Lange droschen Menschen mit Ackergeräten aufeinander ein; im Laufe der Zeit entwickelten sie effektivere Waffen. Immer aber ging es um Macht, Ressourcen, Besitz und Religion. Die kanadische Historikerin Margaret MacMillan hat untersucht, warum sich Völker und Nationen bekämpfen. Sie denkt, dass Menschen „seit jeher dazu neigen, sich gegenseitig auf organisierte Weise anzugreifen“ – kurz: Krieg zu führen.
Erst Söldner, später jedermann
Wobei das lange eine Sache der Herrschenden war oder bezahlter Söldner, die für sie kämpften. Das änderte sich mit der Französischen Revolution. Unter dem Deckmantel von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wurde der Kampf Angelegenheit von jedermann. Der Nationalismus – die Identifikation der Menschen mit der Heimat – kam auf. Und die Revolution wollte verteidigt werden. Bald überrannten die Franzosen Europa mit missionarischem Eifer, sahen es als ihre heilige Pflicht an, autoritäre Regime zu stürzen und Europa zu befreien. Dazu wurden erstmals die großen Massen einberufen, weiß Strohmeyer: Die Franzosen hielten den verbündeten europäischen Mächten Heere mit 500.000 rekrutierten Soldaten entgegen.
Friedliche Welt
Wer Krieg führen wollte, muss Menschen also mobilisieren und motivieren, etwas, das immer schwieriger wurde. Und so kommt der Harvard-Professor Steven Pinker zum Schluss, dass die Welt noch nie so friedlich war wie heute. Verglichen mit allen Generationen vor uns habe die Gewalt deutlich abgenommen, schrieb er 2011 in seinem Buch Gewalt. Etwas, das der Global-Statistiker Max Roser mit seinen Berechnungen über die Kriegsopfer seit dem Zweiten Weltkrieg bestätigt hat (siehe Grafik oben): Trotz massiv steigender Weltbevölkerungszahlen, ist die Anzahl der Kriegsopfer enorm zurückgegangen. Nur zuletzt – Stichwort: Syrien-Konflikt (der Ukraine-Konflikt fehlt in der Analyse vorerst) – wurden es wieder mehr.
„Seit dem Zweiten Weltkrieg ist Europa über weite Strecken vom Krieg verschont geblieben“, weiß auch Historiker Strohmeyer.
„Krieg war in Europa ein Dauerphänomen“, so Stromeyer weiter. Im 30-jährigen Krieg starben 20 bis 25 Prozent der damaligen Bevölkerung. Zum Vergleich: Im Zweiten Weltkrieg fielen zwölf Prozent der Sowjet-Soldaten.
Strohmeyer ist sich sicher, dass man aus den historischen Betrachtungen einiges lernen kann. Etwa, dass Konflikte „ansteckend“ sind. „Die Gefahr ist groß, dass andere hineingezogen werden.“ Die größte Gefahr sieht er, sollte es eine Friedensordnung geben, mit der eine der beiden Konfliktparteien unzufrieden ist. „Dann bricht der Konflikt bald wieder auf.“
Eines ist für ihn aber sicher: Ermordungen, Vergewaltigungen, zerbombte Städte – es werde Generationen dauern, ehe die ukrainische Bevölkerung das verkraftet. „Was da in wenigen Wochen passiert ist, dauert Jahrzehnte, es zu beseitigen. Krieg ist rasch begonnen, aber so schwer zu beenden und zu bewältigen.“
Kommentare