Chronik/Österreich

Kaum Schnee, mehr Starkregen: Österreich drohen bis zu fünf Grad mehr

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Der Weltklimarat IPCC warnt mit dem ersten Teil des sechsten Sachstandsberichts erneut vor den verheerenden Auswirkungen eines ungebremsten Klimawandels.

Die wichtigsten Punkte des Berichts zusammengefasst:

  • Mit der derzeitigen Entwicklung wird 2030 bereits eine Erderwärmung um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erreicht sein.
  • UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief die "Alarmstufe Rot" für das Weltklima aus.
  • Einige Auswirkungen der Erderwärmung, wie der Anstieg des Meeresspiegels oder das Schmelzen der Gletscher, sind schon jetzt "unumkehrbar".
  • In der nahen Zukunft sind Wetterereignisse mit Starkniederschlag deutlich häufiger zu erwarten.
  • Der Meeresspiegel dürfte, selbst wenn man bis 2050 Klimaneutralität erreicht, bis zum Ende des Jahrhunderts um 62 Zentimeter ansteigen.
  • Österreich drohen bis zu 5 Grad mehr bis 2100

Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad, mindestens aber deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief die "Alarmstufe Rot" aus. "Die Glocken tönen ohrenbetäubend. Sie müssen das Ende von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen einläuten, bevor diese unsere Erde zerstören."

Einige Auswirkungen der Erderwärmung wie der Anstieg der Meeresspiegel und das Schmelzen der Gletscher sind laut Weltklimarat IPCC bereits heute "unumkehrbar".

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Selbst bei einer drastischen Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen würden die Meeresspiegel weiter ansteigen und "für tausende Jahre erhöht bleiben", heißt es in dem am Montag veröffentlichten Sachstandsbericht des IPCC. Die Meeresspiegel könnten demnach bis zum Jahr 2100 um bis zu einen Meter steigen.

Der Bericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) ist der erste seit acht Jahren. Er fasst im Auftrag der knapp 200 UN-Staaten die wissenschaftliche Ergebnisse der vergangenen Jahre zusammen. 2022 soll er noch durch zwei weitere Kapitel ergänzt werden.

Die Fakten sind alarmierend: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Episoden mit Starkniederschlägen in den meisten Regionen mit einer weiteren Klimaerwärmung intensiver und häufiger werden", heißt es. Belegt ist auch, dass der Meeresspiegel weiter ansteigt und das Eis weiter schmilzt. "Sehr wahrscheinlich" heißt: mit 90 bis 100-prozentiger Sicherheit.

Meeresspiegel um bis zu 62 Zentimeter höher

Selbst, wenn es gelingen sollte, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, dürfte der Meeresspiegel Ende des Jahrhunderts um bis zu 62 Zentimeter höher sein als 1995-2014. Klimaneutralität heißt, dass nur noch höchstens so viel Treibhausgas ausgestoßen wird wie Senken aufnehmen können.

"In der Arktis sind Dreiviertel des Meereisvolumens im Sommer schon abgeschmolzen", sagte Mitautor Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. "Wir werden es vermutlich nicht mehr verhindern können, dass das Nordpolarmeer bis 2050 im Sommer zumindest in einzelnen Jahre weitgehend eisfrei sein wird."

Der Weltklimarat beleuchtete die physikalischen Grundlagen zuletzt 2013. Seitdem hätten sich Unsicherheiten in den Klimamodellen deutlich reduziert. Anders als damals stellt die Wissenschaft jetzt klar fest: Wenn die Treibhausgas-Emissionen nicht sehr schnell heruntergefahren werden, wird das Ziel, die Erwärmung auf unter zwei Grad über vorindustriellem Niveau zu begrenzen, scheitern. Zudem könnten mehr Klimaveränderungen direkt auf den Einfluss des Menschen zurückgeführt werden, sagte Mitautorin Veronika Eyring von der Universität Bremen.

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"Es ist zweifelsfrei, dass der menschliche Einfluss die Atmosphäre, den Ozean und das Land aufgeheizt hat", heißt es in dem Bericht. "Menschlicher Einfluss hat das Klima so aufgeheizt, wie es seit mindestens 2000 Jahren nicht mehr vorgekommen ist. (...) 2019 war die CO2-Konzentration in der Atmosphäre höher als zu jedem anderen Zeitpunkt seit mindestens zwei Millionen Jahren."

Der Weltklimarat nennt auch zwei Horrorentwicklungen, die zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen seien. Zum einen ist das ein Anstieg des Meeresspiegels um zwei Meter bis Ende des Jahrhunderts, je nachdem, wie der Eisschild der Antarktis weiter schmilzt. Zum anderen ist das ein Kollaps der Atlantische Umwälzströmung (AMOC), die schon an Fahrt verloren hat.

Sie verteilt kaltes und warmes Wasser im Atlantik und beeinflusst etwa den für Milliarden Menschen wichtigen Monsun in Afrika und Asien. Ein Zusammenbruch des Systems, zu dem auch der Golfstrom gehört, hätte auch Auswirkungen auf Europa.

Bis zu fünf Grad bis Ende des Jahrhunderts

Wie stark die Erderwärmung auch in Österreich angekommen ist, belegen die umfassenden Statistiken der ZAMG. Demnach ist es hierzulande seit Beginn der Industrialisierung um rund zwei Grad wärmer geworden. Folgt keine Trendumkehr wird die Erwärmung bis zum Jahr 2100 bei mindestens fünf Grad liegen.

Wie stark sich die zwei Grad in Österreich bereits auswirken, sieht man gut an den Hitzetagen mit mindestens 30 Grad. So gab es im Zeitraum 1961 bis 1990 in den meisten Landeshauptstädten Österreichs pro Jahr zwischen fünf und elf Hitzetage und die Rekordwerte lagen bei 20 Tagen. Im Zeitraum 1991 bis 2020 verzeichnete die ZAMG bereits zwischen 16 und 22 Hitzetage und die Rekorde lagen schon bei über 40.

"Das könnte sich fortsetzen: Der derzeit noch extreme Wert von 40 Hitzetagen pro Jahr in Österreich wird bei einem weltweit ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen am Ende des Jahrhunderts der Normalfall sein", so die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in einer Aussendung. Die Rekorde würden dann "in einem derzeit noch völlig unvorstellbaren Bereich von 60 bis 80 Tagen über 30 Grad pro Jahr liegen".

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Besonders im Sommer veränderte sich in den vergangenen Jahrzehnten auch die Verteilung der täglichen Regenmengen: Die Zahl der Tage, an denen es wenig regnet, wurden seltener. Um zehn bis 30 Prozent häufiger wurden in den vergangenen 30 Jahren hingegen Tage mit sehr viel Niederschlag. "So kommt es zur scheinbar paradoxen Tatsache, dass im Sommer sowohl die trockenen Phasen als auch die starken Regenereignisse intensiver und häufiger wurden", so die ZAMG.

Enorme Risiken für Gesundheit

Die zunehmende Hitze bringt auch enorme Risiken für die Gesundheit: "Hitze wird als Gefahr immer noch unterschätzt, weil es oft schwierig ist, nachzuweisen, dass ein Tod durch z.B. Herz- Kreislaufversagen von einer Hitzewelle verursacht wurde. Zahlreiche Studien belegen aber, dass in Europa deutlich mehr Menschen durch Hitzewellen sterben als durch Stürme, Hochwasser oder andere Wetterextreme", so die ZAMG.

Der Klimawandel beeinflusst auch die Vegetation. In Österreich gibt es etwa zwar keinen Trend zu weniger Niederschlag, trotzdem steigt die Gefahr von Dürren. Denn die stetige Erwärmung wirkt sich stark auf die Wasserbilanz aus: Je wärmer es ist, desto mehr Feuchtigkeit verdunstet aus den Böden in die Luft.

Außerdem verlängert ein wärmeres Klima die Vegetationsperiode und die Pflanzen entnehmen über einen längeren Zeitraum Wasser aus den Böden. Untersuchungen für den Alpenraum zeigen weiters, dass in den kommenden Jahrzehnten die Schwankungen der Niederschlagsmenge von Jahr zu Jahr größer werden könnte, wodurch die Dürregefahr zusätzlich steigt.

Schnee nur noch oberhalb von 1.500 Metern

Auch auf den Schneefall hat der Klimawandel enorme Auswirkungen. Den Prognosen der ZAMG zufolge bleibt es in den kommenden Jahrzehnten nur mehr oberhalb von etwa 1.500 bis 2.000 Meter noch kalt genug für Schneefall. In tiefen Lagen wird es stattdessen immer öfters regnen. Zum Beispiel hat in Österreich die Zahl der Tage mit einer Schneedecke in Wien, Innsbruck und Graz in den vergangenen rund 90 Jahren um etwa 30 Prozent abgenommen.

Bei weltweit ungebremsten Emissionen von Treibhausgasen wird die Schneedeckendauer bis zum Jahr 2100 in Lagen unterhalb von etwa 400 Meter Seehöhe um rund 90 Prozent abnehmen, in Lagen um 1.500 Meter um etwas mehr als 50 Prozent.

Aber auch die ZAMG betonte, dass die verheerenden Zukunftsprognosen nicht eintreffen müssen, wenn noch gegengesteuert wird. Bei Einhaltung des Pariser Klimaziels könnte sich die Erwärmung in Österreich und weltweit in den nächsten Jahrzehnten knapp über dem aktuellen Niveau einpendeln.

"Uns als nationalem Wetterdienst ist wichtig, möglichst detailliert die neuesten Erkenntnisse zur Vergangenheit und Zukunft des Klimas in Österreich bereitzustellen, damit eine sachliche Diskussion am aktuellen Stand der Forschung stattfindet und über wichtige langfristige Maßnahmen entschieden werden kann", sagte Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung an der ZAMG. "Ein wichtiges Ergebnis der Forschung ist, dass mit einem ambitionierten Klimaschutz immer noch möglich ist, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu dämpfen."