Angeklagter vom Mordvorwurf freigesprochen

Eine Überraschung gab es Kriminalfall. Am 26. Juni wurde Erich W. (42) im Landesgericht Wr. Neustadt (NÖ) . Er wurde zu  zwölf Monaten Haft wegen Im-Stich-Lassen einer Verletzten verurteilt (nicht rechtskräftig). Die Leiche von Heidi Wastl wurde bis heute nicht gefunden.
Wegen unterlassener Hilfe erhielt der 42-Jährige eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Diese hat er bereits abgesessen.

Mord, unterlassene Hilfeleistung oder Im-Stich-Lassen einer Verletzten? Vor dieser schwerwiegenden Entscheidung standen am Mittwoch die Geschworenen am Landesgericht Wr. Neustadt (NÖ) im Kriminalfall Heidrun Wastl. Knapp zwölf Jahre nach dem Verschwinden der 37-jährigen Kindergartenhelferin mussten sie entscheiden, ob Erich W. (42) die Frau im Wald eiskalt ermordet oder sie nach einem Sturz verletzt zurückgelassen hatte. Die Entscheidung fiel denkbar knapp aus: Bei Stimmengleichstand der Geschworenen (4:4) in der Frage des Mordes fiel die Entscheidung zu Gunsten des Beschuldigten aus. Das (nicht rechtskräftige) Urteil lautet auf zwölf Monate Haft für Im-Stich-Lassen einer Verletz-ten. Da Erich W. die Zeit bereits in U-Haft verbüßte, wurde er noch Mittwochabend aus der Haft entlassen.

Mit Spannung wurde am letzten Prozesstag der Auftritt des Ehemannes der Verschwundenen erwartet. Paul Wastl (53) wurde erstmals nach zwölf Jahren damit konfrontiert, dass ihn der Angeklagte selbst schwer belastet. Im Prozess tischte der Mordverdächtige nach zig verschiedenen Versionen die Story auf, dass Wastl ihm und seiner Frau in den Wald gefolgt sei und sie aus Eifersucht zur Rede stellte. Im Zuge eines Gerangels sei Heidi Wastl gestürzt, und beide hätten die Schwerverletzte sterbend im Dickicht zurückgelassen.

„Das ist eine komplette Lüge, ein Wahnsinn“, reagierte Wastl bestürzt auf die Anschuldigungen. Diese decken sich auch in keiner Weise mit den polizeilichen Ermittlungen, wie der Rufdaten-Rückerfassung, den Zeugenwahrnehmungen usw.

Denn Paul Wastl war während des Verschwindens seiner Frau, am 28. September 2001, beim Magistrat Wr. Neustadt an seiner Dienststelle. Er hatte eine Mobilbox-Nachricht von seiner Frau, dass Erich W. noch vorbeikommen würde, um für Tischlerarbeiten etwas auszumessen. Kurz danach kam der Anruf des Kindergartens, dass seine Frau den sechsjährigen Sohn nicht abgeholt hatte. Wastl fuhr sofort nach Hause, um nach dem Rechten zu sehen, es war jedoch zugesperrt und niemand zu Hause. „Ich habe unseren Sohn abgeholt und dann in Panik das Spital und alle Bekannten angerufen, aber sie war nirgends.“

DNA-Spur

W. war tatsächlich bei Heidi Wastl im Haus. Seine DNA fand sich auf einem Kaffeehäferl. Die beiden waren in den Wald nach Ofenbach, Bezirk Wiener Neustadt, gefahren. Nach der Neuaufnahme des Falles legte der Verdächtige im Vorjahr ein Geständnis ab, dass er der 37-Jährigen dort beim Spazierengehen (unabsichtlich) einen Schlag versetzt und diese von einem Ast gepfählt worden sei. Trotz zahlreicher Suchaktionen wurde ihre Leiche nie gefunden. „An wirklichen Fakten für Mord ist gar nichts da. Für eine Verurteilung ist das absolut zu wenig“, erklärte Verteidiger Ernst Schillhammer. Vier der acht Geschworenen sahen dies ebenso wie W.s Anwalt. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.

Heidrun Wastl, 37, verschwand am 28. September 2001 zwischen 10 und 11 Uhr aus ihrem Wohnhaus im Zehnerviertel von Wiener Neustadt. Erich W. gab selbst an, am Vormittag des 28. September im Haus der Familie Wastl gewesen zu sein, um etwas auszumessen. Einige Tage nach dem Verschwinden fand Paul Wastl in seinem Briefkasten einen ominösen Abschiedsbrief. Dank eines Schriftgutachtens wurde ein Jahr später Erich W. als Verfasser des Schreibens überführt. Er gab an, dass er von sich ablenken hatte wollen.

Anfang 2012 wurde der Fall auch wegen einer Reihe von Ermittlungspannen vom „Cold Case“-Management des Bundeskriminalamtes neu aufgerollt. Der damals Mordverdächtige legte ein Geständnis ab. Er sei mit Heidi Wastl an besagtem Tag im Wald gewesen. Dabei sei sie gestürzt und gepfählt worden. In Panik habe er sie zurück gelassen. Mehrere Suchaktionen und Grabungen nach den sterblichen Überresten blieben erfolglos.

Kommentare