Messermorde: Staatsanwaltschaft für schärferes Waffenrecht
Sie liegen in jeder Bestecklade, in jedem Baumarkt gibt es sie in allen Ausführungen – und frei erwerblich sind sie sowieso. Das Messer ist in Österreich zur gefährlichsten und meist verwendeten Tatwaffe mutiert. Bei fast zwei Drittel aller Tötungsdelikte und Mordversuche ist aktuell eine Stichwaffe im Spiel.
Nach genauer Analyse von 16 Bluttaten in Niederösterreich kommt nun erstmals auch von Seiten der Staatsanwaltschaft die Forderung nach einer Verschärfung des bestehenden Waffengesetzes. Die Fälle, die von der Behörde seit Anfang 2019 ermittelt und untersucht wurden, zeigen Handlungsbedarf, hieß es am Freitag von Seiten der Staatsanwaltschaft in Wiener Neustadt.
Keine Hemmungen
Von den 16 Morden und Mordversuchen, die sich im Zeitraum seit Jänner 2019 bis jetzt im Gerichtssprengel der Ermittlungs- und Anklagebehörde ereignet haben, wurden elf mit einem Messer verübt. Die Gesamtzahl der blutigen Angriffe mit Stichwaffen ist noch weit höher. Es kommen noch jene Fälle dazu, bei denen kein Tötungsvorsatz erkannt und „nur“ Anklage wegen absichtlich schwerer Körperverletzung erhoben wurde. „Die Fälle zeigen, dass die Hemmschwelle für den Einsatz eines Messers deutlich gesunken ist. Schon nichtige und völlig unbedeutende Gründe haben hier schon Angriffe ausgelöst“, erklärt die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, Barbara Haider.
Für sie ist das Messer „bereits die gefährlichste Waffe. Als Opfer kann man einem Angriff nur schwer entgehen“, sagt sie. Die geltende Gesetzeslage müsse deshalb überdacht werden. Ein für die Staatsanwaltschaft „bemerkenswerter Umstand“ ist beispielsweise, dass ein Gefährder, über den ein Waffenverbot verhängt wurde, nach geltender Rechtslage zwar keinen Pfefferspray, dafür aber ein großes Messer bei sich tragen darf.
Ein Lösungsansatz zur Entschärfung der oftmals lebensbedrohlichen Folgen von Messerattacken wäre für die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ein Verbot für das Mitführen von Messern ab einer bestimmten Klingenlänge, wie es beispielsweise in Deutschland schon der Fall ist. Darüber denkt man im Innen- und Justizministerium spätestens seit dem Ergebnis der SOKO Frauenmorde nach. Eine Expertengruppe bestehend aus Polizisten, Kriminalpsychologen und Experten des Instituts für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien hatte im Vorjahr eine Serie von 55 geklärten Mordfällen im Zeitraum zwischen Jänner 2018 und Jänner 2019 untersucht.
Zwei Drittel Frauen
66 Prozent der Opfer waren Frauen. In 92 Prozent der Fälle gab es ein Naheverhältnis zwischen Opfer und Täter. Auch bei dieser Analyse geriet das Messer als Tatwaffe in den Fokus. In knapp 60 Prozent der untersuchten Fälle war es eine Stichwaffe.
Da laut dem Direktor des Bundeskriminalamtes, Franz Lang, Messer im österreichischen Waffenrecht „nur bedingt erfasst“ sind, müsse man sich für die Zukunft diese Thematik ganz genau ansehen. Während bei den sogenannten Beziehungstaten im Wohnbereich zum Großteil Küchenmesser verwendet wurden, sind bei Bluttaten außerhalb oft Klapp-, Hieb- und Stichmesser im Einsatz. In fünf Jahren waren es 18 Morde im öffentlichen Raum die mit einem solchen Tatwerkzeug begangen wurden. Genau hier könne man laut Bundeskriminalamt mit verschärften Gesetzen anknüpfen und Einhandmesser ab einer gewissen Klingenlänge zur verbotenen Waffe machen.
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