Neusiedler See trocknet langsam aus, Tourismus stockt trotzdem weiter auf

Neusiedler See trocknet langsam aus, Tourismus stockt trotzdem weiter auf
Während der Wasserstand einen für Juli historischen Tiefststand erreicht hat und der Trend weiter nach unten zeigt, werden rund um den See neue Projekte verwirklicht

115,2 Meter über Adria – so hoch stand am Freitag das Wasser im Neusiedler See. Oder besser: so tief. Denn damit hat das Meer der Wiener für Ende Juli den historischen Tiefststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1965 unterschritten.

Was wird langsam aber sicher zu einem Problem für größere Segelboote, aber auch andere Bereiche wie der Tourismus oder die Landwirtschaft könnten durch die langsam einsetzende Austrocknung arg unter die Räder kommen.

Währenddessen wird rund um den See weitergebaut. So soll etwa einer der meistfotografierten Plätze des Landes ein neues Gesicht bekommen.

Vorher aber zurück zur Causa Prima, dem sinkenden Wasserstand. Hauptgrund dafür ist das extrem warme Wetter – und die im Burgenland vergleichsweise geringen Niederschläge. Im Juli lag die Regenmenge fünf Prozent unter jener des Vorjahres.

Neusiedler See trocknet langsam aus, Tourismus stockt trotzdem weiter auf

Gleichzeitig verdunsten an einem heißen Tag laut Land bis zu sechs Millimeter Wasser. Eine Menge, die durch Niederschläge nicht ausgeglichen werden kann, herrscht doch rund um den Neusiedler See ein sogenanntes semiarides Klima. Das heißt, dass bei Niederschlägen mehr Wasser verdunstet, als in den Boden gelangen kann.

Verdunstung als Fluch und Segen

Das ist zwar grundsätzlich positiv für den Wein- und Obstbau, stellt die Landespolitik aber vor Probleme. Deshalb werden die Pläne einer Wasserzuleitung aus dem ungarischen Moson-Arm der Donau immer konkreter, die nächsten Schritte in diese Richtung sind für den Herbst geplant. Umweltschützer warnen jedoch vor einer Dotierung des Sees mit Donauwasser, weil das das ökologische Gleichgewicht empfindlich stören könnte.

Davon gänzlich unbeeindruckt entstehen rund um den See neue touristische Projekte – sowohl in Ungarn als auch in Österreich. Während die Orbán-Regierung eifrig am Megakomplex in Fertörákos baut und dadurch sogar der Welterbe-Status gefährdet ist (der KURIER hat berichtet), werden auf österreichischer Seite vergleichsweise kleine, weil eher kosmetische Vorhaben umgesetzt.

Wie zum Beispiel die bereits begonnene Modernisierung des Seebads in Breitenbrunn oder die geplante Neugestaltung der Mole in Podersdorf, einem der meistbesuchten und -fotografierten Plätze des Landes. Seit Kurzem steht der Entwurf fest, das Team „Architekten Söhne & Partner“ hat sich beim Wettbewerb durchgesetzt.

Neusiedler See trocknet langsam aus, Tourismus stockt trotzdem weiter auf

„Die Gemeinde ist sich ihrer Verantwortung aufgrund der besonderen Lage am Seeufer bewusst“, erklärten Bürgermeisterin Michaela Wohlfart und Rene Lentsch von den Freizeitbetrieben bei der Präsentation. Deshalb standen bei der Entscheidung Kriterien wie Rückbau, begrünte Zonen, mehr Qualität für den See und sensibler Umgang im Vordergrund.

Neusiedler See trocknet langsam aus, Tourismus stockt trotzdem weiter auf

Das bestätigt sogar Umweltschützer Rudolf Golubich, Obmann der Freunde des Neusiedlersees. Er sieht im vorgelegten Entwurf „ein ehrliches Bestreben, die touristische Entwicklung mit Kultur- und Naturschutz in Einklang zu bringen“. Startschuss für die Umgestaltung der Podersdorfer Mole soll im Herbst kommenden Jahres sein – egal, wie hoch das Wasser dann steht.

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