Erster Nachweis von Mikroplastik in der Leber
Vor acht Jahren hat der gebürtige Kobersdorfer Thomas Horvatits Wohnsitz und Arbeitsplatz gewechselt. Von der Uniklinik Wien ging es zum Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in Norddeutschland. Dort forschte er als Leiter eines Teams an der Frage, wie und wo sich Mikroplastik im Körper ablagern kann.
Vor wenigen Wochen gelang der Durchbruch.
Im Fachmagazin eBioMedicine publizierten die Forscher den ersten Nachweis von Mikroplastik im menschlichen Lebergewebe. Betroffen waren allerdings nur Personen mit Leberzirrhose. Es wurden keine Bestandteile gefunden, wenn das Organ gesund war.
Unsichtbar und überall
Mikroplastik ist für das menschliche Auge unsichtbare. Es handelt sich um kleinste Partikel, die unter anderem durch Kosmetikartikel, Industrieverschmutzung oder den Abrieb von Schuhen und Reifen in unsere Umwelt gelangen. Diese Partikel gelangen nicht nur durch den Verzehr von damit belasteten Fischen in den menschlichen Körper, sondern zum Teil auch durch die Atemluft.
„Die Verunreinigung der Umwelt durch Mikroplastik ist ein wichtiges und auch erschreckendes Thema. Das hat mich als Mensch, der sich für Umwelt und Natur interessiert, der den See und auch die Berge gern hat, beschäftigt“, erklärt Horvatits seine Motivation. „Als Spezialist für Magen-, Darm- und Lebererkrankungen beschäftige ich mich auch wissenschaftlich mit dem Thema. Mich hat besonders interessiert, ob sich das Mikroplastik in unserer Umwelt auf diese Organe auswirkt.“
Rund zwei bis drei Jahre hat er als Projektleiter mit bis zu sieben weiteren Wissenschaftlern an der Uniklinik und Universität Hamburg intensiv geforscht. Schlussendlich ist die Gruppe rund um den gebürtigen Burgenländer fündig geworden.
Thomas Horvatits ist Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie. Der gebürtige Kobersdorfer arbeitet seit acht Jahren als Oberarzt im UKE Hamburg. Zuvor studierte er in Wien Humanmedizin und arbeitete an der dortigen Uniklinik.
Den Arztberuf hat er von seinem Vater in die Wiege gelegt bekommen. Thomas Horvatits Senior ist nach wie vor Allgemeinmediziner in Kobersdorf.
In von Leberzirrhose geschädigten menschlichen Lebern konnten Spuren von Mikroplastik nachgewiesen werden – zum ersten Mal weltweit.
Die Leberzirrhose ist das Endstadium chronischer Leberkrankheiten. Dieses Stadium gilt als irreversibel, auch wenn einzelne Berichte über Heilungen existieren.
Typischerweise entwickelt sich eine Zirrhose über Jahre bis Jahrzehnte, seltener sind schnellere Verläufe von unter einem Jahr. Fast alle chronischen Leberkrankheiten führen im Endstadium zu einer Leberzirrhose. In Europa sind Alkoholmissbrauch, Nicht-alkoholische Fettleber und chronische Virushepatitis die häufigsten Ursachen. (Quelle: Wikipedia)
2018 wurde an der Uni Wien zwar bereits Mikroplastik im menschlichen Stuhl nachgewiesen. Die Frage, ob die Kleinstteile aber einfach nur den Körper durchlaufen und nicht aufgenommen werden, konnte damals jedoch nicht geklärt werden. „Damals fragte ich mich, ob es sich auch dauerhaft im Körper befinden kann oder einfach wieder ausgeschieden wird. Man weiß von Tierstudien, dass Mäuse Mikroplastik richtig im Körper aufnehmen können. Bei Menschen konnte man das bis dato nicht zeigen“, führt Horvatits aus.
Neue Technologie im Einsatz
Möglich wurde das erst durch eine neue Technologie: „Für die Studie wurde ein Verfahren entwickelt, in dem das Gewebe chemisch zersetzt wird. Dann folgt eine Färbung und anschließend die Analyse mittels Spektroskopie.“
Nachgewiesen wurden die Mikroplastik-Partikel in von Leberzirrhose geschädigten menschlichen Lebern. „Bei Leberzirrhose wird die Darmwand durchlässiger, sodass man annehmen könnte, dass Mikroplastik so aufgenommen wird“, so Horvatits.
Ob und welche Auswirkungen das hat, ist noch nicht abschließend geklärt: „Das ist die nächste große Forschungsfrage. Ist das womöglich ohne wesentliche Relevanz oder führt es zu weiteren Erkrankungen, zum Beispiel der Leber? Das können wir noch nicht beantworten. Man weiß von Studien an Mäusen, die Mikroplastik gefüttert bekommen haben, das dies im Körper Entzündungen hervorrufen kann. Mäusen hat man aber viel höhere Dosen gegeben. Daher ist es schwer zu beurteilen, ob diese Erkenntnisse auf den Menschen umgelegt werden können“, erklärt Horvatits.
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