Energieversorgung in NÖ: Alte Werke schöpfen neue Kraft
„Korneuburg ist ein absoluter Zukunftsstandort“, sagt EVN-Sprecher Stefan Zach, und das mit voller Überzeugung. Schwer zu glauben, wenn man sich in dem Kraftwerk umblickt. Von der innovativen Zukunft, die sich die EVN hier verspricht, ist nichts zu merken.
Viel mehr scheint in dem Bau, der den Charme der 60er-Jahre nie ganz abschütteln konnte, die Zeit stehegeblieben zu sein: Die meterhohen Hallen sind verlassen, die riesigen Turbinen, die hier einst Strom für Tausende Haushalte erzeugten, laufen schon lange nicht mehr. Nur drei Angestellte arbeiten in dem riesigen Komplex, der, wie man im Fachjargon sagt, „werterhaltend konserviert“ wird.
Wasserstoff statt Gas
Doch auch Betriebsführungsassistent Jürgen Wilhelm sprüht vor Begeisterung, wenn er von dem Kraftwerk erzählt. In Korneuburg hat die EVN nämlich einst Energiegeschichte geschrieben: Die Kombination eines Gasturbinen- mit einem Dampfturbinenkraftwerk war nach der Erbauung in den 60er-Jahren einzigartig in Europa, auch die Abwärme der Gasturbine wurde so noch für die Stromerzeugung genutzt. Und der erzielte Wirkungsgrad, also die Effizienz des Kraftwerks, lag Ende der 80er-Jahre bei 49 Prozent – was dem Standort sogar einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde einbrachte.
Eine glanzvolle Vergangenheit, an die man in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder anschließen möchte – natürlich nicht mehr mit Gas und Öl, sondern mit erneuerbaren Energien. Der erste Schritt dazu wurde bereits gesetzt: In einem Gebäude neben der Werkseinfahrt wurde 2015 ein Biomasseheizwerk errichtet, das die Bezirkshauptstadt mit Fernwärme versorgt. Und schon bald sollen noch viel neuere, innovativere Technologien getestet werden – wie die Erzeugung von Wasserstoff.
Den Strom, der dafür gebraucht wird, könnten Überschüsse aus Wind- und Sonnenenergie liefern. Davon gibt es im Sommer nämlich mehr als genug. So ließen sich erneuerbare Energien im großen Stil in Form von Wasserstoff speichern – und erst dann nützen, wenn sie tatsächlich gebraucht werden. Im Stromnetz könnten die EVN damit Schwankungen ausgleichen, wie Zach erklärt. Nun kann man sich schon viel eher vorstellen, dass das Kraftwerk Korneuburg schon bald ein „Teil der Energiezukunft“ werden wird.
Sonne statt Kohle
Um dieser großen Zukunft den Weg zu bereiten, braucht es aber zunächst eines: Platz. Deshalb müssen auf dem Kraftwerksgelände wohl einige Gebäude weichen, manche schon heuer. Der 160 Meter hohe Schornstein, in dem einst Schweröl verarbeitet wurde, soll der Korneuburger Skyline jedoch als „Wahrzeichen“ erhalten bleiben – allen Innovationen zum Trotz.
Anders in Peisching im Bezirk Neunkirchen, wo der 110 Meter hohe Schlot vor der Silhouette des Schneebergs schon bald verschwinden wird. Das Kohlekraftwerk Peisching war in den 1960er-Jahren ein Symbol für den industriellen Fortschritt. Seit einigen Tagen wird das einst modernste Kraftwerk Europas jedoch dem Erdboden gleichgemacht; die EVN benötigt den monströsen Bau nicht mehr – Energiekrise hin, Energiekrise her.
Dabei reicht die Geschichte des Kraftwerks bis ins Jahr 1964 zurück und ist eng mit der Region verbunden. Ein Grund für die Errichtung war die Erhaltung des Bergbaus im Grünbacher Kohlerevier und die Absicherung der Arbeitsplätze. Der Kohleabbau wurde aber überraschend eingestellt und das Kraftwerk wurde auf Gasbetrieb zur Energieerzeugung umgestellt, bis es 1987 schlussendlich zur Stilllegung kam. Da der Standort aber von Beginn an auch als Leitwarte für das Stromnetz diente, wurden die Netzanlagen bis 2008 von der EVN Tochter „Netz NÖ“ weiter betrieben, schildert Zach.
Derzeit reißen Bagger die alten Öltanks nieder. Höhepunkt der Arbeiten wird voraussichtlich im Juni sein, mit der Demontage des Schlots. „Ungefähr 90 Prozent des gesamten Objekts kann recycelt werden. Die alten Tanks beispielsweise werden gereinigt und kommen in die Stahlschmelze“, sagt der Unternehmenssprecher. Und auch der Standort selbst soll als wichtiger Energieknotenpunkt weiterverwertet werden: Ein drei Hektar großes Areal wird als zentraler Holzlagerplatz für alle EVN-Biomasseheizwerke südlich von Wien genutzt.
Auf der restlichen Fläche wird in den kommenden Monaten ein riesiger Photovoltaik-Park gebaut. Die Flächen sind landwirtschaftlich nicht nutzbar und damit für die großflächige Sonnenstromerzeugung „prädestiniert“, wie Zach betont.
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