Novemberpogrome: 230 Namen erlöschen wie vor 85 Jahren

Die Synagoge in Wiener Neustadt wurde vor 85 Jahren angegriffen und schwer beschädigt
Besondere Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Novemberpogrome 1938 in Wiener Neustadt. Historiker hat die Geschichte der Judenverfolgung in der Region wissenschaftlich aufgearbeitet.

Es sind 230 Opfer der Shoah, derer man auf ganz besondere Art und Weise gedenkt. So wie ihre Leben von den Nationalsozialisten ausgelöscht wurden, erlöschen ihre Namen in der Nacht auf Freitag auf der Leinwand vor dem Museum St. Peter an der Sperr in Wiener Neustadt.

Das „Digitale Erinnern“ an die namentlich genannten 230 Juden aus der Stadt ist Teil der großen Gedenkveranstaltung am 9. November zum 85. Jahrestag der „Reichskristallnacht“. Es war damals nicht nur der Auftakt der „Arisierung“, sondern ein Höhepunkt der Verfolgung und Vertreibung 1938.

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„Bewusst wird deshalb genau am 9. November in Wiener Neustadt an die Novemberpogrome in unterschiedlicher Form erinnert“, erklärt Werner Sulzgruber. Der Historiker und Pädagoge widmet sich seit fast 30 Jahren der jüdischen Geschichte der Region. Er hat zahlreiche Publikationen (www.juedische-gemeinde-wn.at) dazu veröffentlicht und war zuletzt wissenschaftlicher Leiter des Forschungsprojekts über die „Geschichte der jüdischen Bevölkerung in der Buckligen Welt/Wechselland“.

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„Man kann nur einer Sache gedenken, wenn man die Geschichte auch kennt und den Background hat“, sagt Sulzgruber. Deshalb werde zum Jahrestag an die Pogrome in unterschiedlicher Form erinnert und über die Geschichte und Schicksale der Opfer erzählt.

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Zeitzeugen

Wie der Historiker über Jahrzehnte in Archiven, mit vielen Zeitzeugen und aufwendiger Recherche aufgearbeitet hat, wurden in der Reichskristallnacht mehrere Nationalsozialisten von der Parteileitung zu einem Fackelzug zum Baumkirchnerring in Wiener Neustadt abkommandiert.

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Teile der Gebäudefront, die Fenster und die Inneneinrichtung der jüdischen Synagoge wurden schwer beschädigt oder vollständig zerstört, so Sulzgruber. Die Synagoge wurde nur deshalb nicht in Brand gesteckt, weil Bürgermeister Dr. Scheidtenberger das Gebäude noch nutzen wollte, fand der Historiker heraus.

Wohnungen geplündert

Am 10. November wurden jüdische Männer, Frauen und Kinder von Männern der Sturmabteilung gesammelt und zu Fuß durch die Straßen der Stadt zur Synagoge getrieben und ihre Wohnungen geplündert.

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In einem stark visualisierten Vortrag Donnerstagabend im Gläsernen Saal des BORG (19 Uhr, Eintritt: freie Spenden) werden Briefe und Dokumente der damaligen Opfer nachgesprochen und so ihr Schicksal bekannt gemacht. In den frühen Morgenstunden werden die Namen der 230 Shoah-Opfer auf der Leinwand zur Gänze verschwinden.

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