Was tun gegen den Mangel an Mathematiklehrern?

Was tun gegen den Mangel an Mathematiklehrern?
Insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fächern fehlen Pädagogen. Die Mathematiker Elisabeth Mürwald-Scheifinger und Michael Eichmair über Lösungsansätze.

Mathematiklehrerinnen und -lehrer sind Mangelware. Gibt es Hoffnung, dass es besser wird? Elisabeth Mürwald-Scheifinger, die an der Pädagogischen Hochschule NÖ und der Universität Wien unterrichtet, und Michael Eichmair, Professor an der Universität Wien, über Wege, junge Menschen für das Lehramtsstudium zu begeistern. Ein Gespräch über lange Ausbildungszeiten, Studierende im Klassenzimmer, die gemeinsame Ausbildung aller Mathematik-Lehrpersonen und Supervision.

KURIER: Was wäre der erste Schritt, um mehr junge Menschen für Mangelfächer wie Mathematik zu gewinnen? 

Elisabeth Mürwald-Scheifinger: Man müsste erst einmal schauen, dass Studierende, die bereits unterrichten, und junge Lehrpersonen tatsächlich im Beruf bleiben. Helfen könnte da, dass man mehr betreute Praxis in die Ausbildung bringt, also dass die Studierenden früher und länger in der Klasse stehen, dort ihre beiden Fächer unterrichten und dabei von erfahrenen Lehrpersonen als Mentorinnen und Mentoren begleitet und unterstützt werden. 

Das ist derzeit nicht so? Werden die jungen Menschen zu früh ins kalte Wasser geschmissen?
Mürwald-Scheifinger: Ja. Weil der Mangel so groß ist, werden Studierende bereits während ihres Bachelorstudiums angestellt bzw. angehalten, mehr Stunden als ursprünglich vereinbart zu übernehmen. Sie sind dann oft schnell überfordert, weil sie niemanden haben, der sie vor Ort betreut. So brennen sie schnell aus. Man sollte garantieren, dass Studierende höchstens eine halbe Lehrverpflichtung bekommen. Der Lehrberuf ist ja ein Vollzeitjob – anders als die Werbung des Ministeriums "Klasse Job" suggeriert. Neben einer vollen Lehrverpflichtung noch das Studium zu beenden, ist einfach zu viel. 
Michael Eichmair: Wir haben an der Universität das Projekt "Mathematik macht Freude", wo junge Studierende Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen unterrichten. Wir legen da großen Wert auf Supervision, weil die Wahrscheinlichkeit, dass man in der Klasse Schicksalsschlägen und Krisen der Jugendlichen nahekommt, extrem hoch ist. Wenn das passiert, ist es wichtig, dass die Junglehrpersonen bereits in eine Unterstützungsstruktur eingebettet sind. 
Mürwald-Scheifinger: Solche Strukturen sind leider die Ausnahme. Die vielen anderen Jungkolleginnen und -kollegen, die noch im Studium sind, haben diese Betreuung nicht. Sie haben oft keinen Ansprechpartner an der Schule – auch wenn es an manchen Standorten versucht wird. Wenn diese Lehrperson bereits selbst erschöpft und ausgepowert ist, die junge Kollegin oder den jungen Kollegen an der Hand nehmen und anleiten soll, freut sie sich, wenn sie dadurch entlastet wird. Doch bedeutet Betreuung auch zusätzliche Belastung und wenn die betreuende Lehrperson dafür nicht freigestellt wird, wird ein neues Loch aufgerissen. 

➤ Mehr dazu hier: Warum die Lehrer fehlen – und was man dagegen tun könnte

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