Eine Box zum Dampf ablassen in der St. Pöltner Innenstadt

Eine Box zum Dampf ablassen in der St. Pöltner Innenstadt
In der "Wutbox" können Reden aufgenommen werden. Autoren verarbeiten diese dann weiter.

Immer öfter hört man aktuell in der St. Pöltner Franziskanergasse 4 wutentbrannte Schreie. Sie alle kommen aus einer Box, die Anfang des Monats mit Blick Richtung Rathaus platziert wurde.

Und das ist auch gut so, denn die sogenannte „Wutbox“ ist explizit zum Dampf ablassen gedacht. „Es funktioniert wie ein privater Raum in der Öffentlichkeit“, erklärt Initiator Hermann Niklas vom Verein Sapere Aude.

Konstruktive Wut

Denn Wut ist laut dem Verein zur Förderung von Politischer Bildung essenziell, damit sich etwas verändert: „Wut hängt stark mit Grenzverletzung zusammen. Sie ist ein wichtiger Impuls, um zu sagen: ‚So passt das nicht‘“, so Niklas. Die Frage sei aber, wie man mit Wut umgeht: „Nutze ich sie partizipativ und konstruktiv, oder verliert sie ihre Kommunikationsfähigkeit und wird sie zu Hass?“, beschreibt der Initiator den schmalen Grat.

Damit die Wutbox nicht nur zum bloßen Dampf ablassen, sondern auch konstruktiv genutzt wird, können die Wutreden darin aufgezeichnet werden. Dafür muss lediglich ein QR-Code gescannt werden, der zur digitalen Wutbox – die auch einfach von zu Hause aus aufgerufen werden kann – führt. „Mit Wut kommt oft auch Frustration, deshalb haben wir online einen ‚Erste-Hilfe-Kasten‘ eingerichtet“, wird laut Hermann online auf Hilfsangebote verwiesen.

Wut weiter spinnen

Ausgewählte Audiofiles dieser zur Verfügung gestellten Wutreden werden vom Verein im Anschluss an das Projekt an zehn Autorinnen und Autoren weitergegeben.

Einer davon ist der gebürtige St. Pöltner Michael Ziegelwagner: „Blinde Wut oder gerechter Zorn, notwendiges Ventil oder Hassrede, Zerstörung oder Klärung: Wo gewütet wird, geht es ambivalent zu“, findet der Schriftsteller das Thema interessant.

Er und seine Kollegen werden die Wutreden, nachdem die Box Ende des Monats abgebaut ist, weiterspinnen und künstlerisch verarbeiten. Die Ergebnisse werden dann beim Festival Blätterwirbel am 16. Oktober im Stadtmuseum präsentiert. Begleitend werden im Projektzeitraum auch Wut-Workshops an Schulen abgehalten. „Die Wut der Jugendlichen richtete sich vor allem gegen die aktuellen Krisen-Themen“, gibt der Initiator Einblicke.

Am Ende des Projekts soll es einen Workshop mit den Jugendlichen und politischen Entscheidungsträgern St. Pöltens geben, um zu zeigen, was mit dieser Wut politisch geschehen kann. Infos: xpe.at/wutbox

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