Coronavirus: Offener Brief eines Maturanten an Heinz Faßmann

Coronavirus: Offener Brief eines Maturanten an Heinz Faßmann
Ein Schüler, der einen schwer kranken Vater zu Hause hat, wendet sich an das Bildungsministerium.

Der Plan, dass heuer eine abgespeckte Form der Matura stattfinden soll, kommt nicht bei allen Schülern und Eltern gut an. Besonders dort, wo es in einer Familie Menschen gibt, die zur Risikogruppe gehören, ist die Skepsis groß, wie ein Schreiben eines HTL-Schülers aus Niederösterreich an Bildungsminister Heinz Faßmann zeigt.

Im Bildungsministerium verweist man darauf, dass es es speziell für diese Fälle Regelungen gibt: "Die Schüler, die zur Risikogruppen gehören oder gefährdete Familienangehörige haben, sollen Kontakt mit der Schule aufnehmen. Die Vorbereitung soll in dem Fall nicht in der Schule, sondern übers Internet erfolgen. Die Maturaprüfungen können sie dann in einem gesonderten Raum machen, sodass sie nicht mit Mitschülern in Kontakt kommen."

"Sehr geehrter Herr Dr. Faßmann,

zum Ersten hoffe ich, dass Sie ein schönes Osterwochende hatten. Ich schreibe diesen Brief, um meine Sorgen über die 'Matura light 2020' zu vermitteln. Sie haben am 08. April bekanntgegeben, dass der mündliche Teil der Matura entfallen wird und die diesjährigen Absolventen in nur maximal drei schriftlichen Fächern maturieren werden.

In erster Linie muss ich erwähnen, dass das neue Maturakonzept sicher angestrengt erarbeitet wurde, jedoch gibt es da ein paar Probleme, die mir massivste Sorgen bereiten.

Sie haben gesagt, dass strikte Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Diese treten aber nur während der Matura in Kraft und nicht innerhalb der drei Schulwochen davor. In diesem Zeitraum ist die Gefahr extrem hoch, sich mit dem Virus zu infizieren und diesen mit heim zu tragen. Nicht nur ich selbst, sondern auch zahlreiche andere Schüler in ganz Österreich leben mit Risikopatienten zusammen. In meinem Fall sieht es so aus, dass mein Vater mit seinen 54 Jahren zwar noch nicht im gefährdeten Alter ist, aber durch seine Krankheitsgeschichte sehr wohl Angst vor einer Ansteckung hat. Ihm wurde bereits ein Bein amputiert und zusätzlich erlitt er auch einen Herzinfarkt und einen schweren Schlaganfall, von dem er sich immer noch nicht ganz erholt hat. Wie soll ich Ihrer Meinung nach mit gutem Gewissen jeden Tag in die Schule und wieder nachhause zu meinem kranken Vater gehen, ohne Angst haben zu müssen, dass ich das für ihn durchaus gefährliche Virus mitbringe und ihn damit anstecke, ohne es zu bemerken.

Auch können Sie leider nicht garantieren, dass Schüler sich an die Maßnahmen halten, was dazu führt, dass ich die Idee dieser Schulwochen als Blödsinn empfinde. Es setzt sowohl Schüler als auch Eltern einer Gefahr aus, die um einiges reduziert werden kann, wenn ihr Plan B - die Durchschnittsmatura - eingeführt wird. Auch während der Maturazeit ist es nicht möglich uns komplett zu schützen, da es ausreichend ist, dass ein Schüler niest oder hustet, bedingt durch das Virus, um eine neue Infektionswelle zu starten. Das Virus bleibt doch sehr lange an unterschiedlichen Oberflächen hängen.

Eine zweite Viruswelle ist eine sehr begründete Angst, da viele bekannte Virologen davor warnen. Es ist durchaus bekannt, dass ein Virus sehr oft ein zweites Mal ausbricht und dann noch viel schlimmere Auswirkungen mit sich bringt als beim ersten Mal.

Natürlich ist mir bekannt, dass Schüler, die Angst vor einer Infektion haben, Ihrer Meinung nach einfach im Herbst und damit später als alle anderen antreten sollen. Jedoch finde ich das äußerst diskriminierend und meine Ängste nicht ernst genommen. Meiner Meinung nach sollte ich das gleiche Recht haben, wie alle Schüler in Österreich, angstfrei zur Matura antreten zu können, ohne etwaige Studienantritte verschieben zu müssen. Immerhin will auch ich keine Zeit verlieren, meine Ausbildung abzuschließen.

Aufgrund der oben angeführten Argumente finde ich, dass Sie Ihre Entscheidung nochmal überdenken sollten. Ihr Plan B sollte also Ihr Plan A werden, da er für die aktuelle Situation angebrachter ist. Verschließen Sie nicht die Augen vor den Ängsten der österreichischen Schülerinnen und Schüler.
Hochachtungsvoll S.A."

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