Exotenreich: Kleine Dinos aus dem Waldviertel
Während draußen der November regiert, ist es in Christopher Siegls „Wüstenraum“ in Jagenbach (Bezirk Zwettl) heiß. 28 Grad heiß. „Im Sommer hat es 40 Grad und unter den Lampen sind es immer 50“, erzählt der 30-Jährige. Während sich bei einem selbst die Schweißperlen bilden, liegen sie unter diesen Lampen.
In Terrarien links Dornschwanzagame, Dinosaurier im Kleinformat – etwa 40 Zentimeter lang – schwarz mit orangen oder gelben Streifen. In einem anderen auf der rechten Seite entspannen größere auf Baumästen. „Das sind Kragenechsen, ich bin der Einzige, der sie in Österreich züchtet“, erklärt Siegl. Sie werden etwa einen Meter groß, um die 15 Jahre alt und können ihren Kragen wie einen Regenschirm aufspannen.
„Wahnsinnig interessante Tiere, ihre Mimik und Gestik könnte ich stundenlang beobachten. Sie wissen genau, dass wir zu zweit da sind, sie nehmen Vibrationen wahr“, erläutert er – sie spüren also, wenn sich vier, statt den gewohnten zwei Beinen nähern.
"Lizard Lounge"
Der Betreiber der „Lizard Lounge“ gibt weitere Einblicke ins Leben seiner „Mitbewohner“. Wie viele er hat? „An die 80“, sagt er (nicht mitgezählt: die etwa 40.000 Brasilianischen Blattschneiderameisen, seine Kolonie im Untergeschoß des Einfamilienhauses).
Mit zwölf Jahren hat er sein erstes Terrarium bekommen, mit 15 hat er zu züchten begonnen und heuer hat er vom Krankenpfleger ganz auf den Handel mit Exoten – oder was landläufig so bezeichnet wird – umgesattelt. „Alle Haustiere sind Exoten, auch ein Meerschweinchen ist ein Exot und nicht bei uns heimisch“, sagt Siegl. So etwas gibt es aber nicht bei ihm.
Dafür Skorpione, Springspinnen, Gottesanbeterinnen, Pfeilgiftfrösche, Chamäleons, Bartagame, Geckos, Achatschnecken und noch einiges mehr. „Keines von meinen Tieren ist giftiger als eine Biene. Für mich ist wichtig, dass man nichts zu Hause hat, was einen schwer verletzen kann“, betont der Waldviertler Händler, der in Niederösterreich wohl über die größte Artenvielfalt verfügt, die er als Zoofachhändler online vertreibt.
Wichtige Überlegungen
Jedes seiner Tiere, der Großteil ist in eigens dafür ausgestatteten Kellerräumlichkeiten untergebracht, ist eine Zeitlang bei ihm. So bekommen sie Namen, da gibt es Martin, Hamphry oder Conchita. „Das macht meinen Shop aus, dass es nicht nur ein Handel ist.“
Zu fressen bekommen die Reptilien zum Teil Bio-Linsen oder -Mungbohnen, selbst gezüchtete Heuschrecken oder Mehlwürmer. „Das Wichtigste sind gute Futterqualität und das richtige Licht mit UVA und UVB“, erklärt der Experte. Und natürlich wahres Interesse und eine Leidenschaft.
Meldepflicht
Für die Haltung von Reptilien gilt in Österreich eine Meldepflicht. Wer sich ein Reptil als Haustier nimmt, muss es innerhalb von 14 Tagen bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft oder dem Magistrat melden und die Maße des Terrariums angeben. Die Bekanntmachung ist kostenlos.
Gesetz
In der Tierhaltungsverordnung ist gesetzlich vorgeschrieben, dass vor dem Kauf eines Reptils Kenntnisse über die Biologie der betreffenden Art und die sich daraus ergebenden Haltungsanforderungen erworben werden sowie ein Terrarium für seine artgemäße Haltung vorbereitet werden muss. Laut dieser Verordnungen muss Nachzuchten gegenüber Wildfängen der Vorzug gegeben werden.
Bevor man sich für ein Reptil entscheidet, müsse man sich unbedingt informieren und einlesen, auch das Terrarium müsse „passen und schon bezugsfertig sein“. Es gebe für jede Wohnung das passende Tier – nicht „nur Riesen“ – und Siegl versichert, dass sie als Haustiere geeignet sind: „Sie bauen genauso eine Beziehung zu dir auf, wie du zu ihnen.“
Für Kinder geeignet
Für Kinder empfehle er aber zum Beispiel kein Chamäleon – weil es bei den Tieren Stress verursache, wenn man sie aus dem Terrarium herausnehme. Auch sagt er Nein, wenn ein 13-Jähriger ein Gecko haben möchte, aber sich kein Elternteil dafür begeistern kann. „Es soll nicht dahinvegetieren, wenn das Kind dann auszieht oder zur Ausbildung wo anders hingeht“, erläutert der Züchter.
Etwas mit kürzerer Lebenserwartung empfiehlt er in diesem Fall, denn Leopardgeckos können in manchen Fällen bis zu 25 Jahre alt werden. In „lebendigen Vorträgen“ für Schule und Co. gibt Siegl auch Einblicke in die Welt der Reptilien und Amphibien – die er sich ins Waldviertel geholt hat.
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