Mit Apps die Haut kontrollieren
Sowohl für Fachleute als auch für Patientinnen und Patienten gibt es inzwischen Anwendungen auf Grundlage Künstlicher Intelligenz (KI), die dabei unterstützen, Hautkrebs zu erkennen. Die Programme basieren auf einer Vielzahl an Fotos von Muttermalen und Hautveränderungen und werden trainiert, bösartige Veränderungen zu erkennen. Mit je mehr Daten sie gefüttert werden, desto besser ist die Qualität der Ergebnisse.
Ein Beispiel ist die App SkinScreener. Nach Upload eines Fotos gibt ein Algorithmus an, ob ein Muttermal ein mittleres oder hohes Risiko hat. Die Med Uni Graz bescheinigt der App in einer Studie eine klinische Genauigkeit von 95 Prozent richtiger Zuordnungen. Den Gang zum Hautarzt dürfe man deshalb nicht aufschieben, heißt es auf Anfrage beim App-Betreiber. "Unsere App dient zur regelmäßigen Selbstuntersuchung, bei mittlerer oder hoher Risikoeinschätzung empfehlen wir in jedem Fall einen Besuch beim Dermatologen."
Eine österreichisch-australische Studie mit Beteiligung der MedUni Wien untersuchte die Genauigkeit von Diagnose und Therapieempfehlung zweier App-Algorithmen mit der von Ärztinnen und Ärzten: Einer der beiden zeigte eine gleichwertige diagnostische Genauigkeit wie Hautärztinnen und -ärzte, der andere schnitt im Vergleich zu den Experten schlechter ab – aber besser als unerfahrene Mediziner. Bei Behandlungsentscheidungen konnte die KI nicht mithalten: Sie neigte dazu, mehr gutartige Hautveränderungen zu entfernen.
"Die Einschätzung von Fotos durch KI kommt sehr gut an die von Fachleuten heran. Ein normales Handyfoto ist dafür aber zu wenig", sagt die Wiener Hautärztin Romina Nemecek. "Der Hautarzt verwendet ein Auflichtmikroskop, mit dem man die Gefäße sehen kann, die Strukturen der Haut. Mit einem Handyfoto sieht man die Hälfte bis Dreiviertel davon nicht." Zwar gebe es Auflichtmikroskope als Aufsatz für Smartphones. Die Kosten liegen aber im drei- bis vierstelligen Bereich. An das Gerät, das Hautärzte verwenden, kämen sie noch nicht heran. "Ohne auflichtmikroskopisches Bild fehlen viele feine Kriterien, die es zur Diagnose von Hautkrebs braucht. Die Berücksichtigung der ABCDE-Regel (siehe Infobox), die auch in die KI einfließt, ist eher im späten Stadium geeignet." Gerade das Frühstadium des Melanoms sei aber der beste Zeitpunkt, um es zu entfernen, bevor größerer Schaden entsteht.
Auch der zeitliche Verlauf, wie sich ein Muttermal entwickelt hat, wann es aufgetreten ist, wäre wichtig – noch ermöglichen nicht alle Apps, dies zu verfolgen. Mit der Weiterentwicklung von Smartphone-Kameras, die dann vielleicht auch Mikroskopieren ermöglichen, könnten die Apps aber deutlich besser werden.
Heikle Sonnenstunden ermitteln
Im Internet findet sich auch ein breites Angebot an UV-Messgeräten für den privaten Gebrauch. Es reicht von hochpreisigen App-gestützten Messgeräten im Hosentaschenformat über farbverändernde Armbänder bis hin zu UV-Warnstickern, die direkt auf die Haut geklebt werden, um wenige Euro. Sie sollen Informationen über UV-Strahlung in Echtzeit liefern, die individuell gesunde UV-Dosis ermitteln und die Träger vor Sonnenbränden bewahren.
Kreuter sieht solche Produkte kritisch: "Die Messung von UV-Strahlung ist komplex. Unsere Messgeräte verfügen über die modernsten Detektoren und Filter, die für hochwertige Messungen regelmäßig gewartet werden müssen." Wesentlich sei, dass UV-Strahlung in einem besonders schädlichen Wellenlängenbereich erfasst wird. Es sei schwierig vorstellbar, dass im Netz erhältliche Gerätschaften annähernd genaue Ergebnisse liefern.
Ein verständliches Maß für das Gefährdungspotenzial von UV-Strahlung ist der UV-Index. Zusammen mit seinem Team erstellt Physiker Kreuter im Auftrag des Umweltministeriums den UV-Index für Österreich und veröffentlich ihn laufend. Als Faustregel gilt: Bei einem Wert von 1 bekommt man keinen Sonnenbrand, bei 10 ohne Schutz schon binnen zehn Minuten. "Wenn der UV-Index bei 6 liegt, sollte man sich nicht längere Zeit ohne Sonnenschutz im Freien aufhalten", sagt Kreuter. Gerade mittlere Werte würden oft verkannt.
Neben dem Beachten des UV-Index rät Kreuter je nach Belastung zu unterschiedlichen Maßnahmen. "Luftige, langärmelige Kleidung, Sonnenhüte und Sonnenbrillen schützen gut, ebenso wie Sonnencreme." Mittags sei die UV-Belastung am höchsten. Deswegen wird an Sommertagen vielfach empfohlen, zwischen 10 und 15 Uhr die Sonne zu meiden. Vor allem in Städten sind Schattenoasen durch Bäume und Sonnensegel wesentlich für den Schutz vor der Sonne.
Moderne Ansätze, die das Bewusstsein für UV-Strahlung schärfen, begrüßt Kreuter: Die SunSmart Global UV-App, entwickelt von der WHO, zeigt etwa die Stärke der UV-Strahlung an Orten rund um den Globus an und gibt Anleitungen, wann man sich schützen muss. Kreuter plädiert, wie auch das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz, dafür, den UV-Index für die Bevölkerung sichtbarer zu machen, in Freibädern oder an öffentlichen Plätzen.
Ein Ersatz für die jährlich empfohlene ärztliche Muttermalkontrolle sind bisherige Technologien allerdings nicht, betont Dermatologin Nemecek. Zu groß sei die Gefahr, dass Patientinnen und Patienten sich auf die Einschätzung einer App verlassen und bösartiger Hautkrebs zu spät entdeckt werde.
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