Messi: "Würde alle Rekorde gegen WM-Titel tauschen"

Der vierfache Weltfußballer zog in sein erstes WM-Finale ein. Argentinien feiert seine Helden.

Jetzt hat Lionel Messi die Chance, auch Weltmeister zu werden. Mit seinen Argentiniern warf der 27-Jährige im Halbfinale die Niederlande mit 4:2 im Elfmeterschießen aus dem Rennen. So groß die Freude darüber ist, so groß ist auch der Respekt vor dem Endspiel-Gegner Deutschland, der am Sonntag in Rio de Janeiro wartet.

Nach geschaffter Dopingkontrolle verließ Messi, flankiert von zwei Bodyguards, fluchtartig das Stadion in Sao Paulo. Nur via Internet verkündete der vierfache Weltfußballer seine Freude über den historischen Einzug in sein erstes WM-Endspiel: "Wir sind im Finale!! Was für ein Wahnsinn. Was für ein heldenhaftes Spiel."

Um Messis Gefühlslage nachzuvollziehen, reicht ein kurzer Blick in die argentinische Fußball-Geschichte. Die wurde vor allem von Diego Maradona geprägt, der 1986 ein WM-Endspiel gegen Deutschland gewann (3:2) und 1990 ein weiteres verlor (0:1). Seitdem muss sich jede Generation an Maradonas Erfolgen messen lassen - sogar und vor allem Messi. "Ich würde alle meine persönlichen Rekorde hergeben, um Weltmeister zu werden", sagte Messi. Jetzt hat er endlich die Chance.

In der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires war die 140 Meter breite "Avenida 9 de Julio" voll mit Zehntausenden von feiernden Fans. "Wir haben gelitten und sind angekommen", schrieb die Zeitung Pagina/12.

Argentinien feiert

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Argentina fans hold pictures of Messi, Pope Franci
Messi: "Würde alle Rekorde gegen WM-Titel tauschen"

Argentina's fans celebrate their team winning the
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BRAZIL SOCCER FIFA WORLD CUP 2014
Messi: "Würde alle Rekorde gegen WM-Titel tauschen"

Argentinian fans celebrate at the end of their 201
Messi: "Würde alle Rekorde gegen WM-Titel tauschen"

Argentina soccer fans react as they watch a broadc
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Argentinian fans celebrate at the end of their 201

Plötzlich ist auch der zu WM-Beginn vielerorts nur belächelte Teamchef Alejandro Sabella ein Held. "Ich bin sehr glücklich - und das aus mehreren Gründen. Ich freue mich für meine Spieler, diese fantastische Gruppe. Und natürlich auch für das argentinische Volk, das jetzt auf den Straßen feiert", sagte Sabella, der dankbar hinzufügte: "Ich danke meiner Familie, meinem Stab und dem argentinischen Verband für das Vertrauen, dass ich diese Mannschaft trainieren darf."

Matchwinner war diesmal nicht Messi, sondern Tormann Sergio Romero. Der 27-Jährige, der bei AS Monaco nur Ersatzgoalie ist und vor der WM als einer von Argentiniens Schwachpunkten ausgemacht worden war, parierte im Elferschießen zweimal. "Ich hatte keinen Zettel. Das war Intuition", sagte Romero über seine beiden gehaltenen Schüsse von Ron Vlaar und Wesley Sneijder.

Der Respekt vor den Deutschen ist logischerweise groß, das 7:1 von Thomas Müller und Co. gegen die Brasilianer hat auch bei den Blau-Weißen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. "Das wird extrem schwer. Wir haben einen Tag weniger zur Vorbereitung und dann auch noch eine Verlängerung sowie ein Elfmeterschießen in den Knochen", klagte Sabella.

Durch Einwanderer noch stärker

Vor dem WM-Klassiker tauchte Sabella ganz tief in die Geschichte des Fußballs aus "Alemania" ein. "Beckenbauer, Netzer, Schuster, Matthäus: Immer wenn deutsche Mannschaften die Chance haben, Geschichte zu schreiben, haben sie Spieler mit einem fast schon südamerikanischen Touch im Team." Jetzt kämen sogar noch Spieler wie Khedira oder Özil hinzu. "Seitdem sie auch noch die Kinder ihrer Einwanderer einsetzen, sind die Deutschen noch stärker geworden", meinte Sabella.

Was sein Team angeht, scheiden sich bei dieser WM die Geister. Belgiens Trainer Marc Wilmots sagte: "Das ist eine gewöhnliche Mannschaft." Sie lässt sich allerdings kaum aus der Ruhe bringen und ist deutlich besser organisiert als etwa bei der WM 2010, als man gegen Deutschland im Viertelfinale ein 0:4-Debakel erlitten hatte. "Wir spielen mit unserem Herzen und unserer Seele - aber auch mit viel taktischer Intelligenz", sagte Javier Mascherano.

Der Mittelfeldspieler des FC Barcelona ist der Chef im Mittelfeld und der heimliche Kapitän dieses Teams. Er war sogar schon 2006 bei der anderen schmerzhaften Viertelfinal-Niederlage gegen Deutschland (im Elfmeterschießen) dabei. Ob er jetzt heiß sei auf eine Revanche gegen Deutschland, wurde Mascherano dann noch gefragt. Er sagte nur: "Das ist keine Revanche für uns. Nur eine einzigartige Chance."

Das Spiel in Bildern

ARGENTINIEN

"Ole": "Heiliger Romero. Argentinien gewann im Elfmeterschießen gegen die Niederlande nach einem äußerst harten Spiel und einer Verlängerung puren Leidens."

"La Nacion": "Ja, Argentinien ist im WM-Finale. Es war wie vor 24 Jahren im Elfmeterschießen, als Sergio Goycoechea von einem Pfosten zum anderen flog und Italien ausschied. Der Rivale ist derselbe: Deutschland, am Sonntag um 16.00 Uhr (Ortszeit/Anm.) , im Maracana. Ja, die Nationalelf steht vor dem Spiel, von dem sie seit langem träumte."

NIEDERLANDE

"De Telegraaf": "Der Traum ist aus. Das Märchen ist zu Ende, wir sind draußen. Das ganze Land verlangte sehnsüchtig nach einem Finale gegen den Erzrivalen Deutschland, aber durch die Niederlage nach Elfmeterschießen gegen Argentinien wartet am Samstag das Trostfinale gegen Brasilien. Niemand erwartete etwas von Oranje bei dieser WM. Aber das Team von Louis van Gaal hat dem niederländischen Volk wundervolle euphorische Momente beschert."

"De Volkskrant": "Die Schlacht ist geschlagen. Irgendwann musste aus diesem Fußball der gigantischen Langeweile doch ein Sieger hervorkommen, denn Deutschland brauchte ja einen Gegner im WM-Finale am Sonntag in Rio. ... Es hätte eine Ode an Alfredo di Stefano, den Pionier des Angriffs-Fußballs sein können, an den am Mittwoch im Stadion erinnert wurde. Doch es entartete im strömenden Regen zu einem Test der taktischen Spitzfindigkeit der Trainer. Das Thema war: Die Verteidigung ist der schlechteste Angriff."

"Algemeen Dagblad": "Elfmeterdrama. Das Abenteuer dauert viel länger als irgendjemand gedacht hatte. Aber auf der Schwelle zum Finale fiel Oranje in Sao Paulo nach einem intensiven Fußballkampf gegen Argentinien."

"NRC Handelsblad": "Die Niederlande werden heute wach mit einem Oranje-Kater. ... Die jungen Fußballer haben aber wichtige Erfahrungen auf dem absoluten Spitzenniveau gesammelt. Und das wird dem niederländischen Fußball einen Impuls geben... Es gibt also eine Oranje-Zukunft."

DEUTSCHLAND

"Süddeutsche" (online): "Größtmöglicher Kontrast. Nach dem wahnwitzigen deutschen Sieg gegen Brasilien bietet Argentiniens Elfer-Triumph über ultradefensive Holländer das genaue Gegenteil. Beide Teams scheitern an essenziellen Ideen des Fußballs - Messi und Co glauben trotzdem an den großen Coup."

"FAZ" (online): "Argentinien bittet Deutschland zum Tango. Deutschland trifft im WM-Finale auf Argentinien: Nach drögen 120 Minuten siegen die Südamerikaner im Elfmeterschießen gegen Holland. Held des Abends ist Torwart Romero, der zweimal hält. Quälend lange hat es am Mittwochabend in Sao Paulo gedauert, ehe endlich feststand, mit wem es die deutsche Fußball-Nationalmannschaft am Sonntag ... zu tun bekommen wird."

"Bild.de": "Ganz Brasilien steht jetzt hinter uns. Willkommen im Finale, liebe Argentinier! Und Glückwunsch zum Vize-Titel. Denn zu mehr wird es so für Messis Jungs, die Holland mit 4:2 nach Elfmeterschießen schlagen, am Sonntag in Rio nicht reichen. Während Deutschland die Welt mit Sensations-Fußball verzaubert, bieten Holland und Argentinien 120 Minuten Grusel-Fußball. Gähn statt Gala. In jeder Sekunden ist die Angst vorm Scheitern zu spüren. Man hatte den Eindruck, keiner wollte so recht ins Endspiel - um sich nicht gegen Deutschland zu blamieren."

ENGLAND

"Sun": "Sie könnten auch gleich "Deutschland" auf die Trophäe schreiben. Denn wenn Argentinien die Leistung vom Vorabend im Stadion von Sao Paolo nicht dramatisch verbessert, kann nur ein Team das WM-Finale am Sonntag gewinnen."

"Times": "Jetzt müssen diese armen Brasilien-Fans hoffen, dass Deutschland ihnen das Bild der Argentinier erspart, die den WM-Pokal im Stadion Maracana hochheben."

SPANIEN

"El Pais": "Weder Messi noch Robben waren der Beste, sondern Mascherano. Mit dem Einzug ins Finale gegen Deutschland rettet Argentinien die Ehre Lateinamerikas."

"El Mundo": "Romero schenkt Messi ein WM-Finale. Bei seinem Club in Monaco ist er nur Ersatzkeeper, bei der WM wird er für die Argentinier zum Helden."

"Marca": "Höchststrafe für Brasilien: Die WM-Gastgeber müssen nun ihren Erzrivalen im Finale sehen. Die Argentinier ziehen mit einem Minimum an Risiko ins Endspiel ein. Ihr Spiel war ebenso wie das der Holländer von Feigheit geprägt. Die Partie Argentinien gegen Niederlande war erbärmlich und eines Halbfinales unwürdig."

FRANKREICH

"L'Equipe": "Argentinien war eine der am meisten enttäuschenden Mannschaften der Weltmeisterschaft, steht aber im Finale gegen Deutschland wie 1986 und 1990, nachdem es die Niederlande am Ende eines völlig langweiligen Halbfinales ausgeschaltet hat."

ITALIEN

"Tuttosport": "Der Messi(as) ist Romero! Argentinien holt sich das Maracana. Argentinien ist weiter, aber Deutschland gewinnt. Wenn das das Niveau ist, riskiert das Finale ein zweites Belo Horizonte zu werden. Aber der Fußball hält immer Überraschungen bereit, noch ist nichts entschieden."

"La Repubblica": "So wie Argentinien bei dieser WM gespielt hat, immer nur mit einem Tor Vorsprung, hat das Team bereits ein großes Ziel erreicht. Wenn es seinen Auftritt nicht ändert, wird es für Deutschland ein Spaziergang."

SCHWEDEN

"Aftonbladet": "Sie haben in diesem Turnier kaum jemanden eine ganze Halbzeit lang beeindruckt - aber hier steht Argentinien nun trotzdem und spielt das WM-Finale im Maracana. Gewinnen sie am Sonntag, nehmen sie nicht nur den Weltmeistertitel mit nach Hause, sondern werden außerdem für alle Zeit Fußballherrscher über Südamerika."

DÄNEMARK

"Berlingske": "Es ging zugunsten von Argentinien aus, und nun steht er da, Lionel Messi, im Finale einer WM, in der er seine Mannschaftskameraden ins Halbfinale gebracht hat, genau wie es Diego Maradona vor 24 und 28 Jahren gemacht hat, und endlich kann er sich dem Status annähern, den Maradona hatte und immer noch hat."

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