Fehlende Heimreisezertifikate
Mehr als 4.900 Asylanträge wurden heuer an der burgenländischen Grenze zu Ungarn, Slowenien und der Slowakei gestellt, 1.800 allein von Marokkanern.
Die Nordafrikaner haben zwar de facto keine Chance auf Zuerkennung des Asylstatus, viele bleiben dennoch in Österreich. Marokko weigere sich, die für eine Rückführung nötigen Heimreisezertifikate auszustellen, erläutert Grenzpolizeichef Pilwax. So werde behauptet, die Flüchtlinge seien keine marokkanischen Staatsbürger, sondern kämen aus Algerien.
Womit schon ein Dreh- und Angelpunkt der Flüchtlingspolitik genannt ist. Zu politischen Fragen will sich Pilwax nicht äußern, denn er sei „für den Vollzug zuständig“. Unter vielen Politikern und Experten herrscht längst Konsens, was neben der konsequenten Rückführung nach negativem Asylbescheid noch fehlt: Migranten müssten solange an einem Ort bleiben, bis über den Asylantrag entschieden sei und die EU-Staaten die faire Verteilung der Flüchtlinge übernehmen.
Ja eh, aber darüber wird seit Jahr und Tag geredet, aber wenig bis nichts weitergebracht.
Dass es viel besser und schneller gehen müsste, stellt Pilwax gar nicht in Abrede, aber die Fortschritte – im Kleinen – will er sich auch nicht kleinreden lassen.
So bricht der Südburgenländer, der jetzt in Siegendorf nahe der ungarischen Grenze lebt, eine Lanze für die Nachbarn. „Man tut den Ungarn extrem unrecht, wenn man ihnen Laxheit bei der Bekämpfung illegaler Grenzübertritte vorwirft“, wird Pilwax emotional.
An der ungarisch-serbischen Grenze gebe es jährlich 190.000 Abweisungen, auch wenn der doppelte Zaun bei Weitem nicht alle Flüchtlinge abhalten könne.
Pilwax: „Hätten wir die Ungarn nicht als Partner, wäre der Migrationsdruck im Burgenland ungleich größer als jetzt“. Einen wesentlichen Beitrag leisten die von Pilwax 2021 erdachten gemischten Schwerpunktaktionen an der burgenländisch-ungarischen Grenze. Fürs Modell interessieren sich mittlerweile auch Frankreich und Dänemark.
Die grenzübergreifende Polizeipräsenz habe auch die Westbalkan-Route zweigeteilt, so Grenzschützer Pilwax. Ein Teil führe über Ungarn, ein anderer über die Slowakei. Aber auch zur dortigen Polizei sucht Pilwax noch engeren Kontakt.
Wobei der Polizist und Reserveoffizier des Bundesheeres klarstellt, dass er Verständnis für Menschen habe, die aus Ländern ohne jegliche Lebensqualität flüchten: „Ich verüble das niemandem“. Als Gegner sieht die Exekutive die mafiaähnlich organisierten Schlepper, die aus der Verzweiflung der Flüchtlinge Kapital schlügen: „6.000 bis 10.000 Euro muss ein Flüchtling an Schlepper zahlen“, so Pilwax. Am Landesgericht Eisenstadt machen Schlepperprozesse das Gros aus, was Pilwax freut, denn: „Jeder Schlepper, der aus dem Verkehr gezogen wird, ist mindestens drei Jahre weg“.
Freilich kommen immer neue nach: Ab Mai erwartet Pilwax einen Anstieg von derzeit 60 auf 150 Flüchtlinge pro Tag – im Oktober waren es 650. Das nächste Planungsgespräch mit den ungarischen Kollegen ist in Pilwax’ Kalender schon rot markiert.
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