Flexibles Wunschkonzert
In Tirol war der Impfstoff frei wählbar – laut Schernhammer ebenfalls ein relevanter Motivationsfaktor: "Nicht wenige Menschen hatten die Art des Impfstoffs bei der Terminanmeldung wohl bisher schon im Kopf. Die Anmeldung wurde also strategisch angelegt, um beispielsweise einen mRNA-Impfstoff zu erhalten. Dass es bei manchen Impfaktionen jetzt zu einer kompletten Flexibilisierung bei der Vergabe gekommen ist, war sicherlich ein weiterer Anreiz."
Bei den Tirolerinnen und Tirolern war neben der Vakzine von Biontech/Pfizer vor allem der Einmalimpfstoff von Johnson & Johnson gefragt. Für die Expertin kaum verwunderlich: "Eine Einmalgabe ist einfach wahnsinnig praktisch. Die Schutzwirkung tritt zwar erst nach einigen Wochen ein, aber man hat die Impfung in einem Aufwasch erledigt. Außerdem waren unter den Impfwilligen sicherlich auch etliche, die noch auf ihren Erst- oder Zweitstich warten hätten müssen und jetzt eine frühere Gelegenheit vorgefunden haben."
Auch die Gruppendynamik bei derartigen Veranstaltungen könne mitreißend wirken. "Der Mensch als soziales Wesen strebt nach gemeinsamem Handeln. Das hat man sich in der Vergangenheit schon bei der ein oder anderen Gesundheitspräventionsmaßnahme zunutze gemacht. Abnehmen oder der Rauchstopp sind in der Gruppe zum Beispiel leichter. Gut möglich, dass es auch beim Corona-Impfen ein sozialer Gruppeneffekt zutage tritt."
Barrieren abbauen
Sind Impfaktionen ohne Anmeldung der Schlüssel zum Impferfolg? "Prinzipiell ist es so: Wenn jemand eine Impfung ablehnt, dann hat er sich höchstwahrscheinlich überlegt, warum und bleibt auch dabei. Die Motive sind relativ stabil. Aber es gibt natürlich so etwas wie einen Convenience-Faktor, also quasi die Macht der Bequemlichkeit, der die Impfentscheidung beeinflussen kann."
Rückschlüsse darauf, ob sich die Zahl der potenziell Impfwilligen im Land durch die Impfaktionen erhöht, lassen sich noch keine ziehen. Schernhammer ist nicht allzu optimistisch: "Einen echten Impfverweigerer wird man auch mit offenen Impfevents nicht ködern können. Hier zählt vor allem Aufklärung, zum Beispiel was die Impfsicherheit betrifft. Hat jemand aber beispielsweise nur eine unterschwellige Abneigung gegen das Impfen oder das Impfen einfach bisher nicht zur Priorität erklärt, ist aber nicht von Impfskepsis durchdrungen, können fallende Zugangsbarrieren ausschlaggebend für eine positive Impfentscheidung sein."
Bundesländer ziehen nach
In Tirol mussten etliche Menschen am Ende des Tages vertröstet werden. Kommende Woche soll der Impftag wiederholt werden. In Wien ist diese Woche eine Impfung ohne Anmeldung im Austria Center möglich. Dort steht Astra Zeneca-Impfstoff bereit. Ab Samstag gibt es Corona-Impfungen ohne Anmeldung auch auf der Wiener Donauinsel. Die Stadt Wien öffnet eine Impfbox als zweiten Standort neben dem Rathausplatz auf der sogenannten Sportinsel, erreichbar mit der U6 bei der Station Neue Donau. Die Box ist am Freitag von 14.00 bis 22.00 Uhr geöffnet, Samstag und Sonntag von 11.00 bis 22.00 Uhr. Verimpft wird für über 18-Jährige der Impfstoff von Johnson & Johnson.
In Oberösterreich werden nun Impfungen in Einkaufszentren ohne Anmeldung organisiert. Gestartet wird am Mittwoch im Linzer Einkaufszentrum Passage mit einer Pop-up-Impfstation, wo der Einmalimpfstoff Johnson & Johnson verabreicht wird.
Auch die Steiermark plant über den Sommer verteilt eine Reihe von Sonderaktionen. Am 17. Juli können sich alle Kurzentschlossenen in den Impfstraßen von Graz, Bruck/Mur, Premstätten und Gleisdorf ohne Anmeldung ihre erste Dosis Astra Zeneca abholen. Zwischen 15. und 31. August wird es in drei Shoppingcentern ein Impfangebot geben.
In der Kärntner Bezirkshauptstadt St. Veit an der Glan wird es am Sonntag, dem 18. Juli, einen Impftag geben, für den man sich nicht extra anzumelden braucht.
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