Neusiedler See: 150 Hektar mehr Nationalpark, wenn alle zustimmen

Neusiedler See: 150 Hektar mehr Nationalpark, wenn alle zustimmen
Sandlebensräume bei Illmitz werden eingegliedert. Die neuen Pachtverträge wurden auf 20 Jahre abgeschlossen.

Der Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel wird um bis zu 150 Hektar größer. Sandlebensräume bei Illmitz (Bezirk Neusiedl am See) werden in das Schutzgebiet eingegliedert, kündigte Nationalpark-Direktor Johannes Ehrenfeldner am Donnerstag bei einer Pressekonferenz an. 

Dafür wurden mit den Grundstücksbesitzern Pachtverträge auf 20 Jahre abgeschlossen. Bund und Land nehmen insgesamt 2,5 Millionen Euro in die Hand.

Die Erweiterung ist die größte seit 1999, betonte Ehrenfeldner. Sie betrifft vor allem Flächen, die bei der Gründung des Nationalparks 1993 noch als Weingärten bewirtschaftet, inzwischen aber stillgelegt wurden.

Diese sind unter anderem ein Lebensraum für Sandbiene, Kreiselwespe, Südrussische Tarantel und Wiedehopf, hob Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hervor. Insofern sei die Erweiterung ein wichtiger Beitrag zum Schutz der Biodiversität, auch vor dem Hintergrund der Klimakrise

"Wir brauchen intakte Lebensräume, um uns anzupassen, und wir müssen den Verlust der Arten stoppen", sagte Gewessler.

  • Der Hauptbereich der Erweiterungsflächen im Gemeindegebiet von Illmitz befindet sich auf dem sogenannten "Seedamm", also der ursprünglichen östlichen Uferlinie des Neusiedler Sees. Es handelt sich um sehr sandige und salzige Flächen. 
  • Bei der Nationalparkgründung vor 30 Jahren wurden diese Flächen noch durchgehend als Weingärten bewirtschaftet. Diese Lagen wurden jedoch zunehmend stillgelegt, viele dieser Flächen werden jetzt schon durch den ÖPUL-Vertragsnaturschutz nur mehr extensiv bewirtschaftet oder als Brachflächen gehalten. 
  • Die Flächen wirkten optisch wie ein Teil des Nationalparks, waren es jedoch nicht rechtlich, was die nunmehrige Regelung notwendig machte.

Ob das Schutzgebiet, wie vom Nationalpark gewünscht, tatsächlich um 150 Hektar wächst, hängt davon ab, wie viele Grundstücksbesitzer noch bereit sind, Pachtverträge einzugehen, erläuterte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Fixiert seien derzeit knapp 120 Hektar. Insgesamt umfasst der Nationalpark bisher 9.600 Hektar. 

Zwei Drittel der Eigentümer stimmten zu

Der Weg zur Erweiterung sei nicht immer einfach gewesen, betonte Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ). Erstmals habe man sich dafür entschieden, direkt mit den Grundstücksbesitzern zu verhandeln, um Akzeptanz in der Region zu schaffen. Letztlich habe man aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit unter den Eigentümern erreicht. 

Maximilian Köllner, Nationalpark-Direktor Johannes Ehrenfeldner, Leonore Gewessler, Astrid Eisenkopf und Hans Peter Doskozil

Maximilian Köllner, Nationalpark-Direktor Johannes Ehrenfeldner, Leonore Gewessler, Astrid Eisenkopf und Hans Peter Doskozil (v.li.).

Der Naturschutzbund reagierte am Donnerstag erfreut auf die Erweiterung. Diese sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Sicherung des Naturerbes und eine "deutliche Aufwertung des grenzüberschreitenden Schutzgebietes", hielt Präsidiumsmitglied Alois Lang, selbst langjähriger Mitarbeiter des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel, in einer Aussendung fest. Der Naturschutzbund sprach sich dafür aus, noch weitere Flächen ins Schutzgebiet aufzunehmen. 

Auch die Umweltorganisation WWF sieht noch weitere Flächen mit Potenzial für den Nationalpark und hofft, dass der Erweiterung österreichweit neue Maßnahmen folgen. "Denn Österreich hat vor allem bei hochwertigen Schutzgebieten enormen Aufholbedarf", meinte Bernhard Kohler vom WWF. Der Präsident des Umweltdachverbandes, Franz Maier, sprach von einem "Gewinn für den Naturschutz". Er forderte außerdem, auch die Erweiterung des Nationalparks Kalkalpen in Oberösterreich umzusetzen.

Bei der Gründung 1993 war die Erwartungshaltung an Österreichs ersten grenzüberschreitenden Nationalpark nicht nur aus naturschutzfachlicher Sicht enorm, sondern auch seitens des Tourismussektors breit gefächert. Der Seewinkel ist Synonym für eine einzigartige Genuss-, Kultur-, Rad- und Naturdestination abseits des Badetourismus. Der Nationalpark ist damit auch zum wertvollen Imageträger und zu einem unverzichtbaren Partner lokaler Unternehmen geworden.

"Der Nationalpark ist sinnstiftend für die Identität der Region und ein Motor ihrer Entwicklung", betont Doskozil. "Der Schutz der Biodiversität innerhalb der einzigartigen Lebensräume des Nationalparks ist ein unverzichtbares Instrument im Tourismusmarketing. Ziel muss daher sein, den Nationalpark langfristig zu erhalten und ihn sukzessive weiter zu stärken." 

Mit rund 30 ganzjährig Angestellten und weiteren 25 über die Sommersaison beschäftigen Rangerinnen und Rangern ist er einer der größten Arbeitgeber für "Green Jobs" in der Region.

Abgesehen von der Kernkompetenz Schutzgebietsmanagement schafft die Existenz des Nationalparks Neusiedler See – Seewinkel somit Vorteile für die Region: touristisch und wirtschaftlich. Daher hat das Land Burgenland neben der aktuellen Erweiterung auch andere Initiativen umgesetzt, die den Nationalpark betreffen. 

So zum Beispiel das LIFE Projekt „Pannonic Salt“, das nach einem jahrelangen Bewerbungsprozess 2023 von der EU genehmigt wurde und bereits starten konnte. Insgesamt stehen nunmehr zwölf Millionen Euro für Maßnahmen zum besseren Wasserrückhalt in der Region und für klimafitte Landwirtschaft zur Verfügung. 

Weiters wurden 1,2 Millionen Euro seitens des Landes in die Attraktivierung des Informationsstandorts investiert. Die beliebte "Pannonian BirdExperience" zieht rund 3.500 Vogelbeobachter und Naturliebhaber jeden Frühling in den Seewinkel. 

Der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel bietet das ganze Jahr über Touren zu entsprechenden Themenbereichen an.

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