"Assistenzeinsatz ist Gift fürs Bundesheer"

"Assistenzeinsatz ist Gift fürs Bundesheer"
Das Bundesheer bekommt zwar mehr Geld, aber durch den Grenzeinsatz gingen viele Rekruten für den Kernauftrag, die militärische Landesverteidigung, verloren, beklagt Militärkommandant Gasser.

Eigentlich könnte Burgenlands Militärkommandant Gernot Gasser – wieder – recht zufrieden sein. Als der Brigadier 2017 sein Amt antrat, war Hans Peter Doskozil noch SPÖ-Verteidigungsminister. Dieser habe dem Bundesheer „nach Jahrzehnten des zu Tode Sparens wieder die Würde zurückgegeben“, lobte Gasser damals den Anstieg des Verteidigungsbudgets auf 0,66 Prozent des BIP. Weitere Minister folgten und die Euphorie flaute ab.

Mehr als fünf Jahre und einen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine später darf das Bundesheer unter ÖVP-Ministerin Klaudia Tanner sogar mit deutlich mehr Geld rechnen. Der Krieg habe vor Augen geführt, dass die wichtigste Aufgabe des Bundesheeres „die militärische Landesverteidigung“ ist, nicht Assistenz, so Gasser am Mittwoch in Eisenstadt.

In den nächsten vier Jahren sollen zusätzlich fünf Milliarden Euro fließen, in Summe 16 Milliarden. Beim Militärkommando Burgenland mit 990 Mitarbeitern werden für Autarkie und Nachhaltigkeit in den Kasernen Eisenstadt und Güssing sowie am Truppenübungsplatz Bruckneudorf sieben Millionen Euro in die Energieversorgung investiert. Gasser: „Es geht bergauf.“

Aber die Aufwärtsbewegung gelingt trotz finanzieller Aufrüstung nur unter Aufbietung aller Kräfte. Warum?

Bundesheer seit 30 Jahren an der Grenze

Der seit Anfang der 1990er Jahre auf Ersuchen des Innenministeriums dauernde Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Grenze lastet schwer auf den Schultern der Truppe. Die derzeit 750 Soldaten, die an der Seite der Polizei kontrollieren, werden nach dreimonatiger Ausbildung „halb fertig“ an die Grenze geschickt, wo sie die restlichen drei Monate ihres Grundwehrdienstes verbringen.

Für die Sicherheit Österreichs sei der Assistenzeinsatz wichtig, aber fürs Bundesheer sei er „Gift“, stellte Gasser klar. Weil die Soldaten nie fertig ausgebildet werden können, gingen sie der Einsatzorganisation verloren. Die vor Jahren erfolgte Verkürzung des Präsenzdienstes von acht auf sechs Monate tue ein Übriges und sei dem Heer schon „mehrfach auf den Kopf gefallen“.

Militärkommandant Gasser sieht "kein Licht am Ende des Tunnels"

Damit sich das Heer wirklich der militärischen Landesverteidigung widmen könne, müsse die Einsatzlast an der Grenze verringert werden. Und man müsse sich auch verstärkt der „Personalgewinnung“ zuwenden. Das ist schwierig genug, denn junge Polizisten können mit bis zu 3.900 Euro brutto in den Beruf einsteigen, ein junger Truppenkommandant erhält rund 1.800 Euro netto.

Eine Patentlösung für den Grenzschutz hat Brigadier Gasser aber auch nicht, zumal man damit nur „Symptome bekämpft“. Was den Flüchtlingsstrom betreffe, sehe er „kein Licht am Ende des Tunnels“, weil die Quelle mangels internationaler Lösungen nicht und nicht versiege. Soldaten werden also wohl bis auf Weiteres an der Grenze aushelfen müssen.

Aktuell werden an Burgenlands Grenze täglich 50 bis 100 Flüchtlinge aufgegriffen, was schon über dem rekordverdächtigen Vorjahr liege. Gasser: „Das macht mich ein bissl unruhig.“

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