Es sind viele Jahre vergangen, seit Boleslaw Sadus als Pfarrer im Weinviertel tätig war. Von 1975 bis 1990 lebte er als Priester in Gaubitsch, nicht weit von der Bezirkshauptstadt Mistelbach entfernt. Die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs, die so lange Zeit nach seiner Tätigkeit als Seelsorger gegen ihn erhoben werden, lassen die Verantwortlichen in der Gemeinde dennoch nicht kalt. Im Gegenteil, man ist sogar bemüht, zu einer Aufklärung beizutragen.
Eines steht fest: Sadus war der Gemeinde eng verbunden. Nach seiner Tätigkeit als Priester blieb er bis zu seinem Tod in Gaubitsch. Er wurde sogar dort beigesetzt, ganz in der Nähe der Kirche.
Besuch vom späteren Papst
Laut einem Bericht des polnischen Privatsenders TVN24 hat ihn mit Papst Johannes Paul II. ein freundschaftliches Verhältnis verbunden. Ein Hinweis darauf findet sich in einer Ortschronik; darin wird angeführt, dass der spätere Papst im Juni 1978 in Gaubitsch zu Besuch war und im Pfarrhof nächtigte.
„Ich habe Sadus gekannt, ich war damals Ministrant“, sagt der amtierende Bürgermeister der Gemeinde Gaubitsch, Franz Popp. Man hätte in der Gemeinde nichts von den Vorwürfen gewusst – umso überraschter war man, als vor wenigen Wochen ein Filmteam beim Gemeindeamt anklopfte und Informationen zu dem früheren Geistlichen erfragte. „Bei uns hat es keine Vorfälle oder Vorwürfe dieser Art gegeben“, sagt Popp. Er habe Sadus durchwegs positiv in Erinnerung, sowohl als Priester als auch als Religionslehrer in der Volksschule. „Er war immer sehr nett“, schildert der Ortchef.
Dass die Erzdiözese den Fall untersucht, ist dem Pfarrer der Gemeinde, Christian Wiesinger, zu verdanken. Als er von den Anschuldigungen gegen seinen Vorgänger erfuhr, informierte er die Verantwortlichen. „Es konnte nichts in den alten Akten gefunden werden. Auch der Untersuchungskommission ist dazu nichts bekannt“, erzählt Wiesinger über die bisherigen Ergebnisse. Zudem hat er das Gespräch mit jenen Bewohnern gesucht, die Sadus noch kannten; niemand konnte sich an Vorfälle erinnern, nicht einmal an entsprechendes Gemunkel. „Und mittlerweile hätte man keine Scheu mehr, über das Thema zu sprechen“, glaubt Wiesinger.
Laut der Unabhängigen Opferschutzkommission werden noch weitere Recherchen erfolgen, um den Fall aufzuklären. TVN24 gibt als Quellen unter anderem Unterlagen des kommunistischen Geheimdienstes an.
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