Fünf Tote durch Listerien: Käserei-Chef will „Höchststrafe“
Fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung. Schwer wiegen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegen den ehemaligen Chef der mittlerweile behördlich geschlossenen Käserei Gloggnitz im Bezirk Neunkirchen. Fünf Menschen waren aufgrund von Verunreinigungen der Milchprodukte durch Listerien gestorben, sechs weitere trugen teils lebenslange Folgeschäden davon.
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Etwa ein ehemaliger Hobbysportler, der nach dem Genuss von „Kajmak“ aus dem Gloggnitzer Betrieb nun mit irreparablen Gehirnschäden und Sehstörungen an den Rollstuhl gefesselt ist und nur noch über eine Sonde ernährt werden kann. Bei einem weiteren Opfer lösten die durch angebliche Hygienemängel in die Milchprodukte gelangten Bakterien eine Frühgeburt aus.
Und doch sah der Angeklagte am ersten Prozesstag im September keine Schuld bei sich. Es habe nie Hygieneprobleme gegeben, behauptete er – stand mit dieser Meinung allerdings alleine da. Seit 2018 waren eine Reihe von Beanstandungen vom zuständigen Lebensmittelinspektor dokumentiert worden. Mehr als 800 Seiten umfassen diese Berichte.
Bauliche Mängel
Dabei sei es aber nur um die Gerätschaften gegangen, erzählte der 39-jährige Serbe vor Gericht. Die nötige Ausbildung zur Führung einer Käserei fehlte dem Mann. Er war zuvor für die Wartung der Maschinen in einem fleischverarbeitenden Betrieb zuständig gewesen. Nachweise für Hygiene-Fortbildungen blieb er schuldig.
Auf die Idee, sich selbstständig zu machen sei er gekommen, weil sein Onkel in Serbien eine Käserei betrieben habe. Eine alte Fleischerei wurde umgebaut – mit Mängeln. Dies bestätigte am zweiten Prozesstag der Lebensmittelinspektor. „Es war überhaupt sehr schwierig, eine Kontrolle durchzuführen. Ich war mehrmals dort, konnte aber nicht in den Betrieb hinein“, schilderte er. Bei seinen Besuchen habe er dann immer wieder Mängel festgestellt. „Sie wurden in den letzten Jahren mehr, was wahrscheinlich auf Corona und die rückgängigen Umsätze in der Käserei zurückzuführen war“, vermutete er.
Keine Kühlung
Zum Ausliefern der Ware seien laut Zeugen zwei Kühltransporter verwendet worden – bei einem davon sei nicht klar gewesen, ob die Kühlung auch funktionierte. Außerdem ein Fahrzeug, das nur über eine Isolierung, aber keine aktive Kühlung verfügte. Ob dies ausreiche, um die Kühlkette sicherzustellen, wollte die Richterin wissen. Vielleicht im Winter, meinte der Lebensmittelinspektor, im Sommer nicht.
Nach Erkrankungen und Todesfällen in Wien verfolgte die Agentur für Lebensmittelsicherheit (AGES) die Spuren nach Gloggnitz zurück. Der festgestellte Listerienstamm sei nur in der Käserei und bei den Erkrankten nachweisbar gewesen, stellte man fest. Ein Abgleich internationaler Datenbanken zeigte außerdem, dass der spezifische Erreger nirgendwo sonst auftrat.
Der Beschuldigte erschien zum Prozess am Donnerstag ohne Verteidiger. Er wolle keine weiteren Angaben mehr machen, ließ er ausrichten: „Ich ersuche das Gericht, mich zur Höchststrafe zu verurteilen, damit wir das beenden.“
Haltbarkeitsdatum überschritten?
Vorerst wurde dieser Wunsch nicht erfüllt, die Verhandlung wird am 9. Jänner mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt. Denn der 39-Jährige hatte dann doch noch einmal das Wort ergriffen. Erkrankungen nach dem Genuss von Produkten aus seinem Betrieb in einem Wiener Lokal seien nicht auf Hygienemängel in Gloggnitz zurückzuführen, versicherte er. Vielmehr habe man in dem Lokal Waren auch nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum verkauft. Dazu soll nun ein Verantwortlicher des inzwischen geschlossenen Restaurants befragt werden. Auch ein medizinisches Gutachten wird im Jänner Thema sein.
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