Missbrauch in der Kirche: "Ich schäme mich"

Missbrauch in der Kirche: "Ich schäme mich"
Papst Franziskus versteht, wenn sich die Jugend nach Missbrauchsskandal von der Kirche abwendet

Papst Franziskus hat die Missbrauchsskandale dafür mitverantwortlich gemacht, dass sich viele junge Leute von der katholischen Kirche abwenden. Viele Jugendliche würden die Kirche nicht mehr als einen bedeutsamen Gesprächspartner wahrnehmen, sagte der Pontifex bei seinem Besuch in Estland am Dienstag. „Ganz im Gegenteil, manche wollen ausdrücklich in Ruhe gelassen werden, denn sie empfinden die Präsenz der Kirche als lästig, ja unangenehm. Sie sind empört über die Skandale sexueller und finanzieller Art, denen gegenüber sie keine klare Verurteilung sehen.“

Harte Worte des Papstes in Tallinn. Auch in Deutschland beginnt das Aufräumen. „Ich schäme mich“, sagte Kardinal Reinhard Marx. Er sprach von „einem Wendepunkt für die katholische Kirche in Deutschland – und nicht nur in Deutschland“.

Bitte um Entschuldigung

„Allzulange ist in der Kirche Missbrauch geleugnet, weggeschaut und vertuscht worden. Für dieses Versagen und für allen Schmerz bitte ich um Entschuldigung“, erklärte Marx in Fulda bei der Vorstellung einer Studie, die den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch katholische Kleriker in den vergangenen Jahrzehnten umfangreich dokumentiert: Die wichtigsten Ergebnisse waren schon vorab bekannt geworden (der KURIER berichtete): Seit 1946 haben 1670 katholische Kleriker 3677 Minderjährige missbraucht. Die Dunkelziffern sind viel höher. Die Priester und Ordensleute wurden höchstens versetzt und nicht vor weltlichen Gerichten zur Verantwortung gezogen.

Entschädigung

Die Auseinandersetzung mit den Ereignissen und den Konsequenzen sei nicht abgeschlossen, sondern beginne jetzt, verspricht Kardinal Marx. Der Missbrauchsbeauftragte der deutschen Regierung, Johannes-Wilhelm Röring, forderte die katholische Kirche in Deutschland zu Entschädigungszahlungen auf. „Das ist noch eine offene Wunde.“ Die Studie ersetze auch keine strafrechtlichen Ermittlungen, auch wenn die meisten Fälle verjährt sind.

In Rom beginnt nächste Woche eine Bischofssynode, bei der das Thema Jugend im Zentrum steht. Dabei formieren sich die Papst-Gegner, die „in anmaßender Weise“, wie Paul Zulehner kritisiert, Franziskus’ Rücktritt fordern. Der Wiener Theologe hat eine Solidaritätsaktion „Pro Pope Francis“ gestartet. „Weil der Papst jetzt Rückenwind braucht.“

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