Grünes Licht für höhere Windräder am Neusiedler See
In Sachen Windkraft will die Burgenland Energie (BE) noch höher hinaus. 240 Meter, um genau zu sein.
So hoch werden jene neuen Windräder in den Himmel ragen, die im Zuge eines „Repowerings“ im Windpark Neusiedl-Weiden am See aufgestellt werden sollen.
Die letzte rechtliche Hürde hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) im Februar aus dem Weg geräumt: Der Einspruch der Umweltschutzorganisation „Alliance for Nature“ gegen das Projekt wurde abgewiesen. Die NGO kann nun zwar theoretisch noch in Revision gehen; die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist durch das BVwG-Urteil aber bereits rechtsgültig, die Projektwerberin kann ab sofort mit dem Bau beginnen.
Und genau das gedenkt die Energie Burgenland auch zeitnah zu tun: BE-Sprecher Jürgen Schwarz ließ den KURIER wissen, dass der Baubeginn bereits im zweiten Quartal 2024 erfolgen soll. Ende 2025 wird das „Repowering“ voraussichtlich abgeschlossen sein.
Stephan Sharma, Vorstandsvorsitzender der Burgenland Energie, hält mit seiner Freude über die Entscheidung des BVwG nicht hinterm Berg: „Das ganze Burgenland und wir als Unternehmen können darauf stolz sein, dass wir das größte Wind-Projekt Österreichs jetzt starten. Wir reden nicht darüber, wie wir die Energieunabhängigkeit und damit die zuverlässige Energieversorgung schaffen, sondern wir setzen sie um. Wir setzen auf neue, innovative Windräder, die aus dem Wind im Burgenland doppelt so viel Energie erzeugen, bei gleichzeitig weniger Windrädern.“
23 statt 44 Windräder
Die derzeit 44 in die Jahre gekommenen Anlagen im Windpark Neusiedl-Weiden werden im Zuge des Repowerings durch 23 technologisch weiterentwickelte Windräder ersetzt. Die Leistung soll sich dadurch laut BE von 79 auf über 120 Megawatt (MW) erhöhen.
Einige der neuen Windräder werden allerdings doppelt so hoch wie die bestehenden Anlagen sein. Das Problem dabei: Der Windpark liegt innerhalb der Sichtzone des UNESCO-Welterbegebiets Neusiedler See. Deshalb hat Christian Schuhböck von „Alliance for Nature“ Einspruch gegen das Projekt eingelegt: „Diese immens hohen Windindustrieanlagen werden die Sichtachsen im UNESCO-Welterbegebiet beeinträchtigen“, erklärt Schuhböck. Der Bau des Windparks könnte dem Neusiedler See die Eintragung in die Rote Liste der bedrohten Welterbestätten bescheren, fürchtet er. Die Entscheidung des BVwG kritisiert Christian Schuhböck scharf.
Ungarn übergangen?
Seiner Ansicht nach hätte überhaupt das gesamte UVP-Verfahren ausgesetzt und durch eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung ersetzt werden müssen. „Alle Windparks östlich des Neusiedler Sees wurden nicht mit Ungarn abgestimmt. Das wurde auch diesmal unterlassen, obwohl Ungarn durch die Sichtweite auch betroffen ist“.
Dass derartige Bauaktivitäten am Neusiedler See immer mit der ungarischen Regierung abzustimmen seien, wurde auch im Bericht der „Advisory Mission“ der UNESCO an den Neusiedler See festgehalten (siehe Zusatzbericht unten). Christian Schuhböck hält fest: „Wir werden das Erkenntnis des BVwG nach Paris schicken, damit die UNESCO sieht, dass selbst die Warnungen der Expertenkommission nichts bewirkt haben und der Neusiedler See weiter verbaut wird.“
Tiefe Fundamente
In ihrem Einspruch forderte die „Alliance for Nature“ auch, dass die Fundamente der Windräder am Ende ihrer 20-jährigen Laufzeit komplett entfernt werden sollten.
In diesem Punkt gab das BVwG den Naturschützern zumindest teilweise Recht: Das Gericht ordnete an, dass die Fundamente nach dem Abbau der Anlagen bis zwei Meter unter der Geländeoberkante abgetragen werden müssen, sodass die Fläche wieder landwirtschaftlich genutzt werden kann. Für Schuhböck ist das nur ein schwacher Trost: „Letztendlich ändert das nichts an der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und an der Bodenversiegelung durch die alten Fundamente, die nicht herausgenommen werden.“
In den vergangenen zwei Jahren wurde immer wieder darüber spekuliert, ob der Neusiedler See bald auf der Roten Liste der bedrohten Welterbestätten landen könnte. Passiert ist das bis dato nicht – die UNESCO hat im Herbst 2023 allerdings eine „Advisory Mission“ an den Steppensee geschickt, um sich ein Bild vom Status quo zu machen. In ihrem Bericht kritisieren die UNESCO-Experten einige geplante oder bereits umgesetzte Bauprojekte im Welterbegebiet.
- Seehotel Fertőrákos: Viktor Orbans Prestigeprojekt geriet zuletzt ins Stocken und wurde überarbeitet. Die UNESCO sieht Teile des Vorhabens nun positiv, fordert vom Bauherrn aber mehr Transparenz ein.
- Krankenhaus Gols: Die Expertengruppe spricht sich gegen den Standort der geplanten Klinik Gols auf den Wiesäckern, 400 Meter von der Welterbe-Kernzone entfernt, aus. „Das Krankenhaus sollte idealerweise in einer Brachfläche liegen, die Teil eines bestehenden Ortsgebiets ist“, heißt es in dem Bericht.
- Windpark Neusiedl am See: Die Expertenmission kommt zu dem Schluss, dass das Repowering einen negativen Einfluss auf den „außergewöhnlichen universellen Wert“ des Welterbegebietes haben wird.
- Wasserzuleitung: Bevor das Projekt zur Stabilisierung des Wasserstands des Neusiedler Sees mittels Zuleitung von Donauwasser weiter vorangetrieben wird, empfiehlt die UNESCO, sich näher mit den möglichen Auswirkungen zu beschäftigen.
Keine Blinklichter mehr
Ab Ende 2025 wird man die großen, leistungsstarken Windräder also wohl auch von Ungarn aus beim Stromerzeugen beobachten können. Zumindest tagsüber, denn nachts dürften sie in Zukunft weniger sichtbar sein.
Das liegt an einem neuen Gesetz, das der Nationalrat am vergangenen Donnerstag beschlossen hat. Es regelt die „Beleuchtung von Luftfahrthindernissen zum Schutz der Luftverkehrsteilnehmer“ neu.
Konkret bedeutet dies, dass das nächtliche rote Dauerblinken an Windkraftanlagen ein Ende hat. Künftig kann die Austro Control die Blinklichter bei Bedarf per Knopfdruck aktivieren – etwa wenn ein Hubschrauber oder Kleinflugzeug in der Nähe eines Windparks unterwegs ist.
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