"Egal, wie viele Schlepper wir festnehmen, kommen immer welche nach ..."
"Reagieren, bevor die Schlepper reagieren", lautet die Devise von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Deshalb hat Österreich in der Nacht auf heute – befristet auf vorerst zehn Tage – mit Kontrollen an elf Grenzübergängen zur Slowakei begonnen.
Eine Nacht später wird das auch Tschechien tun. Grund ist das vermehrte Schlepperaufkommen. Die Justizanstalt in Eisenstadt ist bereits überfüllt.
Karner vergleicht die Kontrollen ("meist weiße Kastenwagen") mit jenen an den Grenzen zu Ungarn und Slowenien, diese seien Schengen-konform.
216 (mutmaßliche) Schlepper hat die Polizei im Burgenland heuer bereits festgenommen, sagt Polizeisprecher Helmut Marban. Das beschäftigt auch die Justiz. Fast täglich sitzen Verdächtige in Eisenstadt auf der Anklagebank; diese Woche sind es sieben Verhandlungen.
Zuletzt hatte Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) aufhorchen lassen, als er in der ORF-Pressestunde die Asylsituation an der Grenze zu Ungarn als "mehr als dramatisch" bezeichnete. Wöchentlich gebe es rund 2.000 Aufgriffe von illegalen Migranten.
Doskozil platzierte diese Botschaft sehr bewusst, weil seine Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner wenige Wochen davor in den ORF-Sommergesprächen erklärt hatte, dass es in Österreich kein Asylproblem gebe. Jetzt wurde das Thema auch in der SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße besprochen, wobei der burgenländische SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst die Situation in seinem Heimatbundesland schilderte.
Roland Fürst sprach danach von einem sehr konstruktiven Gespräch über die Flüchtlingssituation. Er will überhaupt, dass seine Partei dieses Thema "endlich besetzt". Fürst zum KURIER: "Wir haben ein sehr vernünftiges Positionspapier zum Thema Migration im Bundesparteivorstand beschlossen, das vergessen leider immer wieder ein paar Funktionäre, die sich gerne über jene Genossen empören, die sich daran orientieren. Das ist paradox, davon müssen wir uns lösen, weil die Menschen von uns in dieser Frage eine Antwort wollen."
Der Landesgeschäftsführer war zuletzt beim Gemeinderatswahlkampf immer wieder mit dieser Problematik konfrontiert worden.
Nathalie Melounek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Eisenstadt, spricht vom "zweitstärksten Schlepperjahr seit 2015". Belegen lässt sich das anhand von Zahlen. Heuer waren bis Ende August 278 Verfahren in Eisenstadt anhängig; 2015 waren es 560. Zum Vergleich: 2018 gab es 31 und im Vorjahr 210 Verfahren wegen Schlepperei.
Zu Freisprüchen kommt es selten, im Schnitt etwa ein bis fünfmal pro Jahr, sagt Melounek. Meist werden unbedingte Strafen verhängt. Nur sehr junge Straftäter bis zum Alter von 21 Jahren könnten mit teilbedingten Strafen rechnen. "Die Fahrer sind sich oft nicht bewusst, dass Schlepperei so streng bestraft wird. Ich hatte noch nie einen Fahrer, gegen den ein zweites Mal ermittelt wurde." Grundsätzlich liege die Mindeststrafe bei einem Jahr. In Eisenstadt werden aber meist eineinhalb Jahre verhängt – auch bei Ersttätern.
Meist würden die Schlepper über soziale Medien kontaktiert. Der Auftraggeber trete oft nicht persönlich in Erscheinung. Die Fahrer werden via Handy über die genauen Routen informiert; Geld gebe es meist erst nach vollendetem Auftrag. Einige Hundert bis zu 3.000 Euro werden pro Schleusung versprochen – ein Vielfaches des Monatslohns im Heimatland der Schepper.
"Kommen immer mehr nach"
Deshalb können auch immer wieder neue Menschen rekrutiert werden. "Egal, wie viele Schlepper wir festnehmen, es kommen immer welche nach", sagt Melounek. Die Justizanstalt Eisenstadt platzt deshalb schon aus allen Nähten. In dem Gefängnis gibt es Platz für 175 Personen, in den vergangenen Wochen waren dort aber meist an die 215 Insassen untergebracht. Ein Großteil von ihnen sind Schlepper, sagt der interimistische Leiter der JA, Klaus Faymann.
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