Nach Gefängnisausbruch: Anführer der Rammbock-Bande noch immer flüchtig


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Der 29-Jährige sei „nach wie vor auf der Flucht“, teilte die Landespolizeidirektion Niederösterreich in einer Aussendung am Mittwochvormittag mit.
Zudem wurden drei neue Fahndungsfotos des Hauptverdächtigen, die aus der Justizanstalt stammen, veröffentlicht. Die Polizei bittet die Bevölkerung erneut unter der Telefonnummer 059133-30-3333 um Hinweise zum Aufenthalt des Niederländers.
Der Haupttäter der "Rammbock-Bande", die im Jahr 2023 mehrere spektakuläre Raubüberfälle verübte, ist am 10. Februar kurz vor 8 Uhr aus der Justizanstalt Wiener Neustadt geflohen. Seither läuft die Suche nach dem 29-Jährigen auf Hochtouren, bisher jedoch ohne Erfolg.
Den Erhebungen in der Justizanstalt zufolge hat der 29-jährige schwerkriminelle Holländer eine Sicherheitslücke genutzt, um aus dem Häfen zu türmen. Er soll mehrere Hilfsmittel wie Hantelstangen und Gewichte dazu verwendet haben, um eine Abzugsklappe in der Decke aufzubrechen. Durch diese Öffnung soll er schließlich auf ein Flachdach der Anstalt geklettert sein. "Die Umstände des Ausbruches werden derzeit gründlich geprüft. Aus Sicherheitsgründen der ist es nicht möglich, hier detailliertere Angaben zu machen“, hieß es vonseiten des Justizministeriums.
Alarmfahndung ohne Erfolg
Man wolle bewusst nicht auf Details eingehen, um auch die Sicherheit in anderen Strafanstalten zu gewährleisten. Dass der 29-jährige Insasse mithilfe eines Stahlseils aus dem Turntrakt entkommen sei, wie Montagvormittag noch intern kolportiert wurde, schloss die Sprecherin aus.
In der Haftanstalt glaubt man jedenfalls, dass die Flucht von langer Hand geplant war. Von einem Flachdach aus soll der 30-Jährige schließlich auf die Maximiliangasse gesprungen und anschließend in Richtung Bahnhof geflüchtet sein. Justizwachebeamte seien dem Insassen noch nachgeeilt, sagte Sina Bründler, Ressortsprecherin des Justizministeriums.
Sofort nach dem Bemerken des Ausbruchs wurde gegen 8 Uhr Früh im Stadtgebiet von Wiener Neustadt eine Alarmfahndung nach dem Häftling ausgelöst. Dabei standen laut Polizei 13 Streifen und Polizei-Suchhunde im Einsatz, allerdings ohne den gewünschten Erfolg.
Hinweise zum Aufenthaltsort des 29-Jährigen, die auch vertraulich behandelt werden, sind an das Landeskriminalamt Niederösterreich (Tel.: 059133-30-3333) zu richten.
Die Rammbock-Bande hatte mit ihren spektakulären Coups im vergangenen Jahr für viele Schlagzeilen gesorgt: Sie hatten es dabei vor allem auf Juweliere in Einkaufszentren abgesehen.
Fluchtfahrzeuge angezündet
Als "Rammbock" eingesetzt wurden bei den Einbrüchen in der SCS und im Donauzentrum zuvor gestohlene Autos. Vitrinen wurden mit Maurerfäustel und Brecheisen eingeschlagen, mit Schmuck suchten die Kriminellen das Weite. Die Fluchtfahrzeuge dafür waren jeweils gestohlen und wurden nach den Coups in Brand gesteckt.
Die Bande fokussierte sich aber nicht nur auf Juweliere: In Markgrafneusiedl (Bezirk Gänserndorf) etwa sprengten die Männer auch einen Geldausgabeautomat. Der Schaden: rund 500.000 Euro.
Nach monatelangen Ermittlungen konnten die Ermittler schließlich vier Verdächtige ausforschen, drei davon waren an den meisten Coups beteiligt, der vierte bei einem Überfall. Sie standen seit Anfang September in Wiener Neustadt vor Gericht - und bekannten sich teilweise schuldig. Zwei Männer aus den Niederlanden waren laut Staatsanwaltschaft Mitglieder einer international agierenden Gruppierung, die in Deutschland und Nachbarländern aktiv ist.
Äußerste Brutalität
Bei den Taten gingen die Angeklagten der Staatanwaltschaft zufolge "mit äußerster Rücksichtslosigkeit und Brutalität vor". Ein ebenfalls angeklagter Bulgare soll ab Mai des Vorjahres den Niederländern seine Wohnung als Stützpunkt zur Verfügung gestellt und unter anderem auch Chauffeurdienste geleistet haben.
Die Angeklagten zeigten sich damals nur teilweise geständig. Zu dem Einbruchdiebstahl in der SCS in Vösendorf am 22. Mai 2023 und im Donauzentrum in Wien am 20. Juni bekannten sie sich etwa nicht. In der SCS wurde eine Notausgangstür aufgezwängt, danach soll einer der beiden mit einem Auto in das Einkaufszentrum eingefahren sein und das Rolltor gerammt haben. Im Einkaufszentrum schlug die Bande anschließend Vitrinen eines Juweliergeschäfts ein und nahm Schmuck wie Ringe, Ketten und Anhänger im Wert von rund 150.000 Euro mit.
Hohe Schadenssummen
Im Donauzentrum wurde eine Glasschiebetür und die Auslagenscheibe gerammt. Hier sollen die Niederländer mit Diebesgut im Wert von circa 180.000 Euro entkommen sein. Erste DNA-Auswertungen nach einem Coup im Juni in Wiener Neustadt brachten die Ermittler schließlich auf die Spur eines Verdächtigen.
Nach der Sprengung des Bankomaten konnten schließlich drei Tatverdächtige in der Wohnung des Bulgaren festgenommen werden. Im Zuge einer Durchsuchung wurden im Kellerabteil vorbereitete Sprengsätze und Autokennzeichen gefunden. Der vierte Mann der Bande wurde kurz darauf festgenommen.
Die drei Niederländer hatten vergangenen Oktober nicht rechtskräftige Freiheitsstrafen im Ausmaß von 20 Monaten bis neun Jahren erhalten. Ein Bulgare, der überwiegend als Beitragstäter fungiert haben soll, wurde nicht rechtskräftig zu 30 Monaten, davon 20 Monate bedingt, verurteilt
Skandalvideo von "Häfn-Party"
Es ist nicht das erste Mal, dass die Justizanstalt Wiener Neustadt in die Schlagzeilen gerät. Vor vier Jahren war es zu einem Skandal gekommen, als Häftlinge eine wilde „Häfn-Party“ mit Alkohol feierten und diese live in Sozialen Medien streamten. 57 Minuten konnte man den Inhaftierten beim Trinkgelage zusehen.
Party in der JA Wiener Neustadt
Dass die Zustände im Häfn zunächst unbemerkt geblieben sind, war laut Justizwachebeamten aus dem Haus der angespannten Personalsituation geschuldet. Auf 40 Häftlinge in zwei Gruppen im gelockerten Vollzug komme ein Justizwachebeamter. Ist nicht gerade ein Kontrollgang, haben die Häftlinge in der Wohngruppe „Narrenfreiheit“, packte ein Insider damals aus. Die Zustände seien desaströs, das Gefängnis keine Haftanstalt, sondern ein „Mädchenpensionat“, hieß es damals gegenüber dem KURIER.
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