Wiener Festwochen: Milo Rau verliert gegen H.C. Strache

Redet viel, wenn der Tag lang ist: Milo Rau, Selbstdarsteller, Regisseur und Intendant der Wiener Festwochen.
Die Wiener Festwochen überreichten Medienvertretern im Frühsommer druckfrische Exemplare eines Sammelbandes mit Äußerungen und Essays ihres Intendanten. Entstanden seien die meisten der Reden auf der „Resistance Now!“-Tour durch Europa „gegen den Aufstieg der Neuen Rechten“ unter dem – so der sympathische Sprücheklopfer – „wundervollen“ Slogan „We will Defeat the Fascists with the Power of Love“.
Leider nimmt es der Schweizer Selbstdarsteller mit der Wahrheit nicht ganz genau. Auf Seite 100 fragt Rau: „Was ist aus einer Zeit – unserer – zu lernen, in der ein Angehöriger der größten österreichischen Partei, der FPÖ, ein Mann namens H. C. Strache, morgens das SS-Lied ,Wir schaffen die Siebte Million‘ singt und nachmittags die Gedenkstätte Yad Vashem besucht, wo der Toten des Holocaust gedacht wird?“
Rau bezog sich auf ein 2018 gefundenes Burschenschafter-Liederbuch mit der Zeile: „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million!“ Der Konnex mit Strache stimmt – natürlich – nicht. Künstlerische Freiheit? Es handelt sich dabei aber nicht um eine Äußerung in einem Theaterstück (etwa von Thomas Bernhard), sondern um eine Rede, die Rau am 12. März 2025 in Berlin hielt.
Strache klagte – und bekam am Donnerstag vom Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen übler Nachrede recht. Der Verbrecher Verlag in Berlin, der schon ein Dutzend Bücher von Milo Rau veröffentlicht hat, wurde zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro verpflichtet. Das Urteil muss in der Wochenzeitung "Falter" veröffentlicht werden. Beide Parteien haben drei Tage Zeit, weitere Rechtsmittel zu erheben, bevor das Urteil rechtskräftig ist.
"Falsche Behauptung"
Das Buch „Widerstand hat keine Form, Widerstand ist die Form“ wurde vom Verbrecher Verlag bereits zurückgerufen. Man widerrief zudem die Behauptung als unwahr: „Wir entschuldigen uns für diese falsche Behauptung.“ Unterzeichnet ist der Widerruf von den Verlagsleitern sowie von Milo Rau selbst. Neben der korrigierten Neufassung im Oktober soll es eine Kunstaktion geben, bei der besagter Teil physisch aus dem Buch ausgeschnitten werden soll.
Und Rau drehte den Spieß gleich um. Für Freitag (19.9.) kündigten die Wiener Festwochen eine Pressekonferenz in Berlin an: „Juristische Querschüsse sind nur der Anfang! Auf Druck von Rechts antworten wir mit öffentlicher Debatte und zivilgesellschaftlichem Widerstand!“, so Rau.
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