Zu viel Lärm macht uns krank. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, wird aber wieder wichtiger. Auch deshalb, weil nach dem leichten Einbruch des Verkehrsaufkommens im Zuge der Corona-Pandemie jetzt wieder mehr Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind als zuvor.
In Österreich sind laut Europäischer Umweltagentur rund 2,1 Millionen Menschen lautem Verkehrslärm ausgesetzt. Ab einer Belastung von rund 55 Dezibel fällt die Konzentration bereits immer schwerer.
Warum Lärm krank macht und vor allem für Jugendliche schädlich ist
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Ständiger Verkehrslärm erhöht einer Studie zufolge das Risiko für Depressionen und Angststörungen. Wenn Straßen-, Schienen- oder Fluglärm um zehn Dezibel zunehmen, kann das Erkrankungsrisiko für Depressionen um bis zu vier, fünf und elf Prozent steigen, zeigt eine Untersuchung des deutschen Umweltbundesamtes (UBA). Für eine Angststörung steigt das Risiko um bis zu drei (Straße und Schiene) beziehungsweise 15 Prozent (Fluglärm).
Verkehrslärm erhöht Risiko für Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Verkehrslärm führt auch bei Jugendlichen laut einer neuen Schweizer Studie zu Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen. Grund dafür ist wahrscheinlich ein schlechterer Schlaf. Besonders betroffen sind demnach Jugendliche, deren Schlafzimmer zum Verkehr hin ausgerichtet ist, so der Schweizerische Nationalfonds (SNF).
Ein Anstieg des durchschnittlichen Straßenlärms um 10 Dezibel, also eine Verdoppelung des Lärms, reduzierte das sogenannte figurative Gedächtnis um 0,27 Punkte. Das ist jener Bereich des Gehirns, der räumliche Informationen verarbeitet, etwa beim Lesen von Straßenkarten. Gleichzeitig nahm die Fähigkeit sich über längere Zeit zu konzentrieren um 0,13 Punkte ab.
Die Abnahme der Konzentrationsfähigkeit entspricht damit dem beobachteten Unterschied zwischen zwei Schulstufen. Die Leistungsreduktion beim figurativen Gedächtnis im Verlauf der Studie entspricht einem Drittel des Unterschieds zwischen zwei Schulstufen.
Die Wissenschaftler räumten jedoch ein, dass die in dieser Studie festgestellten Auswirkungen leicht sind und noch bestätigt werden müssen. In einer früheren Studie in São Paulo (Brasilien) mit jüngeren Kindern, die einem höheren Lärmpegel ausgesetzt waren, hatte der Wissenschaftler jedoch bereits einen starken Einfluss des Straßenverkehrs auf die kognitiven Fähigkeiten festgestellt.
Österreichische Verkehrsexperten haben unlängst in einem Offenen Brief an die Bundesregierung eine Temporeduktion gefordert. Für ein Limit von 30 km/h im Ortsgebiet, 80 km/h auf Freilandstraßen und 100 km/h auf Autobahnen gebe es „gute wissenschaftliche Gründe“. Das Verkehrsministerium bleibt jedoch bei seinem Nein für niedrigere Tempolimits - weil es im Nationalrat keine Mehrheit dafür gibt.
Unlängst wurde eine weitere Initiative in diese Richtung gestartet. "Wo in Ihrem Wohnort braucht es Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung?" Diese Frage hat die Mobilitätsorganisation VCÖ (Verkehrsclub Österreich) auch den Burgenländerinnen und Burgenländern gestellt. Es wurden Straßen in insgesamt 56 burgenländischen Gemeinden und Städten markiert - zu finden auf dieser Karte.
Starker Lärm entlang der Verkehrsrouten. In zahlreichen Gemeinden wünschen sich Menschen mehr Verkehrsberuhigung.
Die meisten Meldungen gingen im Bezirk Eisenstadt-Umgebung ein, gefolgt von den Bezirken Oberwart, Oberpullendorf und Neusiedl am See.
Warum sich Menschen Verkehrsberuhigung wünschen
Für 41 Prozent ist zu hohes Tempo des Verkehrs ein Problem.
31 Prozent fühlen sich in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt.
28 Prozent sehen eine erhöhte Unfallgefahr in diesem Bereich.
25 Prozent wünschen sich weniger Verkehrslärm.
24 Prozent ist generell das Verkehrsaufkommen zu hoch.
13 Prozent werden durch die Abgase des Verkehrs belastet.
Gerade bei dem am häufigsten genannten Punkt - zu hohe Geschwindigkeit des Straßenverkehrs - ist bei der Problemlösung die Straßenverkehrsordnung ein Hindernis.
"Immer wieder gibt es Fälle, wo Gemeinden eine Temporeduktion möchten, beispielsweise weil es ein Wohngebiet ist oder weil an der Straße ein Kindergarten, eine Schule oder ein Seniorenheim liegt, aber die übergeordnete Behörde lehnt das Ansinnen der Gemeinde unter Berufung auf die Straßenverkehrsordnung ab", erklärt VCÖ-Expertin Lina Mosshammer.
Angesichts dieser Zahlen und des seit dem Ende der Pandemie wieder steigenden Verkehrsaufkommens ist es wenig verwunderlich, dass vor allem in nordburgenländischen Gemeinden über zu viel Verkehr geklagt wird.
Auffällig sind die Häufungen von Meldungen vor allem in den Gemeinden Neusiedl am See, Parndorf und der Landeshauptstadt Eisenstadt.
Legt man die Wünsche nach Verkehrsberuhigung des VCÖ über die Karte mit dem höchsten Verkehrslärm zeigt sich ein klares Bild. Vor allem rund um die Zentren und entlang der Hauptverkehrsverbindungen ist die Lärmbelästigung hoch.
Grafik: Viel Verkehrslärm entlang der roten Linien, Wünsche nach Verkehrsberuhigung in den schwarzen Kreisen.
Dazu zählen neben den Autobahnen und Schnellstraßen unter anderem die B51 bis Frauenkirchen, die B50 zwischen Eisenstadt und Neusiedl am See sowie die B52 und die B16. Im Südburgenland ist der Verkehrslärm vor allem entlang der B63, an der B57 und der B65 hoch.
Deshalb hat der VCÖ eine Initiative für eine Änderung der Straßenverkehrsordnung gestartet. Es soll Gemeinden und Städten erleichtert werden, Tempo 30 in ihrem Gemeindegebiet dort einzuführen, wo die Gemeinde das für wichtig hält. Die VCÖ-Initiative wird unter anderem vom Österreichischen Städtebund und österreichweit bereits von mehr als 170 Gemeinden und Städten unterstützt.
Im Burgenland zählen dazu Großhöflein, Hornstein, Jennersdorf, Königsdorf, Neufeld an der Leitha, Oberwart, Rudersdorf und Zillingtal.
L216 Neufeld an der Leitha: 8.035 Fahrzeuge täglich
L212 Siegendorf: 7.589 Fahrzeuge
L272 Großpetersdorf: 6.932 Fahrzeuge
L257 Neusiedl-West: 6.238 Fahrzeuge
L303 Mönchhof: 5.690 Fahrzeuge
Der VCÖ hat eine Initiative für eine Änderung der Straßenverkehrsordnung gestartet, damit es Gemeinden erleichtert wird, Tempo 30 einzuführen. Diese kann von Gemeinden und Städten noch bis Ende Juni unterstützt werden. Die Petition ist online hier zu finden.
Während sich der VCÖ und neuerdings auch die SPÖ unter Andreas Babler für Tempo 100 auf Autobahnen ausspricht, sind andere Organisationen wie der ÖAMTC dagegen.
Dabei wäre Österreich nicht das erste Land in der EU, das diesen Schritt setzt. Schneller gefahren werden darf nämlich nur in Bulgarien, Polen und natürlich Deutschland.
130 km/h: Österreich sowie unter anderem in Dänemark, Frankreich, Italien, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn
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