"Maximale Kapazität" am Neusiedler See: Unesco rügt das Land
Die Unesco warnt vor einer weiteren Verbauung im Welterbegebiet Fertö-Neusiedler See. Die touristischen Projekte rund um den See hätten bereits die "maximale Kapazität" erreicht, die die Region tragen könne, hieß es im nun veröffentlichten Abschlussbericht zur Beratungsmission im Oktober.
Empfohlen wird daher, die Seeanlagen nicht mehr zu erweitern und notwendige Sanierungen auch zu nutzen, um frühere Eingriffe zu korrigieren. Positiv angenommen wurde der neue Managementplan.
Die Experten, die im Zuge der "Advisory Mission" im Oktober am Neusiedler See waren, hielten in ihrem Bericht fest, dass die Welterbestätte unter großem Druck stehe - sowohl durch Bebauung und Tourismus als auch durch Veränderungen in der Hydrologie und Auswirkungen des Klimawandels.
Mehr Kritik als Lob von der Unesco
Sie plädierten für eine verstärkte Koordination zwischen Österreich und Ungarn und sogenannte Heritage Impact Assessments bei größeren Projekten. Geraten wurde außerdem, die Pufferzonen zwischen den Seeanlagen und den Siedlungsgebieten in den Gemeinden, zu denen sie gehören, zu erweitern und klare Siedlungsgrenzen festzulegen.
Den im Burgenland eingerichteten Welterbe-Gestaltungsbeirat begrüßt die Unesco. Dessen Rolle solle weiter gestärkt werden. Gleichzeitig brauche es eine ausreichende Finanzierung für den Verein Welterbe Neusiedler See und sein Pendant auf ungarischer Seite, damit diese den neuen Managementplan auch entsprechend umsetzen können.
Das sagen die Hüter des Welterbes
- Das Großprojekt im ungarischen Fertörakos rund um einen Jachthafen, das in verkleinerter Form kürzlich zum dritten Mal eine Umweltgenehmigung erhielt, sollte nach Ansicht der UNESCO in beschränkter Größe umgesetzt werden.
- Negative Auswirkungen auf das Welterbegebiet sehen die Experten der Beratungsmission auch beim neuen Resort in Weiden am See.
- Als akzeptabel wurde hingegen das Projekt im Seebad Breitenbrunn bewertet.
- Die geplante Wasserzufuhr zum Neusiedler See solle weiter geprüft und diskutiert werden. Vor den gesetzlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfungen sollten alle offenen Fragen geklärt werden, hieß es in dem Bericht.
Kritisch sieht die Unesco das im Umfeld des Welterbegebiets geplante neue Krankenhaus in Gols. Von dem ins Auge gefassten Standort rät sie ab. Stattdessen solle eine Alternative gesucht werden - etwa eine Brachfläche, die Teil eines bestehenden Stadtgebiets ist. Weitere Entwicklungen von Plänen für das Spital in Gols sollten laut Bericht dem Welterbezentrum vorgelegt werden.
Dazu hielt die burgenländische Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ) gegenüber der APA fest, dass das Krankenhaus die Versorgung des Nordburgenlandes "auf ein neues Niveau" heben werde. "Wir können die Welterbestätte nicht unter einen Glassturz stellen. Es ist nicht richtig und auch nicht notwendig, Naturschutz gegen Gesundheit auszuspielen", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.
Unverständlich sei, dass touristische und gastronomische Bauprojekte weit weniger kontroversiell diskutiert würden als das Spital.
Das Land nehme die Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der Advisory Mission jedenfalls ernst und werde wie bisher auch bei künftigen Projekten auf eine welterbekonforme Entwicklung achten, so Eisenkopf. Es gelte, die verschiedenen Interessen in der Region als Kulturlandschaft, Lebens- und Wirtschaftsraum sowie Naherholungsgebiet unter einen Hut zu bringen. Derzeit werde der kürzlich fertiggestellte Managementplan, der in englischer Sprache verfasst wurde, ins Deutsche und Ungarische übersetzt.
Die burgenländischen Grünen sehen sich durch den Abschlussbericht in ihrer Forderung nach einem anderen Standort für das in Gols geplante Krankenhaus bestätigt. "Es soll der beste Standort gefunden werden, der am wenigsten Boden verbraucht und auch zentral und öffentlich gut erreichbar ist", betonte Klubobfrau Regina Petrik am Dienstag. Sie kritisierte außerdem Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der den Standort Gols "gegen alle Widerstände durchdrücken" wolle.
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