Argentinien nach Elferkrimi im Finale

Maxi Rodriguez verwandelte den entscheidenden Elfmeter.
Nach torlosen 120 Minuten siegen die Argentinier im Elfmeterschießen mit 4:2.

Es ist natürlich nur ein böses Gerücht, dass am Mittwochabend im Campo Bahia bereits auf die Weltmeisterschaft angestoßen wurde. Aber dass im WM-Quartier der deutschen Fußballnationalmannschaft die Beteiligten mit Angstschweiß und weichen Knien vor den TV-Geräten gekauert hätten, das wird wohl niemand behaupten können. Nach dem zweiten Semifinale zwischen Argentinien und den Niederlanden kann die zentrale Frage eigentlich nicht mehr lauten: WER wird am Sonntag Weltmeister? Sondern es geht eigentlich nur mehr darum: WIE kann Deutschland auf dem Weg zum vierten WM-Titel der Geschichte überhaupt noch gestoppt werden?

Argentinien hat sich jedenfalls nicht unbedingt für den WM-Sieg aufgedrängt. Wenn die Deutschen ins Endspiel stürmten, dann stolperten die Südamerikaner mehr oder weniger ins Finale. Nach einem faden 0:0 behielt der zweifache Weltmeister erst im Elfmeterschießen die Oberhand – dank Torhüter Sergio Romero, der zwei Strafstöße parierte und zum argentinischen Matchwinner wurde.

Zweckfußball

Zugegeben, die Latte lag hoch nach dem historischen ersten Semifinale vom Dienstag, das in jeder Hinsicht einzigartig und spektakulär war. Und ein Vergleich zwischen diesen beiden Partien muss zwangsläufig hinken – aber dass der deutschen One-Team-Show dann gleich so ein langer Langweiler folgt, das war doch eine einzige Enttäuschung. Am Dienstag waren in den ersten 45 Minuten noch fünf Treffer zu bestaunen gewesen, am Mittwoch gab es im Vergleichszeitraum gerade einmal vier Torschüsse zu notieren.

Ganz überraschend kam das fade Ballgeschiebe dann freilich doch nicht. Die Argentinier sind in diesem Turnier in erster Linie durch Zweckfußball aufgefallen und hatten bis zum Semifinale alle ihre Spiele nur mit einem Tor Unterschied gewonnen; und die Niederländer waren – vom 5:1-Coup gegen Spanien einmal abgesehen – ebenfalls mit einem pragmatischen Fußball in Erscheinung getreten, der mit dem gepriesenen „Voetbal total“ früherer Oranje-Nationalteams nur mehr die orangen Dressen gemein hatte.

Das Spiel in Bildern

Argentinien nach Elferkrimi im Finale

BRAZIL SOCCER FIFA WORLD CUP 2014
Argentinien nach Elferkrimi im Finale

Fan of Argentina kisses a trophy before their 2014
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Argentina's players hold a moment of silence for A
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Argentina's coach Sabella handles the ball after i
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Argentina's Messi takes a free kick near Netherlan
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Argentina's Lavezzi heads the ball above the Nethe
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Georginio Wijnaldum of the Netherlands and Argenti
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Indi of the Netherlands receives a warning by refe
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Argentina's Gonzalo Higuain misses a chance to sco
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Argentina's Lionel Messi runs for the ball in fron
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Cillessen of the Netherlands makes a save on Argen
Argentinien nach Elferkrimi im Finale

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Ballgeschiebe

Auch im Kampf um den Finaleinzug suchten beide Teams ihr Heil in der Defensive und scheuten das Risiko. Nur ja keinen Fehler machen, sich bloß nicht die kleinste Blöße geben, lauteten offenbar die strengen Vorgaben der beiden Teamchefs – ein enges taktisches Korsett, das auch die beiden Solokünstler nicht auszuziehen vermochten: der niederländische Superstar Arjen Robben kam in der gesamten ersten Halbzeit auf sechs (!) Ballkontakte; der argentinische Superstar Lionel Messi fiel im Grunde nur durch den souverän verwandelten Strafstoß im Elfmeterschießen auf.

Man muss es den Argentiniern und Niederländern ja fast schon hoch anrechnen, dass es ihnen doch tatsächlich gelungen ist, die hundsmiserable erste Halbzeit nach der Pause und schließlich in der Verlängerung dann noch einmal zu unterbieten. Erschreckend, wie die ruhenden Bälle der Primgeiger Messi und Sneijder mitunter weit ins Torout flogen, ernüchternd wie wenig dieses Match mit dem Rausch vom Dienstag gemein hatte. Das Elfmeterschießen war die logische Konsequenz für dieses uninspirierte und unansehnliche Ballgeschiebe und auch schon das einzige Highlight einer matten Partie.

Ein Bewerbungsschreiben für den dritten WM-Titel war dieser argentinische Sieg jedenfalls nicht. Eines steht aber auch schon vor dem Finale fest: Sieben Gegentore wie die Brasilianer wird diese defensivstarke argentinische Nationalmannschaft nicht erhalten.

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Sao Paulo, Arena Corinthians, 63.267, SR Cakir/TUR

Elfmeterschießen:
0:0 Vlaar vergibt (gehalten)
0:1 Messi trifft
1:1 Robben trifft
1:2 Garay trifft
1:2 Sneijder vergibt (gehalten)
1:3 Aguero trifft
2:3 Kuyt trifft
2:4 M. Rodriguez trifft

Niederlande: Cillessen - Kuyt, De Vrij, Vlaar, Martins Indi (46. Janmaat), Blind - Wijnaldum, De Jong (62. Clasie), Sneijder - Robben, Van Persie (96. Huntelaar)

Argentinien: Romero - Zabaleta, Demichelis, Garay, Rojo - Perez (81. Palacio), Biglia, Mascherano, Lavezzi (100. Maxi Rodriguez) - Messi, Higuain (82. Aguero)

Gelbe Karten: Martins Indi, Huntelaar bzw. Demichelis

Alejandro Sabella (Trainer Argentinien): "Ich verspüre eine große Freude, es war ein schwieriges Spiel. In der zweiten Verlängerung hätten wir fast das Tor gemacht. Ich bin sehr glücklich, wir erwarten nun den dritten Titel. Es wird aber so sein wie immer: Wir werden hart arbeiten, um diese WM zu gewinnen."

Javier Mascherano (Spieler Argentinien): "Man braucht immer ein wenig Glück und muss versuchen, die Chancen zu nützen. Wir sind sehr stolz auf die Mannschaft, wir haben wie immer 100 Prozent gegeben und haben uns dieses Finale verdient. Das wird das aller-wichtigste Spiel, das wir in unserer Karriere bestreiten werden. Wir müssen stark sein, weil wir wissen, dass Deutschland eine sehr starke Mannschaft hat."

Sergio Romero (Torhüter Argentinien): "Es ist einfach nur zum Genießen. Ich möchte mich bei meinen Eltern bedanken, die hierherkommen konnten. Ehrlich gesagt, ist es Glück (Anm.: im Elfmeterschießen). Er kann reingehen oder nicht. Natürlich habe ich aber Selbstvertrauen. Deutschland wird extrem schwierig, es wird ein historisches Duell. Wir werden kämpfen bis zum Schluss und alles daran setzen. Wir werden den Moment genießen. Morgen erst werden wir realisieren, was passiert ist."

Arjen Robben (Spieler Niederlande): "Wir hatten es eigentlich mehr verdient. Wir können stolz sein, auf das, was wir erreicht haben. Wir haben alle gemeinsam alles gegeben. Und jetzt kann man niemandem etwas vorwerfen. Ich bin so unglaublich stolz auf diese Mannschaft. (...) Es ist Scheiße. Bisher haben wir alles gewonnen, und nun haben wir verloren. Aber auch das gehört nun einmal dazu. In diesem Moment kann mir das Spiel um den dritten Platz gestohlen bleiben. Nur ein Preis zählt."

Wesley Sneijder (Spieler Niederlande): "Ich denke, dass wir es doch mehr verdient hatten. Heute gab es nur ein Team, das es auf Elfmeter anlegte, das war Argentinien. Es tut weh. Wir haben hart dafür gekämpft. Wir hätten eher unsere Chancen nutzen müssen."

Louis van Gaal (Trainer Niederlande): "Wir haben nicht viele Chancen kreiert, das war in den anderen Spielen besser. Aber das sagt auch viel über die Leistung des argentinischen Teams. Auf dem Feld standen Robben, van Persie, Sneijder und auf der anderen Seite Messi, Lavezzi oder Higuain. Dass es trotzdem kaum Chancen gab, sagt viel über das taktische Niveau."

Wir haben ein fantastisches Turnier gespielt. Niemand hat uns zugetraut, das Halbfinale zu erreichen. Es ist die schlimmste Weise, ein Spiel im Elfmeterschießen zu verlieren. Von daher ist die Enttäuschung groß."

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