Erdbeben: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Wie enstehen Erdbeben?
Schwere Erdbeben entstehen infolge ruckartiger Verschiebungen tektonischer Gesteinsplatten im tieferen Bereich der Erdkruste. An den Plattengrenzen kommt es zu starken Spannungen, die sich schlagartig in Beben entladen können.
Allerdings sind nicht alle Erdbeben durch die Kontinentalverschiebung verursacht. Auch Menschen lösen Erdbeben aus. Im Fall von aktiver Seismik oder bei Atomwaffentests werden die Beben bewusst herbeigeführt. Bei der konventionellen Förderung fossiler Kohlenwasserstoffe wie Erdöl und Erdgas bebt die Erde vom Menschen unbeabsichtigt – durch die Verringerung des Porendruckes verändern sich die Spannungsverhältnisse im Gestein der Lagerstätte. Anthropogene Erdbeben finden auch beim Einsturz von unterirdischen Hohlräumen, die durch Bergbau entstehen, oder im Zusammenhang mit der unkonventionellen Förderung fossiler Kohlenwasserstoffe, speziell durch Fracking, statt. Diese Erschütterungen sind meist nur mess-, aber nicht spürbar.
Wie wird die Erdbeben-Stärke gemessen?
Von Geosphere Austria wurde das Erdbeben in der Türkei mit der Magnitude 7,8 gemessen. Bei der Messung von Erdbeben wird die Stärke der Bodenbewegung angegeben (Magnitude). Weltweit treten jährlich etwa 50 000 Beben der Stärke 3 bis 4 auf. Etwa 800 haben die Stärken 5 oder 6. Ein Großbeben hat den Wert 8. Das heftigste bisher auf der Erde gemessene Beben hatte eine Magnitude von 9,5 und ereignete sich 1960 in Chile. Erdbeben können je nach Dauer, Bodenbeschaffenheit und Bauweise in der Region unterschiedliche Auswirkungen haben. Meist gilt:
- Stärke 1-2: nur durch Instrumente nachzuweisen
- Stärke 3: nur in der Nähe des Epizentrums zu spüren
- Stärke 4-5: 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden
- Stärke 6: mäßiges Beben, Tote und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen
- Stärke 7: starkes Beben, oft katastrophale Folgen und Todesopfer
- Stärke 8: Großbeben mit vielen Opfern und schweren Verwüstungen
Gibt es die Richterskala noch?
Früher wurde die Erdbebenstärke einheitlich nach der Richterskala bestimmt, ein Messverfahren, das auf den amerikanischen Seismologen Charles Richter zurückgeht, der es in den 1930er Jahren des 20. Jahrhunderts entwicklet hat. Heute wird sie nur noch eingeschränkt eingesetzt, auch weil das Verfahren nur bei Erschütterungen in der Nähe der Messstationen zuverlässige Werte liefert (Lokalmagnitude). Mittlerweile werden mehrere Skalen parallel verwendet. Derzeit gilt die sogenannte Momentmagnitude als bestes physikalisches Maß für die Stärke eines Bebens. Sie bestimmt das gesamte Spektrum der seismischen Wellen bei Erdstößen. Die meisten Skalen ergeben zumindest bei schwächeren Beben ähnliche Werte wie die Richterskala, erlauben aber eine genauere Differenzierung bei schweren Beben.
Während die Mercalli-Skala die Intensität eines Bebens, also die Auswirkungen auf die Umwelt widergibt, dienen die Richter- als auch die Momenten-Magnituden-Skala zur objektiven Feststellung der bei einem Erdbeben ausgelösten Energie mit Hilfe von Seismographen.
Wenn jetzt immer von Magnitude die Rede ist - was ist dann die Intensität?
"Die zwei Fachbegriffe Magnitude und Intensität werden leider des Öfteren verwechselt und führen aus diesem Grund zu Verwirrung", heißt es auf der Homepage der früheren Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Aus der Magnitude und der Herdtiefe eines Erdbebens können Seismologen und Seismologinnen die Auswirkungen des Erdbebens an der Erdoberfläche, d. h. die Intensität, abschätzen.
So haben z. B. zwei Erdbeben gleicher Energie, d. h. mit gleicher Magnitude, aber unterschiedlichen Herdtiefen, auch unterschiedliche Auswirkungen an der Erdoberfläche und somit auch unterschiedliche Epizentralintensitäten. Umgekehrt kann aus den Auswirkungen von Erdbeben und deren räumlicher Verteilung auf die Magnitude und Herdtiefe geschlossen werden.
Die Erdbebenauswirkungen an der Erdoberfläche werden mit Hilfe der sogenannten Intensitätsskala bewertet. In den meisten Ländern, einschließlich Österreich, wird eine 12 - stufige Intensitätsskala verwendet
Was ist Geosphere Austria eigentlich?
"Der staatliche Wetter- und Erdbebendienst, vormals Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und der geologische Dienst, die Geologische Bundesanstalt (GBA), vereinen mit 1. Jänner 2023 ihre Expertise in der GeoSphere Austria", heißt es auf der neuen Homepage von Geosphere Austria. "Diese Bundesanstalt leistet als nationaler geologischer, geophysikalischer, klimatologischer und meteorologischer Dienst einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der gesamtstaatlichen Resilienz und Krisenfestigkeit."
Was ist ein Epizentrum?
Das ist jener Herd an der Erdoberfläche, in dem die Schwingungsenergie die größte Wirkung hat. Die Stelle in der Erde, von der das Erdbeben ausgeht, heißt Hypozentrum. Das Epizentrum liegt senkrecht darüber. Die Welle geht vom Hypozentrum aus.
Warum kommt es gerade in der Türkei immer wieder zu schweren Erdbeben?
Kaum ein Land ist häufiger von schweren Erdbeben betroffen als die Türkei. Sie liegt auf der kleinen Anatolischen Platte, die zwischen der nordwärts driftenden Arabischen Platte und der eurasischen Platte nach Westen verschoben wird. Die entstehenden Spannungen entladen sich regelmäßig in Beben. Einige der schwersten in der Region:
- Oktober 2020: Bei einem Erdbeben der Stärke 7,0 kommen in der westtürkischen Stadt Izmir mehr als 100 Menschen ums Leben. Auf der benachbarten griechischen Insel Samos sterben zwei Jugendliche. Mehr als 1000 Menschen werden verletzt und viele Häuser zerstört.
- Januar 2020: Ein Beben der Stärke 6,7 erschüttert die osttürkische Provinz Elazig. 41 Menschen sterben, Hunderte Häuser werden zerstört.
- Oktober/November 2011: Ein schweres Erdbeben der Stärke 7,2 erschüttert die Provinz Van im Südosten des Landes. Dabei sterben mindestens 600 Menschen. Fast 2300 Häuser werden zerstört. Rund zwei Wochen danach kommen bei einem Beben in der gleichen Region etwa 40 Menschen ums Leben.
- August 1999: Bei einer der schwersten Naturkatastrophen in der Geschichte der Türkei sterben mehr als 17.000 Menschen. Mindestens 24.000 werden verletzt. Das Epizentrum des Bebens liegt in der westtürkischen Stadt Izmit rund 100 Kilometer östlich von Istanbul.
Welche Gebiete sind in Europa besonders gefährdet?
In Europa ist neben Griechenland besonders Italien erdbebengefährdet. Ein Beben der aktuellen Stärke kommt in Italien durchschnittlich alle zehn Jahr vor. Unter dem Land bewegt sich ein etwa tausend Kilometer langer Keil der afrikanischen Platte mehrere Meter im Jahrhundert nach Norden und drückt gegen die Alpen unter die eurasische Platte. Dabei können verheerende Kräfte frei werden. So starben 1908 in Messina auf Sizilien und in Süd-Kalabrien mehr als 100.000 Menschen. Mindestens 3000 Menschen wurden im November 1980 bei Erdstößen in Neapel und 100 weiteren Orten der Region Kampanien getötet. Im April 2009 kamen mehr als 300 Menschen ums Leben, als in der mittelitalienischen Region Abruzzen mit ihrer Hauptstadt L'Aquila die Erde bebte.
Weltweit stark von schweren Erdbeben betroffen sind beispielsweise die Westküste Nord- und Südamerikas, Indonesien, Japan, Zentralasien und Teile von China.
In Österreich werden von der Bevölkerung durchschnittlich 63 Erdbeben pro Jahr wahrgenommen. Die meisten Beben machen sich durch ein deutliches Rütteln bemerkbar, doch etwa alle zwei bis drei Jahre muss in Österreich auch mit leichten Gebäudeschäden durch ein stärkeres Erdbeben gerechnet werden. Schwere Schäden an Gebäuden kommen bedeutend seltener vor, hier beträgt die durchschnittliche Wiederkehrperiode etwa 120 Jahre.
Schwere Erdbeben sind in Österreich bisher kaum aufgetreten. Die stärksten Erdstöße wurden laut Rekonstruktionen der ZAMG im Jahr 1201 mit einer Magnitude von 6,1 (nach Richter) und mit dem Epizentrum Katschberg in Kärnten verzeichnet. 1972 wurde in Niederösterreich eine Stärke von 5,3 erreicht. Das Epizentrum am 16. April 1972 lag in der Buckligen Welt, in Seebenstein, doch die Erschütterungen waren bis Wien zu spüren, wo es als stärkstes Beben des 20. Jahrhunderts galt. Verletzt wurde niemand, aber es kam zu Sachschaden: In Guntramsdorf und in Schwarzau stürzten zwei ältere Gebäude ein, zwei Eisenkreuze fielen von den Türmen der Kirche.
Auf der offiziellen Homepage oesterreich.gv.at steht dazu:
- Im Haus weilende Personen sollen die schon früher ausgewählten Plätze aufsuchen und das Ende des Erdbebens abwarten. Die Nähe von Fenstern meiden. Nicht ins Freie laufen.
- Im Freien befindliche Personen sollen dort bleiben und einen Sicherheitsabstand zu Gebäuden und elektrischen Freileitungen einhalten, um nicht durch herabfallende Bauteile, wie Dachziegel, Schornsteine, Balustraden oder Leitungen gefährdet zu werden. Unter Sicherheitsabstand ist normalerweise 5 Meter zu verstehen. In engen Straßen, wie sie z.B. in Stadtzentren vorkommen, am besten den nächsten Hauseingang oder die nächste Hauseinfahrt aufsuchen.
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