt damit betraut, einen entsprechenden Antrag zu erlassen. Das Ministerium sieht den Anfangsverdacht der Brandstiftung (§169 StGB) gegeben. Bei einer Strafandrohung von bis zu zehn Jahren ist daher auch die Funkzellenauswertung möglich.
Wie Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, bestätigt, wurde das nö. Landeskriminalamt mit den neuen Erhebungen beauftragt.
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