Strache klagt Facebook-User: Mindestrentnerin (68) soll vor Gericht

Veronika F. mit der Anklage von HC Strache
68-jährige Rechnitzerin hatte auf Facebook Artikel über die Scheidung des Ex-Vizekanzlers geteilt. Der Streitwert sind 11.000 Euro.

Von Gernot Heigl

Artikel, die auf der Satireplattform Tagespresse erscheinen, streifen die Realität in der Regel nur. Nicht so jener über Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, politisch mittlerweile als Bezirksrat in Floridsdorf aktiv. Er soll demnach mehrere Verfahren gegen Social-Media-User angestrengt haben.

Das sei richtig, bestätigt Maximilian Donner-Reichstädter, der Anwalt Straches, dem KURIER. „Es geht dabei um üble Nachrede und Eingriffe in den höchstpersönlichen Lebensbereich.“ 

Konkret gehe es um einen oe24-Beitrag über das Eheleben, die Scheidung und behauptete Eheverfehlungen (die laut Anwalt gar nicht stattgefunden haben) von Strache sowie um verschiedene Postings über Drogen.

Ausgedruckter Online Artikel von oe24.at

Heinz-Christian Strache will Postings über sein Privatleben stoppen. Eine Burgenländerin, die einen Artikel auf Facebook geteilt hat, kämpft nun vor Gericht um ihre Existenz.

Eine Betroffene ist die 68-jährige Mindespensionistin Veronika F. aus Rechnitz im Südburgenland. Vor dem Landesgericht Eisenstadt wurde Privatklage gegen sie eingebracht. Weil die Rentnerin eben einen Online-Artikel von oe24.at über die Scheidung des ehemaligen Spitzenpolitikers geteilt und auf ihrem Facebook-Profil veröffentlicht hat.

Fenster zur Außenwelt

Mit Schreiben vom 4. August dotiert der Anwalt von Heinz-Christian Strache den Streitwert mit 11.000 Euro. Keine willkürliche Summe: Es sei der gesetzlich festgeschriebene Streitwert nach dem Mediengesetz. 

 „Ich bin völlig verzweifelt und nervös. Ich kann nicht mehr ruhig schlafen und komme mir vor wie eine Schwerverbrecherin. Obwohl ich meiner Meinung nach ja gar nichts gemacht habe, muss ich am 13. Oktober als Angeklagte ins Landesgericht Eisenstadt“, zeigt sich die 68-jährige entsetzt.

In einem Exklusiv-Interview mit dem KURIER schildert die geschiedene dreifache Mutter, vierfache Oma und baldige Ur-Oma den Ablauf des verfahrensanhängigen Vorfalles. „Da ich wegen meiner Einschränkung beim Gehen viel zu Hause bin, ist Facebook für mich das Fenster in die Außenwelt. Am 16. September 2022 stieß ich beim Lesen von Online-Nachrichten auf einen Artikel über die Scheidung von Strache.“

Nichts Böses wollend teilte sie auf ihrem Profil diesen Medienbericht, den sie mit den Worten kommentierte: „Im Grunde genommen wäre dies meiner Meinung nach eine private Angelegenheit für zwei, die nicht nach außen in alle Öffentlichkeit publiziert werden müsste. Bei Personen von öffentlichem Interesse ist das aber etwas anders.“ Das sei es gewesen, sagt sie. „Keine Diffamierung. Keine Beschimpfung.“ 

Straches Anwalt will "Riegel vorschieben"

Rund drei Jahre später, etwa Mitte August, habe sie einen RSa-Brief erhalten. „Hatte ich früher starke Brillen, ist meine Sehstärke zwischenzeitlich auf etwa zehn Prozent gesunken. Daher konnte ich nicht alles entziffern“, so Veronika F. „Aber genug, dass ich mit meinen Nerven fix und fertig war. Ein echter Albtraum.“

Strache gehe es darum, grundsätzlich zu verhindern, dass sich die Postings verselbstständigen und der „Mandant diffamiert wird“, sagt sein Anwalt. „Dem gehört ein Riegel vorgeschoben.“

„Ich habe mich so geschämt, dass ich meiner Familie anfangs gar nichts erzählt habe“, sagt Veronika F. Erst vor Kurzem habe sie bei einem Familientreffen in der Runde gesagt: „Ach ja. Ich bin angeklagt worden“, erzählt die Rentnerin. „Das hat mir aber in dem Moment keiner geglaubt. Als ich dann hinzugefügt habe, vom Strache, haben erst recht alle gelacht und von einem Blödsinn gesprochen. Es hat einige Zeit gedauert, bis klar war, dass das kein Scherz ist.“

Veronika F. und ihre Tochter

Eine 68-jährige Burgenländerin teilte einen Artikel über Straches Scheidung auf Facebook – nun sieht sie sich mit einer Privatklage und 11.000 Euro Streitwert konfrontiert.

Da war es dann um die Fröhlichkeit beim Familientreffen geschehen. Erst recht, als die eingeklagte Summe von 11.000 Euro bekannt wurde. Als die betagte Rechnitzerin den Tränen nahe war, wurde sie von den Familienmitgliedern umarmt und getröstet. „Meine Mama ist seither am Boden zerstört. Wie soll sie so einen Betrag bei einer Mindestpension von 1.444,62 Euro bezahlen? Unabhängig davon, wofür auch?“, wirft Tochter Agnes R. (42) ein, die beim Interview mit am Tisch saß. 

„Ich glaube an seine Menschlichkeit", sagt Veronika F. "Herr Strache wird ja auch erkennen, dass ich kein Geld habe und ihm nicht schaden wollte.“ 

Bezüglich der Klagen sei man generell „vergleichsbereit“, sagt Straches Anwalt zum KURIER. Allerdings habe die Pensionistin einen außergerichtlichen Vergleich abgelehnt und habe das gegenständliche Posting nach wie vor nicht gelöscht. 

Entscheiden wird sich die Causa am 13. Oktober.

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