Windräder gefährden Welterbe-Status des Neusiedler Sees
Dass die meisten Anlagen im Windpark Neusiedl-Weiden am See mittlerweile in die Jahre gekommen sind, lässt sich mit freiem Auge erkennen. Denn einige der Windrad-Gondeln ziert noch das gelbe „Bewag“-Logo. Der Stromversorger ist 2012 aufgelöst und mit der heutigen Burgenland Energie fusioniert worden.
Auch in puncto Leistung entsprechen die alten Windkraftwerke nicht mehr heutigen Standards, weshalb im Zuge eines „Repowering“-Projektes die 44 bestehenden Anlagen durch 23 neue ersetzt werden sollen. Die Burgenland Energie verspricht sich davon eine 50-prozentige Steigerung der Leistung im Windpark Neusiedl-Weiden: Von derzeit 79 auf rund 120 Megawatt.
Was sich aufgrund der zahlenmäßigen Reduktion der Windräder bei höherer Leistung zunächst nach einer guten Nachricht sowohl für das Klima als auch für das Landschaftsbild anhört, lässt bei der Umweltschutzorganisation „Alliance for Nature“ die Alarmglocken schrillen. Der Grund: Die bestehenden Anlagen im Windpark Neusiedl-Weiden sind rund 120 Meter hoch, die geplanten neuen Windräder würden bis zu 245 Meter gen Himmel ragen. Zum Vergleich: Der Südturm des Wiener Stephansdoms ist 137 Meter hoch.
Sichtachsen beeinträchtigt
„Der Windpark soll äußert knapp an der Grenze zum Welterbegebiet errichtet werden. Schon jetzt sind die Windräder vom Neusiedler See weithin sichtbar. Dadurch, dass die Anlagen beim Repowering mehr als doppelt so hoch werden, werden die Sichtachsen des UNESCO-Welterbes noch mehr beeinträchtigt“, erklärt Christian Schuhböck von „Alliance for Nature“. Seine Organisation hat Einspruch gegen den Genehmigungsbescheid für das Repowering-Projekt eingelegt. Neben der Sicht-Beeinträchtigung werden auch Gefahren für Vögel, Fledermäuse und Insekten angeführt.
Christian Schuhböck möchte damit eine „Advisory Mission“ der UNESCO erwirken, womit der Neusiedler See der Roten Liste der bedrohten Welterbestätten einen weiteren Schritt näher rücken könnte. „Sollte das Vorhaben genehmigt und realisiert werden, ist mit einer Eintragung in die Rote Liste oder gar einer Streichung aus der UNESCO-Welterbeliste zu rechnen“, ist Schuhböck überzeugt.
Er sieht gute Chancen, dass das BVwG eine unabhängige Experten-Mission der UNESCO veranlassen könnte – denn so eine hat es schon einmal gegeben, wegen einem anderen Bauprojekt in der direkten Nachbarschaft.
Präzedenzfall Pannonia Tower
2006 wurde durch das „Pannonia Tower Hotel“ in Parndorf ebenfalls eine Beeinträchtigung der Sichtachsen auf das Welterbe befürchtet. Nach einer Intervention der UNESCO hat man sich schließlich auf einen Kompromiss geeinigt: Das Hotel wurde statt der geplanten 73 nur noch 47 Meter hoch.
Die Beschwerde von „Alliance for Nature“ wird nun vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) geprüft. Im nächsten Schritt könnte ein Beschwerdeverfahren eingeleitet werden.
Keine Einwände gegen das Windkraftprojekt gibt es übrigens von der burgenländischen Umweltanwaltschaft. Und auch der Denkmalrat ICOMOS Austria hält in einer Stellungnahme fest: „Auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen sind durch das Repowering-Projekt keine übermaßstäblichen und zusätzlichen negativen Auswirkungen ersichtlich, die eine Gefahr für den außergewöhnlichen, universellen Wert der Welterbestätte Fertő-Neusiedler See darstellen.“
Jetzt ist das BVwG am Wort.
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