Bruckneudorf: Wie ein Bunker zum Denkmal wird
Die Einspruchsfrist ist abgelaufen, jetzt ist es fix: Die 1960 errichtete Bunkeranlage Ungerberg 3 wird unter Denkmalschutz gestellt. Einer der letzten im Originalzustand erhaltenen Zeitzeugen des Kalten Krieges, und damit ein Stück österreichische Militärgeschichte, bleibt für die Nachwelt erhalten.
Einst wurde der Bunker gebaut, um drohenden Angriffen aus dem kommunistischen Osten möglichst lange standzuhalten, den Weg der Invasoren Richtung Wien zu blockieren. 60 Jahre später hat ein Infrastrukturprojekt seine Existenz bedroht.
Weil sich das Militärbauwerk direkt neben den Gleisen der Ostbahn befindet, stand sein Abriss zur Debatte. Denn hier wollen die ÖBB ab 2026 die Flughafenspange bauen (siehe Zusatzbericht unten). Angesichts der Entscheidung für den Denkmalschutz müssen die Pläne nun, in Abstimmung zwischen ÖBB, Bundesdenkmalamt (BDA) und Bundesheer angepasst werden.
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Eine der Gefechtsstationen
Josef Hatos ist seit 1984 beim Bundesheer. Bis 2020 hat er rund 160 Führungen pro Jahr im Bunker gegeben
Hier befindet sich der einzige Eingang in die Anlage, es gibt drei Notausstiege
Das BDA ist nach einer Besichtigung zu dem Schluss gekommen, dass der Bunker samt seinen Erweiterungen und einem Teilstück des Panzergrabens, schützenswert ist. In dem Gutachten des BDA heißt es im Wortlaut: „Der Bunkeranlage Ungerberg kommt als letzter armierter und nahezu vollständig erhaltener Verteidigungsanlage des Kalten Kriegs ‚gegen‘ Ungarn besondere geschichtliche Bedeutung in regionaler Sicht für das Burgenland, aber auch in überregionaler Sicht für ganz Österreich zu, handelt es sich doch neben der ‚gegen“ Jugoslawien gerichteten, denkmalgeschützten Bunkeranlage Wurzenpass in Kärnten, um die einzig nahezu vollständig erhaltene und museal genutzte derartige Anlage in Österreich.“
Schleinzerwall
In der Zeit des Kalten Krieges, Anfang der 1960er-Jahre, wurden unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl Schleinzer Bunkeranlagen und andere militärische Befestigungen zwischen der Leitha und dem Neusiedler See errichtet. Der nach dem Minister benannte „Schleinzerwall“ wäre bei einem Angriff aus dem Osten die erste Verteidigungslinie in Österreich gewesen
Bunkermuseum
Die Anlage Ungerberg wird von einer zweieinhalb Meter dicken Betonschicht umhüllt. Sie bietet Platz für rund 50 Personen und hat eine Grundfläche von rund 700 . Sie wurde 1993 vom Bundesheer außer Dienst gestellt
Dass dem Bunker der Schutzstatus zugesprochen wurde, ist nicht zuletzt Josef Hatos zu verdanken. Der Berufssoldat aus der nahen Benedek-Kaserne kümmert sich seit 2010 um den Erhalt der Anlage.
Originalzustand erhalten
Hatos und sein Mitstreiter Leo Pichler haben sich 2011 erfolgreich dem Befehl widersetzt, die Kanonen aus der Anlage auszubauen und zu verschrotten – der Originalzustand des Bunkers blieb erhalten. 2014 wurde er zur Außenstelle des Heeresgeschichtlichen Museums (HGM) „befördert“.
„Geschichtlich wäre das ein Wahnsinn gewesen, wenn das wegkommt. Wir wollen jetzt Druck machen und das Museum so schnell wie möglich wieder aufmachen, auf alle Fälle heuer noch“, verspricht Josef Hatos im Gespräch mit dem KURIER.
160 Führungen pro Jahr
Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie hat er ungefähr 160 Führungen pro Jahr gemacht. Seither blieb das Bunkermuseum für die Öffentlichkeit geschlossen, weil notwendige Investitionen in Elektronik und Sicherheitseinrichtungen verschoben wurden, bis Klarheit um die Zukunft der Anlage herrscht – also bis jetzt.
Museum wird erweitert
Sobald es die Freigabe von Landesseite gibt, will Hatos wieder Interessierte durch „seinen“ Bunker führen. Mit seiner Außenstelle im Burgenland hat das HGM für die nächsten Jahre große Pläne, lässt Josef Hatos wissen: Geplant sei die Errichtung eines Kundencenters samt Präsentationsraum, Kassa und WC. Außerdem soll es künftig fixe Öffnungszeiten und Audioguides geben.
Hatos selbst will sich weiterhin auf unbestimmte Zeit seinem „Hobby Bunker“ widmen: „Ich habe zugestimmt, dass ich immer unterstützen werde, solange ich kann. Auch in der Pension“, sagt der 58-jährige Soldat pflichtbewusst.
Wie es mit der Flughafenspange weitergeht
Die Flughafenspange, eine rund 20 Kilometer lange Bahnstrecke, soll die Fahrzeit zwischen Bruck an der Leitha und dem Flughafen Wien um 15 Minuten verkürzen.
Seit 2015 laufen die Planungen an der Hochleistungsstrecke, 2018 wurde der Prozess der Trassenfindung gestartet – im Dialog mit den betroffenen Gemeinden und den Ländern, wird seitens der ÖBB betont.
Mit dem Ergebnis sind aber nicht alle zufrieden, insbesondere in den Gemeinden Trautmannsdorf und Enzersdorf in NÖ wird gegen den befürchteten Bodenverbrauch und Lärmbelastung protestiert.
Die ÖBB halten an dem Projekt fest und versuchen, mit Info-Veranstaltungen zu kalmieren. Zum aktuellen Zeitplan heißt es auf KURIER-Anfrage, dass im vierten Quartal 2023 die Umweltverträglichkeitserklärung eingereicht werden soll. Mit einem Baustart sei 2026, mit der Fertigstellung frühestens 2032 zu rechnen
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