Skigebiete: Massenansturm auch ohne Liftbetrieb
Es ist nur ein kleiner Vorgeschmack darauf, was den Wien-nahen Skigebieten ab kommender Woche bevorsteht. Obwohl die Skilifte erst am 24. Dezember ihren Betrieb aufnehmen, können sich manche Regionen vor dem Ansturm Freizeitsuchender, Tourengeher, Rodler oder Winterwanderer kaum noch erwehren. Wie es die Webcams einzelner Destinationen in Niederösterreich und der Oststeiermark zeigen, wird es auch mit den Abstandsregeln nicht so genau genommen.
Für die Touristiker ein absoluter Albtraum, verbringt man doch schon Wochen damit, Sicherheitskonzepte für ein corona-freies Skivergnügen zu entwickeln. "Es ist grenzwertig, was in den vergangenen Tagen los war. Wo bleibt die Eigenverantwortung der Menschen? Am Sonntag waren Hunderte gleichzeitig mit Kindern auf der Ski- und Rodelwiese", schildert der Betreiber des Happylifts auf der Semmeringer Passhöhe, Joe Latzelsperger.
Lifttrasse als WC
Da die Hütten und Lokale geschlossen haben und es nur ein öffentliches WC in der Nähe gibt, verrichteten die Menschen ihre Notdurft einfach auf der Lifttrasse oder gleich daneben im Wald. Nicht viel besser war es am vergangenen Wochenende auf den Pisten des verschneiten Jauerling im Waldviertel, wo die Massen dicht gedrängt die Winterfreuden auskosteten.
Das taten verbotener Weise in den vergangenen Tagen auch massenhaft Pistengeher mit Tourenausrüstung am Wechsel. Mehrere hundert Personen ignorierten in der Skischaukel Mönichkirchen-Mariensee die verhängte Pistensperre zum Zwecke der Präparierung. "Es herrscht eine derartige Respektlosigkeit und Ignoranz bei den Leuten, das ist unvorstellbar. Wenn man gerne beschimpft werden möchte, muss man sich nur zum Parkplatz stellen und auf die Pistensperre aufmerksam machen", sagt der Geschäftsführer der Bergbahnen, Gerald Gabauer. Die Fahrer der Pistengeräte berichten laufend von lebensbedrohlichen Situationen, weil sie wegen der eingeschränkten Sicht die Tourengeher erst sehr spät wahrnehmen.
Um die Lage zu entschärfen, wurden ab dem 24. Dezember zwei ausgewiesene Tourengehabende nach Liftschluss eingeführt. Montag und Donnerstag wird das Skigebiet gegen eine Park- und Benützungsgebühr von neun Euro (Saisonkarte 140 Euro) für die Tourengeher geöffnet.
"Jahrelang gab es die Forderung danach. Kaum haben wir die Aktion beworben, ist die Hölle ausgebrochen. Wir werden bombardiert, wieso wir eine Gebühr verlangen. Ich frage mich, wo das alles noch hinführt", klagt Gabauer. Hunderttausende Euro werden in Beschneiung, Präparierung und die Infrastruktur investiert. Da sei es doch legitim, eine Gebühr zu verlangen. In den sozialen Medien gehen seit der Ankündigung die Wogen hoch. Besonders die neun Euro für das Tagesticket stoßen vielen Tourensportlern sauer auf.
"In Schladming auf der Planai ist es mit 5 Euro billiger und man hat weit mehr Angebot", schreibt ein erboster Pistengeher auf Facebook.
Mit der Problematik des ausufernden Tourengehens im Skigebiet steht Mönichkirchen nicht alleine da. Erst vergangene Woche brach ein Shitstorm über das Skigebiet Stuhleck am Semmering herein, weil man Tourengeher, die den gesperrten Parkplatz benutzten, mit 75-Euro-Strafen oder Besitzstörungsklagen eindeckte. Die Pisten waren gesperrt, um sie für den heiß ersehnten Saisonstart am 24. Dezember in Schuss zu bringen. Undisziplinierte missachteten jedoch die Sperre. "Die Gefahr, dass jemand verletzt wird oder stirbt, ist einfach zu groß. Aber die Leute nehmen das einfach nicht ernst", so Geschäftsführer Fabrice Girardoni.
Tourengeher
Ein anderes Skigebiet in Niederösterreich setzt ganz bewusst auf das Klientel der Tourengeher. Die Annaberger Lifte, die ein beliebtes Naherholungszentrum für den nö. Zentralraum sind, bieten Tourengehern, Rodlern und anderen Schneehungrigen eine Art Deal an. Kommenden Samstag und Sonntag sind alle eingeladen die Pisten unentgeltlich für ihren Lieblingssport, allerdings in Eigenverantwortung, zu nutzen. Dafür wird klar gefordert, die Pistensperren an allen anderen Tagen zu akzeptieren. Vor allem am morgigen Freitag, aber auch von nächsten Montag bis Mittwoch sind die Pisten tabu, weil da die Pistengeräte verstärkt unterwegs sein werden.
Ab dem Liftstart am Heiligen Abend wird dann in Annaberg an Tourengeher eine Tageskarte um sechs Euro ausgegeben. Auch eine Saisonkarte um 65 Euro im Verbund mit den Nachbarskigebieten Gemeindealpe in Mitterbach und Bürgeralpe bei Mariazell wird aufgelegt.
Schmerzliche Liftregeln
Ab 24. Dezember dürfen die Skigebiete öffnen und seit Mittwoch sind, zum Leidwesen der Betreiber, neue Spielregeln bekannt. Im Hauptausschuss des Nationalrats wurde die Weihnachtsverordnung beschlossen. Darin wird die Personenbeförderung in geschlossenen Fahrbetriebsmitteln wie Gondelbahnen auf die halbe Kapazität beschränkt. Dazu zählen nun auch Sessellifte mit Schutzhaube. Ein Umstand, der besonders das in Ostösterreich beliebte Skigebiet Stuhleck am Semmering hart treffen wird, wo es einige solcher Sessellifte gibt. Weil heuer zu Weihnachten keine klassischen Skiurlaube möglich sind, wird vor allem auf die Tagesausflugsgebiete nahe der Ballungszentren ein noch nie da gewesener Ansturm zukommen. Die berechnete Nachfrage ist in etwa zehnmal so groß wie die Kapazität. "Wir müssen die Kontingente Corona-bedingt reduzieren. Um gewisse Spitzen abzufedern, werden die Öffnungszeiten verlängert", sagt der Chef der NÖ-Bergbahnen, Markus Redl. Da sich wegen der Sperre der Hütten die Aufenthaltsdauer der Gäste reduzieren wird, sollen Vormittags- und Nachmittagsangebote forciert werden. Nur wer Tickets vorab online bucht, wird auch die Garantie auf das Skivergnügen haben. In einer Konferenz der Wien-nahen Skigebiete und der verantwortlichen Behörden am Mittwoch, wurde sogar darüber diskutiert nur Besucher mit gültigem Ticket zu den Parkplätzen der Skizentren zufahren zu lassen.
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